Meine Eltern lassen mich nichts allein machen

  • Hallo,
    ich weiß, das ist eher ein Forum für Eltern und über Erziehung. Aber ich dachte, ich versuche es trotzdem mal. Denn ein Familienproblem ist es in jedem Fall.


    Wie die Überschrift schon sagt: Meine Eltern mischen sich in alles ein, lassen mich nichts allein machen.
    Das war schon immer so. Sie mussten bei allem dabei sein, bei allem mitmachen. Sie haben mich nie irgendwas selbst bestimmen lassen. Alles musste ich mir mühsam erkämpfen.
    Inzwischen bin ich 18, aber es hat sich dadurch nichts geändert.
    Meine Mutter war beleidigt, dass ich sie nicht mit zu einem Arztbesuch genommen habe. Meine Eltern waren empört, als ich mir einen Nebenjob gesucht habe und ihnen die Vollmacht für mein Konto entzogen habe. Sie fangen eine Diskussion an, wenn ich mir von meinem selbstverdienten Geld etwas kaufe, was ich gern möchte. Mein Freund darf nicht bei mir übernachten. Ich muss fragen, wenn eine Freundin zu Besuch kommen möchte. Ich darf an meinem Zimmer nichts verändern bzw. sie fangen eine Riesen-Diskussion an, wenn ich es einfach mache. Genau das Gleiche, wenn ich weggehe. (Obwohl ich ihnen sogar sage, wohin ich gehe, was ich mache, wie lange ich dort bleiben werde und anrufe, wenn ich mich verspäte, damit sie nicht gleich die Polizei rufen. - Haben sie schon mal gemacht.) Sie versuchen zu bestimmen, was ich anziehe. (Ich ziehe mich bestimmt nicht nuttig an oder so.)


    Ich verstehe ja, dass sie sich Sorgen machen, aber das geht doch nun wirklich zu weit, oder nicht?
    Ich kann auch nicht ausziehen, weil ich dafür kein Geld habe. Ich gehe noch zur Schule, mache nächstes Jahr Abitur. Ich habe schon überlegt, ob ich dieses Jahr mit Fachabi abgehen soll.
    Ich würde aber eigentlich gern studieren. Ich glaube aber nicht, dass ich Wohnung, Leben und Studium allein finanzieren kann. Auch wenn ich mit Fachabi abgehe und eine Ausbildung anfangen würde, würde ich für eine eigene Wohnung wohl nicht genug verdienen. Zumal ich gar keine Ausbildung machen möchte.


    Sie sind wohl wegen meiner älteren Schwester so misstrauisch. Die ist mit 16 schwanger geworden. Aber was hat das mit mir zu tun?


    Was soll ich bloß machen? ;(

  • Hallo Lara,


    ich finde es schön, dass Sie sich hier im Forum gemeldet haben. Erziehung hat ja nicht nur mit den Eltern zu tun, sondern immer mit zwei Seiten - den Erziehenden und denen, die erzogen werden.


    Sie sind mit Ihrem Anliegen also herzlich willkommen!


    So, wie Sie die Situation in Ihrer Familie schildern, klingt es wirklich so, als würden Ihre Eltern sich große Sorgen um Sie machen, wozu die Erfahrung mit der älteren Schwester sicherlich auch beiträgt.


    Allerdings sind Sie volljährig und dürfen deshalb Ihre eigenen Entscheidungen treffen. Ich finde es gut, dass Sie dies an der einen oder anderen Stelle auch selbstbewusst tun (Nebenjob, Konto, Arztbesuch). Da Sie noch zu Hause wohnen, haben Ihre Eltern leider auch das Recht sich in bestimmten Bereichen einzumischen (Hausrecht). Sie können deshalb auch entscheiden, wer sich bei Ihnen zu Hause aufhalten darf. Ob ihre Eltern von diesem Recht Gebrauch machen sollten, ist natürlich eine ganz andere Frage.


