Meine Tochter, 5 Jahre, ist ein fröhliches, offenes Kind. Das allerdings nur, wenn sie mit anderen Kindern oder ihr bekannten Erwachsenen zusammen ist.
"Bekannte Erwachsene" heißt bei uns schon eher "nahestehend", z.B. Oma, Opa, Onkel, Tante und Menschen, die regelmäßig zu uns nach Hause kommen und sich dort auch wie zu Hause benehmen, nicht wie Besucher. Die Betreuer im Kindergarten gehören nach wie vor nicht dazu, obwohl sie sie nun auch schon länger kennt und täglich sieht. Ab und zu im übermütigem Spiel verliert sich ihre Beklemmtheit und sie öffnet sich und zeigt sich ganz fröhlich und ungehemmt. Es gibt auch einzelne Menschen, die sie ganz toll findet, auch wenn sie sie erst seit kurzem kennt und bei denen sie ganz anders ist.
Wer ihr beim Spielen mit ihren Freundinnen zusieht, ahnt es nicht. Sie ist aber gegenüber Erwachsenen sehr gehemmt, extrem schüchtern, antwortet nicht, wenn sie etwas sagen und dreht den Kopf demonstartiv weg. Diese Situationen sind ihr sehr unangenehm und es scheint für sie eine ganz große Hemmschwelle zu geben, die ich noch nicht so richtig verstehe. Am schlimmsten ist es, wenn sie direkt angesprochen wird und so plötzlich im Mittelpunkt steht.
Sie hat eine größere Schwester, die ebenfalls sehr schüchtern war, mit vier Jahren aber plötzlich eine Wandlung fast schon ins Gegenteil gemacht hat.
Ich frage mich, ob diese bei der Kleinen auch noch kommt oder ob es etwas gibt, womit ich ihr helfen kann. Manchmal denke ich nämlich schon an ihre Zukunft und frage mich, wie das in der Schule funktionieren soll. Außerdem bringt es auch weitere Problemchen mit sich, mal von so Sachen wie beim Kinderarzt nicht sprechen abgesehen. Ist sie bei einer Kindergartenfreundin zu Besuch (da ist sie ohne mich, was sie auch will), muss ich den Müttern schon immer sagen, dass sie wahrscheinlich erst gegen Abend anfängt im Beisein der Mutter zu sprechen und sie sie am besten in Ruhe lassen sollen. Auf Kindergeburtstagen ist sie natürlich auch eingeladen. Da wird es dann immer etwas problematisch, wenn noch weitere Erwachsene dort sind, um die Mutter zu unterstützen. Das hemmt sie auch wieder total. Und natürlich darf man sie auch am besten nicht direkt fragen, welchen Kuchen sie möchte. Das kann auch schon wieder dazu führen, dass sie sich stumm in ihr Schneckenhaus zurückzieht. Aber sie ist auch keine, die "Ich" ruft oder sich meldet (na gut, manchmal schon), wenn gefragt wird, wer etwas möchte. Das macht vieles schwierig.
Ansonsten ist sie fröhlich, zu Hause eher selbstbewusst, interagiert viel mit den Kindern, kann mit ihnen Konflikte lösen, wohnt mit uns in einer intakten Dorfgemeinschaft, hat viele Freunde, fährt diese auch allein besuchen, um zu fragen, ob sie Zeit haben,... Aber Erwachsene sind so ein bisschen unser Problem.