Fehlende Empathie?

  • Meine 11 jährige Tochter war schon immer ziemlich anstrengend, sie hat einen sturen Kopf und wenn ich ihr was erkläre kommt von ihr als Antwort fast immer das Gegenteil oder ein " nein" oder " doch" . Mittlerweile bin ich echt an meiner Grenze, ich hab immer gehofft, dass sie irgendwann mal etwas " reifer" wird. Jetzt mit 11 Jahren hat sich noch nix verändert. Sie kommt mir manchmal noch vor wie ein Kleinkind. Wenn ich ihr versuche zu erklären, dass ich etwas nicht möchte, dann kommt das gar nicht richtig bei ihr an oder wenn ich sage, sie soll sich doch bitte mal in die Situation ihres Gegenüber versetzen- das kann sie nicht. Z.b. redet sie schlecht über andere Kinder. "Der stinkt" oder" die soll meine Sachen nicht mit ihren dreckigen Hände anfassen". Und das sagt sie denen sogar ins Gesicht . Das macht mich total unglücklich, so würde ich nie über andere Menschen reden.

    Mittlerweile werde ich richtig wütend und schrei sie manchmal richtig an. Wie z.b. gestern Abend. Ich wollte mich mit ihr in Ruhe an den Tisch setzen und am ipad schauen, was sie in der Schule für Themen haben. Sie schaut sich die Webseite an und ich sag ihr, sie soll das ipad doch bitte so drehen, dass ich mitgucken kann. Das bekommt sie irgendwie nicht hin und wurde dann motzig, als ich das Gerät etwas zu mir gedreht habe. Dann wird sie richtig handgreiflich und es ist es wieder mal eskaliert. Mittlerweile hab ich leider auch nur noch wenig Geduld mit ihr. Ich komm aber auch nicht an sie ran, dabei ist mir ein guter Umgang miteinander so wichtig.

    Vielleicht weiss jemand einen Rat?

  • Also, zu erst einmal möchte ich dich hier bei uns willkommen heißen.


    Deine Tochter ist 11 Jahre alt und kommt / ist in der Pubertät. Da ist das motzen und Schimpfen über andere Kinder relativ normal, das macht mein Sohn auch. Wenn sie der Meinung ist das ihr gegenüber stinkt und sie es ihm sagt, dann gibt es eine Reaktion darauf und mit dieser muss deine Tochter umgehen. Kinder die von ihr beschimpft werden, werden ihr den Rücken zudrehen und nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen, das ist dann eine Reaktion darauf.


    Sie reagiert dir gegenüber abweisend, weil sie sich von dir ein Stück weit lösen will/ muss, das ist in ihrem Alter völlig normal. Auch das sie jetzt nicht mehr alles erzählt, Geheimnisse vor dir hat und ihre Privatsphäre möchte. Sie will versuchen ihre Dinge selbst zu lösen und das ist auch gut so, auch wenn es nicht immer der richtige Weg ist. Daraus wird sie lernen.


    Allerdings sollte dennoch ein gesundes Maß an Respekt dabei sein.

    Ich muss gestehen das was du da schreibst, klingt für mich nicht so, als wenn du ein gutes Verhältnis zu deiner Tochter hast und sie zu dir. Was ist mit dem Vater, wie verstehen die zwei sich?

    Wie läuft es in der Schule oder wenn ihr Besuch habt / zu Besuch woanders hin seit?

    Verhält sie sich dann auch so?


    Du könntest Kontakt mit einer Erziehungsberatungsstelle aufnehmen, mit ihnen alles besprechen und hören was die dir raten oder für Tipps geben.

  • Hallo!

    Erstmal danke für deine Antwort.

    Das Motzen und Schimpfen auf andere Kinder hatte sie leider schon vor der Pubertät. In der zweiten Klasse hatte ich deshalb sogar mal ein Lehrergespräch, weil sie einem Jungen im Vorbeigehen an den Hinterkopf geschlagen hat- vor der ganzen Klasse.

    Seit sie die Schule gewechselt hat und auf die Weiterführende geht,hat sie leider keine richtigen Freunde in der Klasse . Mir bricht es einerseits das Herz, weil ich sie ja sehr lieb habe und sie hat ja auch gute Seiten. Aber sie steht sich mit ihrem Verhalten irgendwie selber im Weg und versteht es nicht, obwohl ich es ihr immer wieder erkläre, dass sie doch mal etwas herzlicher sein könnte oder etwas offener anderen gegenüber. Dann kommt wieder dieses " nein" was mich mittlerweile tierisch nervt.

    Zum Vater hat sie ein gutes Verhältnis, er lässt ihr alles durchgehen, wenn sie an den Wochenenden bei ihm ist. Da gibt es dann natürlich keine Konflikte.

    Bei Fremden oder Besuch ist sie oft sehr still , manchmal redet sie überhaupt nicht. Ihre Tante hat sie z.b.mal abgeholt für einen Ausflug und meine Tochter zeigte weder Freude noch redete sie viel an dem Nachmittag. Die Tante dachte, meine Tochter würde sie nicht mögen,

    dabei erzählte mir meine Tochter zuhause, es hätte ihr alles gut gefallen.