    Ich habe den Eindruck, dass Ihre Eltern Sie in Ihrer Sorge weitestgehend kontrollieren wollen, damit Ihnen auf keinen Fall das gleiche "Schicksal" droht wie Ihrer Schwester. (Wobei sich auch die Frage stellt, ob das "Schicksal" Ihrer Schwester wirklich so schlimm ist? Oder führt sie nicht trotz der frühen Schwangerschaft ein glückliches Leben?) In solchen Situationen handeln Menschen manchmal nicht mehr rational, sondern vor allem emotional - und das macht die Situation nicht leichter.


    Ich vermute, dass Sie schon viele Gespräche mit Ihren Eltern geführt haben, in denen Sie versucht haben, ihnen zu erklären, wie Sie sich fühlen und was Sie sich wünschen?


    Hilfreich für solche Gespräche kann es sein, dass Sie Ihren Eltern sagen, dass Sie verstehen, dass diese sich Sorgen machen. Dann beginnt ein Gespräch weniger konfrontativ und ruft nicht gleich die Gegenwehr hervor. Vielleicht fragen Sie Ihre Eltern auch mal, wovor Sie genau Angst haben und warum sie Ihnen nicht vertrauen? Solche Gespräch sollten nicht in Situationen geführt werden, in denen man sich gerade mal wieder streitet, sondern in entspannten Momenten. Vielleicht können Sie Ihren Eltern auch einen Brief schreiben, in dem Sie schildern, wie Sie sich fühlen. Dann haben Ihre Eltern Zeit, darüber nachzudenken und reagieren vielleicht nicht gleich mit Abwehr.


    Wenn solche Gespräch bisher nicht funktioniert haben und Sie das Gefühl haben, dass Ihre Eltern Ihnen nicht zuhören und Sie nicht verstehen, gibt es vielleicht jemandem in Ihrer Familie oder dem Bekanntenkreis, dem Sie vertrauen und der Sie unterstützen kann? Ein Tante oder Bekannte Ihrer Eltern? Vielleicht sogar Ihre ältere Schwester?

    Ich habe schon überlegt, ob ich dieses Jahr mit Fachabi abgehen soll.
    Ich würde aber eigentlich gern studieren. Ich glaube aber nicht, dass ich Wohnung, Leben und Studium allein finanzieren kann. Auch wenn ich mit Fachabi abgehe und eine Ausbildung anfangen würde, würde ich für eine eigene Wohnung wohl nicht genug verdienen. Zumal ich gar keine Ausbildung machen möchte.

    Sie sollten Ihre schulischen und beruflichen Pläne nicht einfach über den Haufen werfen, um so schnell wie möglich zu Hause ausziehen zu können. Da wäre der Preis, den Sie für Ihre "Freiheit" zahlen, zu hoch, denke ich, auch wenn ich verstehen kann, dass Ihnen diese Gedanken kommen.


    Vielleicht schaffen Sie es, sich weitere kleine Freiräume zu schaffen, so wie es bisher schon getan haben, z.B. dass Sie bei Ihrem Freund übernachten, wenn er nicht bei Ihnen übernachten darf, oder dass Sie die Zeit mit Ihren Freundinnen nicht bei sich zu Hause verbringen, sondern bei den Freundinnen.
    Und in machen Situationen hilft auch, sich gar nicht lange auf Diskussionen einzulassen ( bei der Klamottenwahl, oder der Frage, was Sie mit Ihrem selbstverdienten Geld kaufen) ^^


    Eltern kann man leider nicht erziehen (womit wir wieder beim Thema wären ;) ) und leider gibt es auch nicht die einfache und schnelle Lösung für Ihr Problem. Ich hoffe, dass Sie vielleicht trotzdem etwas mit dem einen oder anderen Tipp anfangen können. Ich würde mich freuen, wenn Sie berichten, wie es bei Ihnen weitergegangen ist.



    Halten Sie durch :thumbup:


    Anne

  • Hallo Anne,


    vielen Dank für die Antwort.


