Wenn Zwei sich streiten…

  • Hallo zusammen,

    vielleicht kennt ihr das von eurer eigenen Arbeit als Pädagogen oder aus der Schulzeit noch:

    Wenn sich zwei Schüler oder Jungen streiten und es dann zur Rauferei kommt, versammeln sich ein Haufen Mitschüler drumherum und heizen die Beteiligten bei ihrer Auseinandersetzung noch oder auch schon vorher dazu an.


    Solche Scharmützel kommen an unserer Grundschule und teils auch im Jugendheim (bin in beiden beruflich tätig) häufig vor. Wenn wir Aufsichtspersonen dann davon mitbekommen und uns der Menge nähern, gibt es immer wieder Situationen, bei denen Unbeteiligte versuchen zu verhindern, dass wir Erwachsene den Kampf unterbrechen und sich uns in den Weg stellen, den Zuschauerkreis um die Streithähne enger schließen oder auch versuchen Türen zuzuhalten, wenn beispielsweise eine verabredete Prügelei auf den Schülertoiletten stattfindet oder in den Sportumkleiden.


    Wir lassen uns dadurch natürlich nicht von unserem Vorhaben abbringen und viele Kolleginnen setzen sich entweder mit der Androhung von Konsequenzen durch oder wenn‘s nicht hilft, indem sie Unbeteiligte aus dem Weg schieben oder Kollegen zu Hilfe rufen, aber die meisten fordern die anderen Kids gleichzeitig auf sich vom Schauplatz in ihre Klassen oder auf ihre Zimmer (im Jugendheim) zu entfernen ohne ihr Verhalten in irgendeiner Form zu sanktionieren oder einzeln Auffällige sich nach der Deeskalation nochmal beiseite zu nehmen.


    In solchen Situationen hat für mich sicherlich Priorität die Schlägerei zu beenden und zu verhindern, dass die Beteiligten sich nicht weiter bearbeiten können, trotzdem ärgert mich das Verhalten der anderen Kids und Schüler und ich bin der Meinung, man sollte sie nicht vom Schauplatz sofort wegschicken und es einfach hinnehmen.


    Teilweise gab es auch Vorfälle, bei denen ich gesehen habe, dass Mitschüler ihre Handys zum Fotografieren und Filmen hochgehalten haben und dann schnell wegsteckten als Betreuer oder Lehrer zur Stelle waren.


    Meine Frage: Wie seht ihr das? Sollten Erwachsene das Verhalten der Mitschüler oder anderen Kids bestrafen auch hinsichtlich des Themas Zivilcourage wenn sie älter werden oder ist das für euch ein typisches Verhalten für das Alter von Heranwachsenden, das man als Betreuer oder Lehrer eher gelassener hinnehmen sollte?


    Wie würdet ihr vorgehen wenn euch das passieren würde? Würdet ihr Unbeteiligte sofort wegschicken oder ermahnen an Ort und Stelle zu bleiben um sie zu konfrontieren nachdem die Situation deeskaliert ist?


    LG

    Dan

  • Hallo, Dan! :)


    Unangemessenes/Unrechtmäßiges Verhalten totzuschweigen kann mAn nicht Ziel sein, denn ignorieren bedeutet gewissermaßen akzeptieren. Da kann es dann natürlich keinen Lerneffekt geben...


    Am Sinnvollsten ist es vermutlich, solche Dinge zwar nicht unmittelbar danach (da haben andere Dinge Priorität, nämlich aufgekommene Dynamik zu unterbrechen), aber doch recht zeitnah zu bearbeiten. Im Schulbereich gemeinsam mit den Eltern, im fremdbetreuten Bereich gemeinsam mit den Betreuern...


