Wissenschaftlicher wie die amerikanischen Psychologen Kevin Leman und Frank J. Sulloway haben heraus gefunden, dass es deutliche Übereinstimmungen in Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen von Erstgeborenen, mittleren Kindern (sog. Sandwichkindern) und Nesthäkchen gibt.
Wie sich ein Kind entwickelt, wird u.a. durch das Verhalten der Eltern und der Geschwister beeinflusst. Die jeweilige Position in der Geschwisterreihe hat dabei wiederum Einfluss darauf, wie Eltern und Geschwister mit dem jeweiligen Kind umgehen. Es entwickeln sich daraus wiederkehrende Verhaltensmuster aber auch spezielle Bedürfnisse. Wenn Eltern diese kennen und berücksichtigen, können sie ihren Kindern besser gerecht werden.
Das erstgeborene Kind
Das erstgeborene Kind erhält besonders viel Aufmerksamkeit. Es ist zunächst das alleinige Kind und muss die Fürsorge und Zuwendung der Eltern nicht teilen. Für dieses Kind sind Erwachsene (die Eltern) in den ersten Lebensjahren die einzigen Vorbilder, es orientiert sich stark an Erwachsenen und versucht den Anforderungen gerecht zu werden. Wird ein Geschwisterkind geboren, erlebt das erstgeborene Kind diesen Thronsturz besonders massiv. Es bemüht sich, den Wünschen und Vorstellungen der Eltern gerecht zu werden, um sich die Aufmerksamkeit der Eltern zurück zu erobern. Es ist aber auch den jüngeren Geschwistern überlegen und spielt diese Macht gegenüber den Kleinen aus. So übernimmt das älteste Kind beispielsweise gerne Verantwortung, ist pflichtbewusst, dominant, willensstark, ehrgeizig.
Erziehungstipp für Erstgeborene
- Zeigen Sie Ihrem Kind, dass es auch geliebt wird, wenn es nicht perfekt ist, dass es nicht für seine Leistungen, sondern wegen seiner Person geliebt wird.
- Das Kind verdient wegen seines Alters besondere Privilegien (Taschengeld, Schlafenszeit,...). Diese sollten eingehalten werden, auch wenn die jüngeren neidisch sind.
- Geben Sie dem Kind nicht zu viel Verantwortung (z.B. auf die jüngeren Kinder aufpassen). Auch die jüngeren Kinder müssen je nach Alter Aufgaben übertragen bekommen.
- Lassen Sie das älteste Kind nicht die jüngeren Geschwister erziehen.
- Achten Sie darauf, dass das älteste Kind seine Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten hat und sich gegenüber den Bedürfnissen der jüngeren Geschwister abgrenzen darf.
Das mittlere Kind
Das mittlere Kind ist oftmals das ungesehene Kind. Es hat weder die Privilegien des Erstgeborenen noch die besondere Freiheit des Nesthäkchens. Es wird sowohl von den älteren als auch von den jüngeren Geschwistern beeinflusst. Es ist diplomatisch und versucht zu vermitteln, um Konflikte zu vermeiden. Die eigenen Bedürfnisse werden provokant eingefordert oder aber das Kind zieht sich verschlossen in sich zurück und stellt eigene Bedürfnisse nach hinten. Häufig ist das mittlere Kind sehr kontaktfreudig und hat einen großen Freundeskreis, weil es versucht , seine Anerkennung außerhalb der Familie zu erhalten.
Erziehungstipps für mittlere Kinder
- Zeigen Sie ihm, dass es etwas besonderes ist.
- Unternehmen Sie etwas mit dem Kind alleine, damit es ungeteilte Zuwendung erhält.
- Ermuntern Sie das Kind, seine Gedanken und Wünsche mitzuteilen.
- Achten Sie darauf, dass das Kind nicht als Vermittler von den Geschwistern instrumentalisiert wird.
Das Nesthäkchen
Das jüngste Kind hat oftmals besonders viele Freiheiten, es wird verwöhnt und behütet. Mit der Begründung, es sei ja noch so klein, darf es Dinge, die die älteren nicht durften, und muss Dinge nicht tun, die die älteren tun mussten. Da es mit seinem Können nicht mit den älteren Geschwistern konkurrieren kann, versucht es die Anerkennung durch Charme und auffälliges Verhalten wie Albereien zu bekommen. Das Nesthäkchen kann gut manipulieren, und setzt ein Lächeln oder ein paar Tränen ein, um die gewünschte Aufmerksamkeit zu erhalten. Für seine Leistungen erhält es wenig Beachtung, weil diese schon von den älteren Kindern bekannt sind bzw. nicht an deren Leistungen heranreicht.
Erziehungstipps für Nesthäkchen
- Verwöhnen Sie das Kind nicht. Auch das jüngste Kind muss lernen, Aufgaben zu übernehmen.
- Beachten Sie auch die besonderen Leistungen des jüngsten Kindes und loben sie es dafür.
- Räumen Sie dem Kind keine besonderen Privilegien ein, es sollten die gleichen Regeln gelten, die für die anderen Kinder in dem gleichen Alter auch gegolten haben.
- Vergleichen Sie das Kind nicht mit den älteren Geschwistern.
- Lassen Sie sich von den Manipulationsversuchen nicht beeinflussen.
Auch wenn diese Beschreibungen natürlich nur allgemein beobachtete Übereinstimmungen darstellen und nicht hundertprozentig auf alle Kinder übertragbar sind - vielleicht erkennen Sie das eine oder andere Verhalten bei Ihren Kindern wieder?
Anne