    Zitat

    Da Sie noch zu Hause wohnen, haben Ihre Eltern leider auch das Recht sich in bestimmten Bereichen einzumischen (Hausrecht). Sie können deshalb auch entscheiden, wer sich bei Ihnen zu Hause aufhalten darf. Ob ihre Eltern von diesem Recht Gebrauch machen sollten, ist natürlich eine ganz andere Frage.

    So extrem kenne ich das von niemandem. Freundinnen von mir müssen vielleicht fragen, ob jemand bei ihnen übernachten darf oder wenn's mehrere sind. Ich muss aber sogar fragen, wenn eine Freundin nur mal für zwei Stunden zum Plaudern vorbeikommen will. Und vor allem sind das Freundinnen, die meine Eltern seit Jahren kennen. Die älteste Freundin kenne ich schon seit der Grundschule! Sie kann nicht spontan vorbeikommen. Das muss vorher abgesprochen werden, weil meine Mutter ja was anderes vorhaben könnte. Ich sagte schon so oft zu ihr, dass sie sich doch gar nicht darum kümmern braucht. Sie kennt die Mädchen doch und braucht ihnen auch nichts zu trinken holen oder so. Ja, aber sie will sie ja begrüßen. Das würde sich so gehören. Das ist doch verrückt! Weil sie ihnen "Hallo" sagen will, muss ich vorher immer fragen, ob sie auf einen kurzen Besuch vorbeikommen dürfen. Und bevor Sie fragen: Als ich meine beste Freundin mal zu Besuch hatte, während meine Mutter nicht da war, gab's hinterher riesiges Geschrei. Und als sie mal einfach so vorbei kam, hat sie sich nicht reingelassen. Sie hätte ja vorher anrufen können.

    Ich habe den Eindruck, dass Ihre Eltern Sie in Ihrer Sorge weitestgehend kontrollieren wollen, damit Ihnen auf keinen Fall das gleiche "Schicksal" droht wie Ihrer Schwester. (Wobei sich auch die Frage stellt, ob das "Schicksal" Ihrer Schwester wirklich so schlimm ist? Oder führt sie nicht trotz der frühen Schwangerschaft ein glückliches Leben?) In solchen Situationen handeln Menschen manchmal nicht mehr rational, sondern vor allem emotional - und das macht die Situation nicht leichter.

    Meine Schwester wird genauso kontrolliert. Sie wohnt mit dem Kleinen hier im Haus, weil sie noch in der Ausbildung ist und sich eine eigene Wohnung nicht leisten kann. Das ist ja auch alles ganz schön teuer, weil der Kleine noch mit dazu kommt. Wir haben schon alles Mögliche durchgerechnet, ob wir uns nicht zusammen eine Wohnung nehmen könnten. Beim Wohnungsamt hat man uns gesagt, dass wir kein Anrecht auf einen Zuschuss hätten, weil unsere Eltern zu viel verdienen. Stimmt das?
    Es würde vielleicht reichen, wenn sie nach ihrer Ausbildung übernommen würde, ich auf das Studium verzichte und auch eine Ausbildung mache. Aber wie gesagt, ich möchte eigentlich nicht auf das Studium verzichten. Man hat mir gesagt, dass ich auf BaFög aus dem gleichen Grund kein Anrecht hätte. Die fragen immer danach, was die Eltern verdienen, und da mein Vater sehr viel verdient, müsste er immer dafür aufkommen. Aber er ist der Meinung, dass wir bei ihnen doch gut aufgehoben wären. Und das Studium würde er mir auch bezahlen (nur wohl nicht, wenn ich ausziehen würde.)
    Und so betrachtet, geht es uns ja auch gut. Wir haben alles, wir werden nicht geschlagen oder angeschrien oder so. Aber wir fühlen uns so erstickt.

    Ich vermute, dass Sie schon viele Gespräche mit Ihren Eltern geführt haben, in denen Sie versucht haben, ihnen zu erklären, wie Sie sich fühlen und was Sie sich wünschen?

