Hallo,
auf der Suche nach Gesprächsgruppen oder Hilfe für Eltern bin ich auf dieses Forum gestoßen.
Ich muss etwas weiter ausholen, denn unsere Probleme fingen schon im Kleinkindalter an.
Die Beziehung zu meiner Tochter (10, im Dezember 11) ist schon immer etwas „merkwürdig“ gewesen. Sie ist unser absolutes Wunschkind und so behandeln wir sie auch, seit sie auf der Welt ist. Die Ablehnung mir gegenüber zeigte sich schon im Säuglingsalter, indem sie sich nie von mir hat lange tragen lassen oder mich auch sonst immer weggestoßen hat. Das hat das erste Jahr besonders geprägt, da ich in der Elternzeit größtenteils für sie allein verantwortlich war und die Ablehnung eine sehr große psychische Belastung für mich war. Im Kleinkindalter kamen dann Ausraster, Hauen, Beißen dazu. Bei Wehwehchen ist sie immer sofort zu Papa gelaufen, als würde ich ihr nicht helfen können.
Da sie sehr verhaltensauffällig war, hat der Kinderarzt empfohlen, beim Kinderpsychologen vorstellig zu werden.
Dort wurde eine Standarddiagnostik gemacht, als sie 5 war, welche ergab, dass sie überdurchschnittlich intelligent ist aber auch evt. ADHS hat.
Wir machten uns Sorgen, dass die bevorstehende Einschulung problematisch werden würde. Jedoch unbegründet. Die Grundschule hat sie mit Bravur und Bestnoten gemeistert und eine Gymnasiumsempfehlung bekommen.
Bis zum heutigen Zeitpunkt waren wir schon 5 Mal bei der Erziehungsberatung, leider immer ohne Erfolg, da sie die Termine meist als Bestrafung empfindet und total blockiert.
Während der Pandemie haben mein Mann und ich uns getrennt und ich bin ausgezogen, also die Böse. Das lässt sie mich täglich spüren. Mein Mann und ich sind immer bemüht, alles zum Besten des Kindes zu machen, wir verstehen uns gut, sehen uns fast täglich und ziehen an einem Strang und wollen für sie weiterhin eine Familie sein, auch wenn wir in unterschiedlichen Haushalten leben. Wir haben uns für das Wechselmodell entschieden, so dass sie auf keinen von uns verzichten muss, natürlich immer nach Ihren Bedürfnissen auch mal außer der Reihe jederzeit bei jedem von uns willkommen ist.
Zusätzlich gibt es seit Einführung von fester Nahrung Probleme mit dem Essen. Wir haben alles versucht, jeden Tipp umgesetzt, Geduld gezeigt, Angebote gemacht. Bis heute werden es immer weniger Sachen, die sie isst. Aktuell ernährt sie sich nur noch von Chicken Nuggets und Pommes, Leberkäse mit Kartoffeln und Nudeln ohne Soße. Sie isst kein „Fleisch“, kein Brot, keine Wurst, keinen Käse, Frischkäse oder andere Aufstriche, keine Butter oder Marmelade. Kein Obst. Maximal Gurke und Paprika. Auch das belastet das Familienessen sehr. Ich koche immer frisch und es gibt, zumindest für uns, keine Fertigprodukte oder Maggi oder ähnliches.
Das größte Problem ist ihre vollkommene soziale Ablehnung. Ich weiß nicht, ob man Sozialphobie sagen kann, da sie immer behauptet, sie will überhaupt keine anderen Menschen kennenlernen. Sie hat 1 Freundin seit der 1. Klasse. Was ja grundsätzlich nicht schlimm ist, aber dieses Mädchen hat noch schlimmere psychische Probleme als sie und bremst sie komplett aus. Wir wollen ihr nicht die Freundschaft verbieten, weil das alles nur verschlimmern würde. Wir möchten gern, dass sie aufgeschlossener wird und auch mal etwas zulässt ohne direkt abzulehnen.
Das kommt auch bei Freunden der Familie vor und äußert sich darin, dass sie nicht grüßt, Bitte und Danke sind Fremdwörter, was ebenfalls sehr unangenehm für mich ist, weil ich mich permanent für sie schäme.
In diesem Jahr ist sie aufs Gymnasium gekommen. Bei der Anmeldung hat sie nur ein Kind als Wunsch für die Klassenbesetzung angegeben. Ihre Freundin. Irgendwie hatte ich gehofft, dass diese auf eine andere Schule gehen würde, aber die beiden sind jetzt wieder in einer Klasse und auch Banknachbarn.