    Hier gilt es, altersgemäß über Zivilcourage zu sprechen und aufzuzeigen und zu bearbeiten, dass der Grat zwischen "tolerierbarem Verhalten" (Ich bin mit der Situation überfordert, schaffe es nicht, sie zu durchbrechen, indem ich zB Erwachsene hole... Wie kann das besser gelingen?) und inakzeptablem Verhalten (anstacheln etc.) schmal ist. Generell, aber besonders bei strafmündigen Jugendlichen, ist auch unbedingt darüber aufzuklären, dass manches Verhalten strafrechtlich relevant ist (Hilfe vereiteln, filmen,...). Das wird in Zukunft sicher noch viel stärker geahndet und ich glaube, der Handy-Generation fehlt da oft der Bezug zu Realität und Gesetz... Bei der professionellen Bearbeitung dieser Themen würde ich - wenn möglich - auf Unterstützung und Expertise betrauter Stellen (Gewaltprävention, Polizei,...) setzen und anfragen, ob man jemanden buchen kann für Fortbildungen o.ä. zum Thema...


    Was mich persönlich sehr irritiert: Wie ist derartiges Geschehen im Grundschulbereich denn bitte möglich? Zumindest hier in Österreich ich die Aufsichtspflicht am Schulgelände so eng gefasst, dass es gar nicht möglich wäre, dass es zu solchen gewaltbetonten Aufläufen am Schulhof, Klo oder sonst irgendwo kommt... Ich rede da jetzt nicht von zwei "Gewaltbrüdern/Gewaltschwestern", die getrennt werden müssen (kommt vor, schon klar), sondern Aufläufen von schaulustigen Kindern, die anstacheln, filmen o.ä. In den höheren Schulen ist das Thema, ja. Aber - zum Glück - noch nicht bei den 6-10jährigen...


    Alles Liebe,


    Dani

  • Ich bin echt erschüttert, zu lesen, dass sich da an einer Grundschule ein Mob bildet, der sich sogar gegen die Lehrer wendet und verhindert, dass Prügeleien aufgelöst und vernünftig geklärt werden können, dass Türen zugehalten werden, dass Lehrer Kinder weg schieben müssen um an den "Herd" der Auseinandersetzungen zu kommen.

    Habt Ihr dort einen sozialen Brennpunkt, der besondere Maßnahmen in präventiever Hinsicht notwendig werden lässt. Was besagt das Schutzkonzept Eurer Schule?
    Wie ist die Haltung der Lehrerschaft?

    Ich bin kein Freund von Strafen und meine dass hier ein Projekt soziales Trainig stattfinden muss. Eine Projektwoche vielleicht, wo auf verschiedenen Ebenen das Thema Gewalt augearbeitet wird. Wo workshops stattfinden etc. Wo die Schüler dann hinterher mit an die Öffentlichkeit und ihre Arbeiten präsentieren...


    Es gibt auch ein Projekt "Faustlos" das in Kindergärten beginnt und dann fortgesetzt wird in Grundschhulen. Kennt Ihr das?


    Wie arbeitet Ihr mit Kindergärten zusammen, wie seit Ihr vernetzt um solchem Verhalten effektiv jeden Boden zu entziehen?


    Du fragst nach Strafen? Bestraft Ihr Schüler??? Wie denn?

    Liebe Grüße!

    Bettinka

  • Hallo,


    danke erst einmal für eure Antworten.


    Ja, tatsächlich arbeite ich an einer Brennpunktschule im Ruhrgebiet, an der es sehr häufig zu solchen Situationen trotz verstärkter Aufsicht während der Pausen gibt.

    Wenn ich davon Freunden oder Bekannten erzähle, die in ganz anderen Teilen des Landes als Pädagoge arbeiten, reagieren viele ähnlich verstört wie ihr, dass sie sich fragen, wo ich denn arbeite.


    Wir haben einen hohen Migrationsanteil an Schülern. Die Elternarbeit findet oft entweder gar nicht oder nur unter sehr schweren Bedingungen statt, da diese oft sprachliche Barrieren haben (deren Kinder sprechen oft viel besseres deutsch als ihre Eltern) und/oder der Bildungsstand so niedrig ist, dass zu Hause ein ähnliches Konflikt- und Sozialverhalten vorgelebt wird. Als Beispiel: Ein Vater eines Schülers, der sich häufig mit anderen Klassenkameraden geprügelt hat, hat während eines Elternabends geäußert, er wolle nicht, dass Aufsichtspersonen seinen Sohn anfassen, wenn dieser seinen Streit gerade mit einem anderen Jungen "klärt", er solle seine Konflikte wie ein Mann lösen.