    Ja, aber sie verstehen das nicht. Solche Gespräche drehen sich immer nur im Kreis.
    Wir wollen eure Freunde doch nur kennen. - Ihr kennt Jenny seit 12 Jahren. Wieso muss sie ihren Besuch immer noch ankündigen? - Das ist nur höflich. - Manchmal will man einfach spontan miteinander reden. - Dann kann sie ja anrufen. - usw.
    Das geht bei jedem Thema so.

    Hilfreich für solche Gespräche kann es sein, dass Sie Ihren Eltern sagen, dass Sie verstehen, dass diese sich Sorgen machen. Dann beginnt ein Gespräch weniger konfrontativ und ruft nicht gleich die Gegenwehr hervor. Vielleicht fragen Sie Ihre Eltern auch mal, wovor Sie genau Angst haben und warum sie Ihnen nicht vertrauen? Solche Gespräch sollten nicht in Situationen geführt werden, in denen man sich gerade mal wieder streitet, sondern in entspannten Momenten. Vielleicht können Sie Ihren Eltern auch einen Brief schreiben, in dem Sie schildern, wie Sie sich fühlen. Dann haben Ihre Eltern Zeit, darüber nachzudenken und reagieren vielleicht nicht gleich mit Abwehr.

    Hm, ich sage ihnen doch immer ganz genau, was ich mache, wohin ich gehe, wen ich treffe. Das müsste doch reichen, oder? So panisch kann man doch gar nicht sein.
    Und es ist auch vollkommen egal, was und wie ich sage. Egal, ob ich ruhig bin oder traurig oder wütend. Alles prallt an ihnen ab.


    Wenn solche Gespräch bisher nicht funktioniert haben und Sie das Gefühl haben, dass Ihre Eltern Ihnen nicht zuhören und Sie nicht verstehen, gibt es vielleicht jemandem in Ihrer Familie oder dem Bekanntenkreis, dem Sie vertrauen und der Sie unterstützen kann? Ein Tante oder Bekannte Ihrer Eltern? Vielleicht sogar Ihre ältere Schwester?

    Außer meiner Schwester gibt es niemanden. Und sie ist ja in der gleichen Situation.

    Zitat

    Vielleicht schaffen Sie es, sich weitere kleine Freiräume zu schaffen, so wie es bisher schon getan haben, z.B. dass Sie bei Ihrem Freund übernachten, wenn er nicht bei Ihnen übernachten darf, oder dass Sie die Zeit mit Ihren Freundinnen nicht bei sich zu Hause verbringen, sondern bei den Freundinnen.

    Das mache ich natürlich. Aber da rufen sie dann ja auch dauernd an. Wenn ich das Telefon abstelle, wird es noch schlimmer. Dann kommen sie vorbei oder das eine Mal haben sie eben sogar die Polizei gerufen.
    Das ist doch schon ein Kontrollzwang, oder?

  • Hallo Lara,


    danke für die ausführliche Antwort und die Erklärungen.

    So extrem kenne ich das von niemandem. Freundinnen von mir müssen vielleicht fragen, ob jemand bei ihnen übernachten darf oder wenn's mehrere sind. Ich muss aber sogar fragen, wenn eine Freundin nur mal für zwei Stunden zum Plaudern vorbeikommen will.

    Vielleicht ist es in meiner ersten Antwort nicht so deutlich geworden, aber ich halte das kontrollierende und einengende Verhalten Ihrer Eltern so wie Sie es schildern tatsächlich für übertrieben und nicht angemessen. Ich kann also auch gut verstehen, dass es für Sie schwer auszuhalten ist, unter diesen Bedingungen zu leben! Allerdings scheint es ja auch so zu sein, dass es wenig Hoffnung gibt, dass Ihre Eltern Ihr Verhalten ändern, da alle Versuche des vernünftigen Gesprächs nicht fruchten, wie Sie schreiben. Man kann leider andere Menschen nicht zwingen, sich zu ändern, wenn diese keine Einsicht haben, dass sie etwas falsch machen, auch wenn man selbst im Recht ist. Dann kann man nur versuchen, nach Lösungen zu suchen, wie man einigermaßen erträglich mit diesen Menschen auskommen kann.

