Heute möchte ich etwas zum Nachdenken geben.
Ich bin als Bildungsreferentin tätig und hatte gestern ein regelrechtes Aha-Erlebnis mit einer Klasse Azubis, die eine Ausbildung zum Servicehelfer im Sozial- und Gesundheitswesen / Alltagsbetreuer absolvieren.
Diese jungen Menschen, die größtenteils mit schlechtem Hauptschulabschluss dastehen, viele danach auch noch ein BVJ oder BEJ absolviert haben, weisen starke Lernblockaden und Lernschwierigkeiten auf.
Dennoch ist Teil der Ausbildung auch theroretischer Unterricht. Auch schriftliche Prüfungen sind logischerweise Teil der Ausbildung.
Wie schnell ist man letztlich versucht, diesen jungen Menschen Unlust und fehlende Motivation zu "unterstellen", weil ihnen lernen so schwer fällt...
Wie schnell fragt man sich, ob da Krankheitsbilder wie ADHS, LRS und dergleichen die Gründe sind, die ein Erfassen und Begreifen des Stoffes erschweren. Oder liegt es gar an fehlender Intelligenz, einem zu geringen IQ?!
Wie schnell ist man versucht, den Fehler/ die Schuld bei denjenigen zu suchen, die nicht "funktionieren"...
Doch die wichtigste aller Fragen ist letztlich:
Wie müssen Lerninhalte verpackt und vermittelt werden, dass die Zielgruppe begreifen und verstehen kann?
Was muss an der Lehrmethode verändert und angepasst werden, damit das Gelehrte ankommt?
Der Knackpunkt ist: Wie müssen Lerninhalte vermittelt werden, damit sie sinnvoll sind?! Was muss ein Lehrender tun (sei es ein Lehrer, Dozent, Referent oder auch der Nachhilfelehrer oder das Elternteil, dass unterstützen möchte), um den Lernenden genau dort abzuholen, wo dieser steht?
Und sinnvoll muss im Sinne von, es muss ein Sinn erkennbar sein, verstanden werden - und dies ergibt sich oftmals aus einem ganz klaren Praxisbezug, einem die Lerninhalte regelrecht "anfassen" zu können.
Und über den erkennbaren Sinn entscheiden dabei stets die Lernenden, nicht der Lehrer
Um konkreter zu werden:
Ich versuchte, eine Art Checkliste zu erklären, die strukturiertes Arbeiten ermöglichen und erleichtern soll.
Wir übten letztlich anhand eines ganz konkreten Beispiels: Die Azubis kochten für mich tatsächlich eine Tasse Tee - und zuvor stellten wir anhand dieses ganz einfachen, recht unkomplizierten Beispiels diese Checkliste mit einzelnen Arbeitsschritten zusammen. Anhand des realen Teekochens konnte so direkt überprüft werden, ob die Checkliste korrekt ist.
Und was mich am meisten erfreute war, dass die gesamte Klasse durch dieses so einfache Beispiel plötzlich einen Sinn in dieser Aufgabe erkennen konnte. Ich sah strahende Gesichter und tiefe Erleichterung in den Augen.