    Das ist kein Scherz.


    Zu dem Umgang der Schule mit dem Problem:

    Es gab in der Vergangenheit schon einmal Seminare für uns Aufsichtspersonen von externen Deeskalationstrainern, aber nicht für alle Angestellten. Projektwochen haben wir immer zum Ende des Schulhalbjahres, da gibt es auch die Möglichkeit das Thema Konfliktbewältigung anzubieten, was in der Vergangenheit auch schon erfolgt ist.

    Das Programm "Faustlos" kenne ich aus dem Internet durch Eigenrecherche. An unserer Schule wurd dies noch nicht angeboten bzw. dafür angemeldet.

    Es gibt einen Notfallplan, in dem grob steht, wie bei körperlichen Auseinandersetzungen umzugehen ist. Da steht allerdings lediglich drin, dass diese durch Aufsichtspersonen zu beenden sind und die Erziehungsberechtigten kontaktiert werden sollen.

    Das versuchen wir dann auch am selben Tag, jedoch gehen diese auch oft nicht ran oder kommen nicht am selben Tag noch zur Schule um ihre Kinder abzuholen, so dass wir den Schüler dann doch mit dem Schulbus nach Hause schicken müssen mit einer anderen Konsequenz.


    Ich bin auch kein Freund von Strafen aber mit bloßem Reden kommst du nicht immer durch. Sprichst du dies in einer Klasse nach einem Vorfall an, wird genickt und augenscheinlich zugestimmt, dass beim nächsten Mal die Mitschüler nicht mehr so reagieren. Und bei der nächsten Auseinandersetzung läuft es wie beim letzten Mal.


    LG

    Dan

  • Hatten die Deeskalationstrainings einen Mehrwert und positive Auswirkung? Wie hast du die empfunden? Es wäre eine Möglichkeit, diese auszuweiten. In meinem Bereich (psychiatrischer) ziehen sich solche Trainings als Fortbildung durch wie ein roter Faden und ich erlebe die mehrheitlich als sehr positiv...


    Eines meiner Geschwister ist seit Jahrzehnten Grundschullehrerin an einer "Brennpunktschule" (finde den Begriff schon problematisch, ist aber halt der gängige) in Wien. Mit ihren Erfahrungen im Hinterkopf schockiert es mich dann noch viel mehr, was du vom Grundschulbereich erzählst. Ich kenne aus Erzählungen zwar sehr wohl punktuell sehr problematische und eskalierende Situationen, aber in diesem Ausmaß eher nicht. Also als "Massenphänomen", wo es 6-10jährige Kinder schaffen, sich gewaltbetont in Gruppen zu organisieren, entsprechend gegen Lehrer vorzugehen ("verhindern, dass diese eingreifen können), mit Handy zu filmen (die sind bei uns in der Grundschule gar nicht erlaubt) etc. Das ist schon ein ganz anderes Kaliber...


    Da geht es nicht um Deeskalation im eigentlichen Sinn (also eine Eskalation zu durchbrechen), sondern darum, alle Vorkehrungen zu treffen, dass das beschriebene Verhalten gar nicht auftreten kann... Wie werden die Kinder beschäftigt? Vor allem in den Pausen? Wie werden Regeln (Handy, alleine herumlaufen,...) kommuniziert und deren Einhaltung gewährleistet? Warum kann trotz verstärkter Pausenaufsicht Eskalation passieren? (Mangelt es den Fachkräften an der Fähigkeit, entsprechendes Verhalten frühzeitig zu erkennen und ins Positive umzulenken? Dann gehört da dringend angesetzt) Wie ist die Zusammensetzung der Pädagogen? (am besten: heterogen) Welche Rolle nimmt die Direktion ein? Schafft sie es, auch mit "schwierigen" Kindern/Elternhäusern eine Kommunikationsbasis zu schaffen? Stützt und schützt sie ihre Mitarbeiter? Wie viele männliche Pädagogen gibt es (männliche Bezugspersonen, um Körperlichkeit ausagieren zu können, durchaus wichtig...)?