    Meine Schwester wird genauso kontrolliert. Sie wohnt mit dem Kleinen hier im Haus, weil sie noch in der Ausbildung ist und sich eine eigene Wohnung nicht leisten kann. Das ist ja auch alles ganz schön teuer, weil der Kleine noch mit dazu kommt. Wir haben schon alles Mögliche durchgerechnet, ob wir uns nicht zusammen eine Wohnung nehmen könnten. Beim Wohnungsamt hat man uns gesagt, dass wir kein Anrecht auf einen Zuschuss hätten, weil unsere Eltern zu viel verdienen. Stimmt das?

    Grundsätzlich sind Eltern auch für volljährige Kinder unterhaltspflichtig, was bei entsprechendem Einkommen der Eltern den Bezug von finanziellen Hilfen ausschließen kann. Allerdings gibt es da auch Ausnahmen. Da Ihre Schwester ein Kind hat, könnte Sie z.B. Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben. Welche Möglichkeiten, Hilfen zu beantragen es für Sie und Ihre Schwester konkret gibt, können Sie am besten in einer entsprechenden Beratungsstelle erfragen. In der Regel bieten Wohlfahrtsverbände "Sozialberatungen" an. Dort können Ihnen die MitarbeiterInnen erklären, ob und welche Ansprüche Sie geltend machen können und Sie bekommen dort auch Unterstützung bei der Beantragung. Diese Beratungen sind kostenfrei.


    Sie schreiben, dass Sie sich einen Auszug aus finanziellen Gründen nicht leisten können. Haben Sie sich auch Gedanken darüber gemacht, welche Konsequenzen ein solcher Auszug sonst noch mit sich bringt (Betreuung des Kindes Ihrer Schwester, Auswirkungen auf das Verhältnis zu Ihren Eltern,...)?

    Und so betrachtet, geht es uns ja auch gut. Wir haben alles, wir werden nicht geschlagen oder angeschrien oder so. Aber wir fühlen uns so erstickt.

    Es gibt ja offenbar auch positive Aspekte an der jetzigen Wohn- und Lebenssituation?! Manchaml hilft es, sich eine Pro- und Kontraliste zu machen. Was ist gut, was ist schlecht. Das bringt Klarheit in die eigene Wahrnehmung, da man sonst leicht dazu neigt, sich nur auf das Negative zu konzentrieren.


    Lassen Sie sich nicht unterkriegen!


    Anne

  • Hallo Lara,


    ich heiße Sie ebenfalls herzlich willkommen hier im Forum. Ihr Thema/ Anliegen ist hier genau richtig aufgehoben. Ich hoffe außerdem, dass auch andere Forumnutzer, die selbst Eltern sind, Ihr Anliegen lesen und Sie vielleicht sogar durch Beiträge unterstützen. Ich finde es sehr wichtig, sich als Eltern in die Lage der (eigenen) Kinder zu versetzen. Und ja, auch Eltern machen Fehler. Wir sind alle Menschen.


    Und so, wie Sie Ihre Situation beschreiben, klingt es in der Tat danach, dass Ihre Eltern Sie auf eine extreme Art kontrollieren wollen, die über das wohlgemeinte Ziel hinausschießt. Ob dies aus extremer Sorge geschieht, weil Ihre Eltern Schwierigkeiten damit haben, dass Sie erwachsen werden und Ihr eigenes Leben leben wollen, weil Ihre Eltern Angst haben, Sie zu verlieren, weil Sie nicht mehr das kleine Mädchen sind, weil sie Sorge haben, Sie könnten auch so jung Mutter werden wie Ihre Schwester... wie auch immer, was auch immer.
    Fakt ist: Sie leiden darunter! Und das darf nicht sein.