    Ist das denn noch " normal "?

    Hat jemand ähnliche Erfahrung gemacht?

  • Hallo und herzlich willkommen! :)


    Also ich persönlich bin immer sehr vorsichtig mit dem Begriff "normal" und auch damit, Kinder/Eltern-Kind-Beziehungen zu problematisieren...


    Ich lese einen Leidensdruck von deiner Seite. Gibt es diesen bei deiner Tochter auch? Leidet sie an der Situation bzw. ihrer scheinbar fehlenden Empathie?


    Was mir auffällt: die Körperlichkeit. Sie schlägt jemandem im Vorbeigehen auf den Hinterkopf oder wird dir ggü handgreiflich, wenn das mit dem ipad nicht so passt. Hat sie generell ein Problem, ihre Impulse unter Kontrolle zu halten?


    Auch auffällig: Sie wirkt "unfreudig/neutral/verschlossen" (Rückmeldung Tante), sie selbst meldet aber zurück, dass es ihr gut gefallen hat. Anscheinend zeigt sie ihre Gefühle nicht so, wie das erwartet wird (muss sie auch nicht)... Aber da kann man schon hinschauen, ob sie Gefühle gut ausdrücken kann...


    Mir fällt außerdem auf: Es wird ihr kommuniziert, es wäre schön, sie wäre offener oder herzlicher... Vorsicht! Wesenszüge/Charakteristika kann man schwer ändern und es transportiert ein "So passt du nicht!". Aus einem ernsten und nüchternen Menschen macht man keinen herzlichen. Aus einem verschlossenen keinen offenen... Wir neigen nur leider dazu, positiv besetzte Charaktereigenschaften für unsere Kinder zu wollen... Aber nüchtern/verschlossen ist genau so okay...


    Gilfy hat etwas ganz Wesentliches gesagt: Sozialverhalten/Empathie entwickelt sich im Sozialkontakt... Sie wird gespiegelt werden, sie wird mit Konsequenzen leben müssen/umgehen lernen... Neben der Schule würde ich es forcieren, auch andere "Übungsfelder" zu etablieren. Hobbykurs, Verein etc. sowas ist toll. Eventuell Pfadfinder?


    Zur Empathie: Die Entwicklung von Empathie ist absolut komplex und mit 11 Jahren weit entfernt von abgeschlossen. Kinder sind da absolut unterschiedlich "fit", weil das eben auch nicht linear passiert bzw. mit Charaktereigenschaften korreliert. Emotionalen Menschen gelingt das mit der Empathie tendenziell viel leichter... Manche Kinder müssen da lange unterstützt werden.


    Meine Tochter (sehr emotional und sensibel) hatte mit fünf Jahren schon mehr Empathie als ihr Bruder (sehr nüchtern) ein paar Jahre später. Was ihm hilft, sich dahingehend weiterzuentwickeln: Rückmeldungen! Ich melde ihm das deutlich zurück, wenn ich etwas bemerke, wo es an Empathie mangelt und wir besprechen, wie es besser funktionieren könnte. Ich versuche das so wertfrei wie möglich, muss aber sagen, dass ich deine Haltung an dieser Stelle gut nachempfinden kann. Ich bin ziemlich empathisch (hat Tochter von mir ;)) und manchmal trifft es mich ziemlich, wenn ich merke, wie schwer er sich tut... Was man aber nicht vergessen darf: Diese scheinbar fehlende Empathie korreliert wiederum mit anderen positiven Eigenschaften. Zum Beispiel Abgrenzungsfähigkeit, analytische Gabe etc.


    Alles Liebe! :)

  • Hallo Dani!

    Danke für deine Einschätzung. Da sind echt gute Ansätze dabei. Ich sollte mich vielleicht auch selber nochmal hinterfragen. Eigentlich macht mein Kind gar keinen soooo unglücklichen Eindruck.

    Ich hab sie gestern nach der Schule einfach lieb in den Arm genommen und ich merke, dass sie das sehr geniesst- auch wenn sie es nicht zugibt :-. Ich sollte da vielleicht nicht irgendwas erwarten, was sie nicht ist oder leisten kann.

    Gestern abend hat das dann im zweiten Anlauf dann auch geklappt mit der gemeinsamen Hausaufgabenkontrolle. Sie hat sich echt bemüht hatte ich den Eindruck. Danach haben wir bestimmt noch ne Stunde in der Küche gesessen und geredet. Über die Schule und was sie beschäftigt. Manchmal klappt das ja auch echt super. Ist vielleicht auch wieder nur eine Phase gewesen -die mich dann manchmal echt an die Grenzen bringt. Das Schimpfen hat in dem Moment vielleicht doch Eindruck bei ihr hinterlassen. Hab da immer so ein schlechtes Gewissen wenn ich rumschreien muss, aber manchmal hilfts vielleicht auch :rolleyes: 🙄.

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