    Ich glaube nicht, dass es in solchen Fällen um Strafen/Sanktionen geht. Dadurch funktioniert kein Miteinander... Es muss viel mehr gelingen, die richtige Basis zu schaffen... Und die steht und fällt mit den Ressourcen und dem pädagogischen Knowhow (deshalb sind Fortbildungen so wichtig und eine gute Durchmischung von Pädagogen). Vereinfacht gesagt: Besser, als eine Eskalation deeskalieren zu müssen, ist es immer, eine Eskalation durch bestmögliche Vorkehrungen möglichst zu verhindern...


    Ich arbeite in einem Bereich (mit erwachsenen Menschen), wo Deeskalation (leider) immer wieder Thema ist. Deeskalation ist extrem anstrengend, deshalb muss/sollte das auch eher die Ausnahmesituation sein, wenn es halt - trotz allem Einsatz - nicht abzuwenden war. Wenn ihr solche eskalierende Situationen ständig/regelmäßig als "Arbeitsalltag" habt, ist das bedenklich. Weil Eskalation/Deeskalation psychisch extrem anstrengend ist. Habt ihr denn dahingehend auch professionelle Ressourcen für euch? Supervision? Extern moderierte Teamsitzungen o.ä. So etwas macht auch extrem viel Sinn. Ist halt eine Frage des Budgets...


    Liebe Grüße


    Alles Liebe!

  • Hy Dan! Ich glaub auch nicht, dass man da mit Reden einfach so durchkommt. Es müsste aber andere Schulen in sozialen Brennpunkten geben, mit denen ihr euch vernetzen könntet. Gemeinsame Fortbildungen, gemeinsame Fachleute die ihr heran ziehen könnt. Von den Erfahrungen anderer profitieren,


    Aufklärung der Eltern ist bestimmt schwierig, stelle ich mir vor, den oft sind sie noch nicht richtig angekommen, fühlen sich als Außenseiter und benehmen sich auch so.


    Was ist mit gut sozialisierten Migranten? Habt Ihr Kontakt zu solchen Personen? Ist Euch irgendwer aus der Öffentlichkeit bekannt? Ich denke, dass solche Menschen gute Vermittler sein können und ihr solltet eine Zusammenarbeiten mit Ausländerbeauftragten anleiern. Vielleicht könt Ihr dort Rat bekommen.


    Was ist mit Flüchtlingskindern? Habt Ihr traumatisierte Kinder von denen ihr wißt, dass sie auf der Flucht waren?

    Der Umgang mit ihnen erfordert ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und Fachkenntniss. Traumatisierte Kinder reagieren auf Trigger und dann knallts oft. Es ist keine Lösung einfach nur dazwischen zu gehen.


    Ich denke, da ist ein hohes Maß an Integrationsarbeit erforderlich. Fast noch wichtiger ales Rechnen und Lesen .

    Gibt es bei Euch gut geleitete Jugendtreffs, mit besonderen Zeiten für Grundschulkids?

    Dort sollten Leute arbeiten die aus der streetworker Szene kommen und "voll cool" sind


    Wenn Ihr gute, leidenschaftliche Lehrer seit, ist das eine großartige Aufgabe.

    Was ist mit Straßenfesten? Eltern die miteinbezogen sind und Essen herstellen? Ihr müsst in Beziehung gehen, wenn ihr was erreichen wollt. Da ist Phantasie und viel Menschenliebe gefragt...

    Bitte schreib weiter, wie es Euch ergeht!
    Liebe Grüße!
    Bettinka

  • Ich habe jetzt nochmals genauer Danis Beitrag gelesen und ich finde, er bringts echt auf den Punkt. Supervision ist ein gutes Mittel, einen Umgang mit schwierigen Dingen zu entwickeln. Vielleicht findet Ihr alle zusammen etwas, was wir aus der Ferne nicht so gut erkennen und benennen können!?