Ihre Noten zum jetzigen Zeitpunkt sind katastrophal, sie steht in fast jedem Fach auf 4 oder 5. Ein Gespräch mit der Lehrerin hat ergeben, dass die beiden sich nicht in die Klassengemeinschaft integrieren wollen und auch sonst nur für sich sind.
Zuhause ist es mal so mal so. Wir streiten uns oft wegen Kleinkram, z. B. wenn ich sie bitte, ihr Geschirr auch mal selbst in die Küche zu bringen oder ihre Wäsche nicht immer da liegen zu lassen, wo sie sie auszieht. Ich denke, es ist zumutbar, dass ein fast 11-jähriges Mädchen ein paar Handgriffe im Haushalt selbst macht. Sie ist dann ziemlich frech, vorlaut und wirklich verletzend in ihren Antworten.
Ich war schon soweit, dass ich zu meinem Mann gesagt hab, ich verzichte auf die paar Euro Kindesunterhalt, wenn sie nicht bei mir sein möchte. Bei ihm gibt es diese Probleme nicht.
Ihre Freundin hat dieses Jahr ihren Geburtstag nicht gefeiert. Es gab niemanden den sie einladen wollte oder konnte. Ausser meiner Tochter. Die beiden waren zusammen Minigolf spielen und das wars. Ich finde das irgendwie nicht altersgerecht oder „normal“ für ein Kind.
Jetzt steht ihr Geburtstag an und auch sie hat niemanden den sie einladen will, ausser ihrer Freundin. Das macht mich unheimlich traurig. Es war schon die letzten paar Jahre immer ein Krampf, den Geburtstag auszurichten, da sie nie entscheiden konnte, wen sie einlädt.
Zum Elternbackground:
Mein Mann (wir sind noch nicht geschieden) ist ein sehr introvertierter Typ. Auch er hat nur 1 Freund, sein Leben lang und auch kein Bedürfnis zu anderen Menschen Kontakt aufzubauen.
Ich selbst bin sehr anschlussfreudig, komme mit allen gut zurecht, habe gerne Menschen um mich. Da ich weiß, dass er diese soziale Erziehungsschiene nicht bewerkstelligen kann, habe ich in den ganzen Jahren versucht ihr „vorzuleben“ wie man sich in die Gesellschaft integriert. Klingt iwie blöd, aber damit ist gemeint, dass ich natürlich immer die treibende Kraft war, was Verabredungen usw angeht, Kurse und Aktivitäten, Sport, eben alles was man normalerweise mit Kindern in bestimmten Altersgruppen macht. Ich dachte, ich könnte seine soziale Inkompetenz irgendwie ausgleichen. Sie sieht von uns nur, wie man sich korrekt gegenüber anderen Menschen verhält. Ich weiß nicht, warum nichts davon bei ihr geprägt wurde.
Ich mache mir sehr große Sorgen um sie. Vor allem darüber, dass sie komplett sozial den Anschluss verliert.
Ich wünsche mir, dass wir unsere Mutter-Tochter-Beziehung verbessern können, aber ich komme nicht an sie ran.
Wenn wir sprechen, dann immer auf Augenhöhe. Ich signalisiere ihr immer, dass ich sie verstehen kann (in den meisten Dingen) und rede ruhig und verständnisvoll mit ihr. Meistens enden die Gespräche damit, dass wir beide heulen und es klappt wieder ein paar Tage, zumindest zwischen uns.
Aber ich habe jeden 2. Freitag Angst, sie wieder abzuholen, da sie schon an der Tür ihre Ablehnung mir gegenüber zeigt.
Mein Mann kann leider meine Ängste nicht gut nachvollziehen, daher ist er nur bedingt Ansprechpartner für mich. Ich habe leider auch mitbekommen müssen, wie er über mich mit seiner Exfreundin geredet hat in dem Wortlaut „Sie ist schon wieder auf dem ‚Mein Kind mag mich nicht‘-Trip“. Das hat mich sehr verletzt und seitdem möchte ich darüber mit ihm eigtl gar nicht mehr reden.
Ich hab zu dieser vielfältigen Problematik leider keine Gesprächsgruppen gefunden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es nur mir so geht.
Vielleicht gibt es hier ja auch Eltern, die ähnliches erleben und sich gerne austauschen möchten.
Über Kommentare würde ich mich sehr freuen.
LG
Mika