Hallo a79,
danke für Ihre ausführlichen Schilderungen. Mir gefällt, wie aufmerksam und fürsorglich Sie Ihrem Sohn gegenüber sind und die beschriebenen Entwicklungen bzw. die auftauchenden Defizite ernst nehmen und Ihren Sohn unterstützen und fördern wollen.
Ich selbst erlebe in meiner Arbeit auch immer wieder Kids, die unter den Lehrplänen der Schule leiden, weil leider Wissen immer wieder auch völlig sinnbefreit an die Kinder vermittelt wird, zumindest erkennen viele Kinder keinen Sinn hinter dem, was sie da alles so lernen sollen und dementsprechend schwer tun sie sich dann auch damit.
Sie selbst nehmen Ihren Sohn aufmerksam wahr und geben ihm zur Hilfestellung einen klaren Rahmen vor: Hausaufgaben sind so wichtig, dass diese oberste Priorität haben und erst wenn sie erledigt sind, dürfen Handy, PC und Co. genutzt werden. Bleiben Sie konsequent dabei und halten Sie diesen Rahmen/ diese Regeln.
Vielleicht ist es eine Mischung aus beidem, was Ihrem Sohn zu schaffen macht: Einerseits kann er keinen Sinn darin erkennen, bei dem, was er lernen soll und dann fällt es verständlicherweise auch viel schwerer, sich zu konzentrieren. Denn wenn er keinen Sinn erkennen kann, dann sind ihm die Dinge auch nicht wichtig, sondern eher lästig.
Haben Sie denn schon versucht, ihm zu erklären, dass es immer wieder im Leben auch Aufgaben zu bewältigen gibt, die auch nicht so viel Spaß machen, die aber dennoch erledigt werden müssen? Das fängt ja schon beim Haushalt an, denn ich bezweifle, dass es vielen Menschen Spaß macht, Toiletten zu putzen, Müll zu entsorgen oder Böden zu wischen und und und, aber dennoch müssen diese Aufgaben auch erledigt werden. Und so ist es letztlich ja auch, wenn ich Grammatik und Rechtschreibung lerne oder das kleine Einmaleins. Es ist anstrengend und mühsam, aber wenn man es dann kann, fühlt es sich gut an und man darf zu Recht stolz auf sich sein, weil man es "durchgezogen" hat und sich dabei auch noch in Geduld und Ausdauer und Durchsetzungsvermögen geübt hat. Und auch, wenn Ihr Sohn überzeugt ist, dass er schon alles weiß und später in seinem Traumberuf alles, was er jetzt "blöd" findet, nicht mehr braucht, so wird er dennoch selbst in seinem Traumberuf auch Aufgaben erledigen müssen, die ihm keinen Spaß machen.
Vielleicht können Sie seine Interessen an alten Kulturen zum Aufhänger nehmen, um ihm zu erklären, dass gute Rechtschreibung und gewisse Mathematikkenntnisse sinnvoll sind:
Ihr Sohn fände es sicherlich blöd oder sogar peinlich und nervig, wenn er ein Buch über die alten Germanen lesen würde und das wäre voller Rechtschreibfehler. Das macht einem das Lesen und auch das Verstehen ja furchtbar schwer und man bekäme wohl außerdem den Eindruck, dass der Autor nicht so wirklich weiß, was er da schreibt und man würde ihn nicht ernst nehmen. Oder man stelle sich vor, die alten Römer hätten das kleine Einmaleins nicht gekonnt und hätten aber ihre Soldaten aufteilen wollen ihn sechs gleich große Truppen, um für Sicherheit und Ordnung in Rom zu sorgen, weil da gerade Unruhen auf den Straßen sind. Wie mühsam wäre das gewesen, wenn sie erst hätten mühsam durchzählen müssen, um sich in gleich große Gruppen aufzuteilen. Das ist doch viel eleganter, wenn man weiß, aha, wir sind 36 und teilen uns in 6 Gruppen, d.h. in jeder Gruppe sind 6 Personen. Das spart einfach viel Zeit und auch Nerven. Vielleicht können Sie ihm diese Themen auf so einem Weg schmackhaft machen?
Haben Sie denn auch schon überlegt, Ihren Sohn testen zu lassen, ob er eine leichte Lese-Rechtschreibschwäche hat?
Wissen Sie denn, warum Ihr Sohn im Arbeits- und Sozialverhalten lauter 3en hat? Wie begründet das die Lehrerin und was unternimmt sie, um die Kinder in diesem Bereich zu fördern?
Ich freue mich auf Ihre Antwort!
Klara