    Auf dem Weg zur Arbeit habe ich noch lange über das geschilderte Problem nachgedacht. Und ich würde auch gerne wissen, mit was die Kids sich während der Pausen beschäftigen?

    Welche Möglichkeiten bietet das Außengelände?

    Habt Ihr gutes Spielzeug? Fahrzeuge? Dinge die zur Teamarbeit einladen? Gute Bälle? Tore? Kletterbäume oder ähnliches?

    Gibt es Sozialarbeiter an Eurer Schule?

    Bis bald mal wieder!
    Bettinka

  • Guten Morgen,


    viele Fragen, ich versuche mal auf die meisten einzugehen :)


    Zitat

    Hatten die Deeskalationstrainings einen Mehrwert und positive Auswirkung? Wie hast du die empfunden?

    Ich fand die Trainings gut, jedoch zielten die ausschließlich darauf ab die Hauptakteure einer Auseinandersetzung auseinander zu bringen, emotional abzukühlen und wie man verhindert, dass es sobald man sich umdreht wieder von vorne losgeht.

    Es wurde nicht darauf eingegangen, wie man mit Sympathisanten umgehen soll, die eine Prügelei oder einen Streit durch ihr Verhalten bestärkt haben. Darum ging es ja in dr Ausgangsfrage. Man kann diesen Teil ausblenden und sich als Erwachsener sagen, das hat für mich nicht Priorität, ich muss die Gewalt in den Griff bekommen und dazu gehören in dem Moment ausgenscheinlich nur die Schüler, die gegeneinander kämpfen.

    Nur gehen wir so vor, schaffen wir kein anderes Klima und eine Veränderung in den Köpfen der Schüler wie sich bei Streit zu Verhalten ist.

    Zitat

    Also als "Massenphänomen", wo es 6-10jährige Kinder schaffen, sich gewaltbetont in Gruppen zu organisieren, entsprechend gegen Lehrer vorzugehen
    ("verhindern, dass diese eingreifen können), mit Handy zu filmen (die sind
    bei uns in der Grundschule gar nicht erlaubt) etc. Das ist schon ein ganz
    anderes Kaliber...

    Ja, es sind zum Glück so kann man sagen immerhin noch Grundschüler, die von der Körperkraft uns Erwachsenen immer noch unterlegen sind, sodass wir letztendlich wenn es gar nicht anders geht noch die Möglichkeit haben durch leichtes Beiseiteschieben der Schüler unsere Pflicht durchzusetzen, einzugreifen. Nur es kann aus meiner Sicht nicht die einzige Möglichkeit bleiben und ist rechtlich auch jedes Mal gewagt das so durchzuziehen damit man sich nicht auf der Nase herum tanzen lässt.

    Zitat

    Wie werden die Kinder beschäftigt? Vor allem in den Pausen? Wie werden Regeln (Handy, alleine herumlaufen,...) kommuniziert und deren Einhaltung gewährleistet? Warum kann trotz verstärkter Pausenaufsicht Eskalation passieren? (Mangelt es den Fachkräften an der Fähigkeit, entsprechendes Verhalten frühzeitig zu erkennen und ins Positive umzulenken? Dann gehört da dringend angesetzt) Wie ist die Zusammensetzung der Pädagogen? (am besten: heterogen) Welche Rolle nimmt die Direktion ein? Schafft sie es, auch mit "schwierigen" Kindern/Elternhäusern eine Kommunikationsbasis zu schaffen? Stützt und schützt sie ihre Mitarbeiter? Wie viele männliche Pädagogen gibt es (männliche Bezugspersonen, um Körperlichkeit ausagieren zu können, durchaus wichtig...)?

    Wir haben Tischtennisplatten, Klettergerüste, einen Fußballplatz und einen Basketballkorb sowie etliche Sitzmöglichkeiten und einen Hinterhof. Viele Kids beschäftigen sich in den Pausen mit sportlichen Aktivitäten oder stehen in Gruppen an den jeweiligen Sitzmöglichkeiten.