    Wenn ich Ihre Zeilen lese, schnürt sich meine Brust zu, als würde ich selbst diese Enge spüren können, die Sie vermutlich fühlen. Die Situation, wie Sie sie beschreiben, nimmt einem die Luft zum Atmen, wirkt erdrückend und erniedrigend.
    Ich bedaure sehr, zu lesen, wie es Ihnen ergeht - und ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als ich selbst in Ihrem Alter war und mit ähnlich strengen und ängstlichen Eltern zu kämpfen hatte.


    Wie meine Kollegin Anne bereits feststellte, kann und sollte es nicht das Ziel sein, dass Sie Ihre Zukunftspläne verwerfen, um aus dieser Situation zu flüchten. Andererseits gilt es allerdings, dass Sie gut auf sich achten und nicht um jeden Preis diese Situation aushalten.


    Ich frage mich auch, wie Anne bereits, ob es jemanden gibt, eine Verwandte oder einen Verwandten, eine Bekannte Ihrer Eltern, die Sie unterstützen oder zumindest vermitteln könnte, als eine Art Moderator/in bzw. Mediator/in auftreten könnte. Eine weitere Option wäre, dass Sie sich an eine Beratungsstelle für Frauen wenden, um sich dort Unterstützung zu holen.


    Wichtig finde ich, dass Sie sich weiter (kleine) Freiräume schaffen und diese notfalls auch erkämpfen.
    Sei es, dass Sie bei Ihrem Freund übernachten, sich bei Ihren Freundinnen und nicht zu Hause zu treffen, dass Sie einfach mal nicht ans Telefon gehen und dies aushalten, auch wenn Ihre Eltern dann womöglich penetrant versuchen, Sie ans Telefon zu bekommen. Auch, dass Sie sich nicht auf Diskussionen einlassen, wenn Sie sich mit Freunden treffen oder ausgehen, sondern freundlich sagen, wie Sie es ja ohnehin bereits tun, wo Sie hingehen und wie lange Sie in etwa weg bleiben werden - und wenn dann Kontrollanrufe kommen, gehen Sie entweder nicht ran oder sagen sachlich, kurz und knapp, dass Sie Bescheid gesagt hatten, dass es Ihnen gut geht und dass Sie keine weitere Störung wollen - und dann verabschieden Sie sich und legen wieder auf.


    Geben Sie nicht auf und schaffen Sie sich Ihre Freiräume - zum Atmen, Durchatmen und zum Leben!
    Kämpfen Sie. Seien Sie mutig. Bleiben Sie freundlich, aber setzen Sie Grenzen!


    Normalerweise ist das ja eine klassische Aussage, die man Eltern in Ihrer Erziehung ihrer Kinder gibt. Aber auch Sie haben das Recht, Grenzen zu setzen!!!
    Sie müssen sich nicht alles gefallen lassen und nicht alles ertragen. Sie dürfen auch mal "nein" sagen und Grenzen setzen. Doch bleiben Sie insgesamt freundlich bzw. höflich, damit meine ich respektvoll, auch wenn Sie wütend sind.


    Ich wünsche Ihnen viel Kraft und den Mut, sich in kleinen Schritten und dennoch wertschätzend, gegen Ihre Eltern und diese schreckliche Enge aufzulehnen - dass Sie leben und atmen können!

  • Grundsätzlich sind Eltern auch für volljährige Kinder unterhaltspflichtig, was bei entsprechendem Einkommen der Eltern den Bezug von finanziellen Hilfen ausschließen kann. Allerdings gibt es da auch Ausnahmen. Da Ihre Schwester ein Kind hat, könnte Sie z.B. Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben. Welche Möglichkeiten, Hilfen zu beantragen es für Sie und Ihre Schwester konkret gibt, können Sie am besten in einer entsprechenden Beratungsstelle erfragen. In der Regel bieten Wohlfahrtsverbände "Sozialberatungen" an. Dort können Ihnen die MitarbeiterInnen erklären, ob und welche Ansprüche Sie geltend machen können und Sie bekommen dort auch Unterstützung bei der Beantragung. Diese Beratungen sind kostenfrei.

    An wen können wir uns denn genau wenden? Wir waren beim Sozialamt und dort wurde uns gesagt, dass wir kein Anrecht auf Zuschüsse haben, weil unser Vater zu viel verdient. Allerdings hat uns die Frau dort nicht wirklich zugehört, fand ich zumindest.

    Sie schreiben, dass Sie sich einen Auszug aus finanziellen Gründen nicht leisten können. Haben Sie sich auch Gedanken darüber gemacht, welche Konsequenzen ein solcher Auszug sonst noch mit sich bringt (Betreuung des Kindes Ihrer Schwester, Auswirkungen auf das Verhältnis zu Ihren Eltern,...)?

    Die Betreuung von dem Kleinen wird sicher schwierig. Und mir ist nicht wirklich klar, wie das funktionieren soll. Kann man da auch Unterstützung bekommen? Denn ich glaube schon, dass es besser wäre, wenn meine Schwester das irgendwie selbst macht. Meine Mutter mischt sich da auch viel zu sehr ein. Sie nimmt den Kleinen total in Beschlag, sogar wenn meine Schwester nicht arbeitet. Sie war total beleidigt, dass meine Schwester ab diesem Sommer einen Kindergartenplatz hat. Es hat ewig gedauert, meinen Vater dazu zu überreden, was dazu zu geben, denn der Platz ist leider sehr teuer. Meine Schwester wollte einen anderen Kindergarten, hat da aber keinen Platz bekommen. So ist es der bessere geworden, aber der kostet auch mehr. Wie wir das bezahlen sollten, wenn wir ausziehen würden, weiß ich auch nicht.


    Ich denke, das Verhältnis zu meinen Eltern würde sicher schwierig werden, würden wir tatsächlich ausziehen, aber wenn wir anders nie das machen können, was wir gern möchten ...

    Es gibt ja offenbar auch positive Aspekte an der jetzigen Wohn- und Lebenssituation?! Manchaml hilft es, sich eine Pro- und Kontraliste zu machen. Was ist gut, was ist schlecht. Das bringt Klarheit in die eigene Wahrnehmung, da man sonst leicht dazu neigt, sich nur auf das Negative zu konzentrieren.

    Na ja, im Vergleich zu anderen Kindern geht es uns eben gut. Wir haben ein großes Haus, jeder ein eigenes Zimmer. Es gibt genug zu essen. Wenn wir lange genug diskutieren, bekommen wir einige der Sachen, die wir gern haben möchten (natürlich nicht die, die wir tatsächlich gern hätten, aber es gibt ja auch Kinder, die praktisch gar nichts haben, weil die Eltern sich das nicht leisten können). Wir können Hobbys finanzieren (die, die ihnen in den Kram passen, aber andere können nicht mal Fußball spielen, weil die Schuhe zu teuer sind). Wir können eine gute Ausbildung machen. Unsere Eltern trinken nicht, sind nicht laut oder gewalttätig. Sie diskutieren einen nur zu Tode.
    Ich weiß, dass nicht jeder so eine Chance hat. Aber der Preis dafür ist eben die totale Kontrolle. Da geht es nicht bloß um Freunde oder ausgehen. Es geht um Kleidung, Schminken, Fernsehprogramm, Musik, Hobbys, Interessen, Schule, Zimmereinrichtung, einfach alles.