    Regeln hängen in der Schule auf Plakaten aus, werden zu jedem Anfang des Schuljahres in der Klasse kommuniziert und bei Vergehen zweimal verwarnt und beim dritten Mal die Eltern informiert und eine Strafarbeit ausgesprochen. Da die Elternhäuser aber sehr unterschiedlich sind, bekommst du von dort nicht immer die Unterstützung, die wir uns wünschen würden.


    Eskalationen entstehen oft dort wo gerade keine Aufsichtsperson da ist (selbst mit gut aufgestellter Anzahl an Personen kansnt du nicht jede Ecke ununterbrochen im Blick haben) und wenn doch, dann habe ich den Eindruck, haben die Schüler nicht genug Respekt vor der Lehrkraft haben, als dass sie den Mut nicht hätten sich daneben zu benehmen. Daran müssen die Lehrer definitiv arbeiten und als Gruppe so geschlossen auftreten, dass es keinen Unterschied macht ob Lehrer A oder B gerade Aufsicht hat und es unterschiedliche Konsequenzen gibt wenn es dann doch auffällt. Das sehe ich als einen Grund an warum es zu Eskalationen kommt. Hat aber auch etwas damit zu tun, dass sich manche weibliche Kollegen nicht trauen rigoros zu intervenieren wenn mehrere Schüler beteiligt sind. Das ist auch okay, nur dann muss festgelegt werden wie viele Aufsichtspersonen wie schnell zur Stelle sein können damit ein Zwischenfall schnellstmöglich deeskaliert werden kann.


    Wir haben zu 80% weibliche Lehrkräfte und zu 20% männliche Lehrkräfte, dazu eine Schulpsychologin und mit einer Kollegin und mir zwei pädagogische Hilfskräfte.


    Die Direktorin steht immer hinter uns wenn es darum geht Konsequenzen für Schüler zu ziehen und diese vor den Erziehungsberechtigten zu kommunzieren aber sie ist meiner Meinung nach zu wenig im Praxisgeschehen als dass sie von sich aus die Motivation hat etwas grundlegendes zu ändern. Brände sollen gelöscht werden, aber wie du schon meintest, es wird nicht genug in Gewaltprävention investirte, als

    dass solche Brände gar nicht erst entstehen.

    Wir stehen allerdings jede Woche in einer Teamsitzung in Kontakt mit ihr und erzähen ihr von den Geschehnissen der Woche.

    Zitat

    Habt ihr denn dahingehend auch professionelle Ressourcen für euch? Supervision? Extern moderierte Teamsitzungen o.ä. So etwas macht auch extrem viel Sinn.

    Das kenne ich nicht, nein. Wir hatten bei Projektwochen schon mal die Polizei da, die auch etws zum Thema Gewalt den Schülern präsentieren konnten und Workshops zur Gewaltdeeskalation wie oben beschrieben. Ansonsten wüsste ich nicht, dass wir mit anderen Schulen schon einmal einen Austausch hatten. Vielelicht unter den Direktoren.

  • Und nochmal um auf Bettinkas Fragen einzugehen...


    Zitat

    Es müsste aber andere Schulen in sozialen Brennpunkten geben, mit denen ihr euch vernetzen könntet. Gemeinsame Fortbildungen, gemeinsame Fachleute die ihr heran ziehen könnt. Von den Erfahrungen anderer profitieren,

    wie oben bereits darauf eingegangen, weiß ich davon nichts. Das ist aber ein guter Punkt um dies mal in einer der nächsten Teamsitzungen anzusprechen und vozuschlagen sofern es das noch nicht gibt.


    Zitat

    Was ist mit gut sozialisierten Migranten? Habt Ihr Kontakt zu solchen Personen? Ist Euch irgendwer aus der Öffentlichkeit bekannt? Ich denke, dass solche Menschen gute Vermittler sein können und ihr solltet eine Zusammenarbeiten mit Ausländerbeauftragten anleiern. Vielleicht könt Ihr dort Rat bekommen.


    Wir haben ab und zu mit dem Jugendamt zu tun, dort arbeiten Migrationshelfer, die dann auch mal einen Blick in die Familien werfen. Es ist leider schon vorgekommen, dass Kinder etwas verwahrlost zur Schule kamen und wir keinen Kontakt zu den Eltern herstellen konnten. Das ist extrem und zum Glück auch nur in Einzelfällen so, aber Brennpunkt bedeutet eben auch kein liebenswertes und fürsorgliches Elternhaus oft vorzufinden. Der raue Ton auf dem Schulhof wird einfach von zu Hause kopiert. Gewalt teils auch von zu Hause toleriert oder vorgelebt.

    Ich habe da schon so einiges erlebt und bin darüber selbst immer wieder erschrocken. Da hilft nur die Eltern in irgend einer Form mit ins Boot zu holen und es immer wieder zu versuchen. Aber es gelint dir einfach nicht immer.


    Zitat

    Was ist mit Flüchtlingskindern? Habt Ihr traumatisierte Kinder von denen ihr wißt, dass sie auf der Flucht waren?


    Ja, davon haben wir auch einige aber dafür gibt es zwei Integrationskräfte an unserer Schule, die sich insbesondere für diese Kids mehr Zeit nehmen. Ich habe jedoch auch das Gefühl, dass diese Schüler in den Klassenverband der anderen aufgenommen und nicht ausgestoßen werden. Es sind auch nicht gleich immer diese Schüler, die bei Gewaltvorfällen oder Konflikten an erster Reihe stehen. Natürlich spielen kulturelle Einflüsse immer irgendwo mit. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass an unserer Schule Flüchtlingskinder im Nachteil sind.


    Zitat

    Gibt es bei Euch gut geleitete Jugendtreffs, mit besonderen Zeiten für Grundschulkids?


    Es gab eins, daber das wurde während der Coronakrise durch Vandalismus beschädigt und muss erst mal wieder aufgebaut werden.


    Zitat

    Was ist mit Straßenfesten? Eltern die miteinbezogen sind und Essen herstellen? Ihr müsst in Beziehung gehen, wenn ihr was erreichen wollt. Da ist Phantasie und viel Menschenliebe gefragt...


    Im Brennpunkt gibt es die nicht glaube ich. An unserer Schule haben wir bis vor Corona immer versucht durch häufige Elternabende, Ausflüge und Schulfeste die Eltern mit einzubeziehen. Versuchen dies natürlich nun weiterhin und während des HomeSchoolings gab es auch Kolleginnen und Kollegen, die während dieser Zeit mal bei einzelnen Schülern zu Hause vorbeigekommen sind.

    Zitat

    Bitte schreib weiter, wie es Euch ergeht!

    Ich melde mich gern wieder.


    LG

    Dan

  • Lieber Dan! :)


    Ich würde bei Überlegungen zu Unterstützungsangeboten unbedingt nach dem Motto "weniger ist mehr" agieren... Besser aus 2-3 gut gemachte und sinnvolle Hilfen setzen, als von überall "ein bisschen was" mitzunehmen und damit aber nicht wirklich effektiv arbeiten zu können...


    Sinnvoll wäre mEn: Präventionsangebot (von externer Stelle) und Supervision o.ä. für euch Mitarbeiter (sollte regelmäßig stattfinden und wird nicht gerne finanziert... dabei ist (Gruppen-)Supervision gerade in solchen "Burnout-Berufen" eigentlich unerlässlich.)


    Dinge wie intensivere Elternarbeit/Vernetzung mit anderen Schulen etc. sind unbedingt hinsichtlich "Kosten-Nutzen" abzuwägen. Das sind leider oftmals die Klassiker für viel Aufwand für wenig Output... Nichts ist trauriger als Stunde um Stunde in gute Konzepte für Angehörigenarbeit/Vernetzung etc. zu stecken, die dann nicht bis schleppend angenommen wird. Das ist unterm Strich nicht effizient... (Dort, wo nicht genügend Output für meine hineingesteckte Energie rausschaut, arbeite ich das Nötigste, nicht mehr. Anders geht es im Sozialbereich oft nicht. Das hat nichts mit Desillusionierung zu tun, das ist halt oft die Realität, die einen nach vielen, vielen Jahren im Sozialbereich einholt... ;))


    Alles Liebe!

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