    Zum Beispiel habe ich vor kurzem meinen Sitz im Schülerrat aufgegeben. Die Teamarbeit funktionierte da nicht. Die Arbeit blieb immer bei mir und einem Jungen hängen. Wir haben alles mögliche ausgearbeitet und organisiert und am Ende halfen dann 2, 3 Leute halbherzig mit. Den Rest konnten wir allein machen. Besonders der Schülersprecher und sein Stellvertreter glänzten immer durch Nichtteilnahme. Als wir zwei das dann bei einer Sitzung angesprochen haben, gabs jede Menge Stress. Wir haben ein paar Bedingungen gestellt, die die anderen nicht erfüllen wollten, weil sie dann mal was hätten tun müssen. Als Konsequenz haben wir das Amt eben aufgegeben.
    Als mein Vater davon hörte, hat er erst beim Schülersprecher angerufen und verlangt, dass er und der Rest des Rates mal genau nachdenken sollten, was sie da tun. Dann hat er noch beim Rektor angerufen und verlangt, dass die Schülersprecherwahl wiederholt wird und all solche Sachen.


    Wieso mischt er sich in so was ein? Das geht ihn doch überhaupt nichts an. Es ist doch meine Sache, ob ich mich da engagieren will oder nicht. Und in eine blöde Lage bringt er mich dazu auch noch.
    Ja, meinte er, mir hätte das ja immer Spaß gemacht.
    Mir hat das aber nur Spaß gemacht, solange andere mitgemacht haben. Und wenn die nicht wollen, dann kann man das nicht erzwingen.
    Man braucht aber auch nicht gleich aufgeben.
    Haben wir ja auch nicht gleich. Wir haben das sehr lange gemacht und oft angesprochen. Jetzt muss man die Dinge mal laufen lassen. Die anderen Schüler werden sehr bald merken, dass da keiner mehr ist, der Projektwochen oder Schulfeste organisiert. Wenn sie das zurück haben wollen, werden sie schon reagieren. Wenn nicht, dann braucht man sich keine Mühe machen.
    Ja, aber ...
    Der versucht einen immer zu etwas zu quatschen, was man selbst gar nicht unbedingt möchte.

  • Hallo Klara,

    Ich bedaure sehr, zu lesen, wie es Ihnen ergeht - und ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als ich selbst in Ihrem Alter war und mit ähnlich strengen und ängstlichen Eltern zu kämpfen hatte.

    Was haben Sie dagegen gemacht?

    Ich frage mich auch, wie Anne bereits, ob es jemanden gibt, eine Verwandte oder einen Verwandten, eine Bekannte Ihrer Eltern, die Sie unterstützen oder zumindest vermitteln könnte, als eine Art Moderator/in bzw. Mediator/in auftreten könnte. Eine weitere Option wäre, dass Sie sich an eine Beratungsstelle für Frauen wenden, um sich dort Unterstützung zu holen.

    Da gibt es niemanden.
    An was für eine Stelle kann man sich denn wenden?

  • Liebe Lara,


    ich kann sehr gut nachvollziehen, in welch "peinliche" Lage Ihr Vater Sie durch seine Einmischung gebracht hat. An sich ist es toll, einen Vater zu haben, der hinter seinen Kindern steht, der sich für seine Kinder einsetzt. Aber: Es ist nicht in Ordnung, wenn er das ohne Ihre Zustimmung macht!
    Er nimmt Ihnen damit Ihre persönliche Verantwortung weg. Er läßt Sie dadurch keine eigene Verantwortung übernehmen. Und Verantwortung zu übernehmen ist der wichtigste Schritt auf dem Weg, erwachsen zu werden.
    Wie Sie als Schülerrätin reagiert und agiert haben, finde ich absolut in Ordnung und Sie beschreiben da ein sehr klares und auch konsequentes Verhalten. Sie haben ganz klar Grenzen gesetzt "Bis hier hin und nicht weiter!". Im Grunde haben Sie an Ihrer Schule genau das Verhalten gezeigt und umgesetzt, dass Sie zu Hause nicht tun bzw. nicht durchsetzen können. ;)
    Haben Sie Ihrem Vater denn gesagt, in welche unschöne Situation er Sie durch seine Einmischung gebracht hat? Haben Sie ihm gesagt, dass Sie selbst Verantwortung übernehmen wollen und dies auch können? Dass Sie es sehr zu schätzen wissen, dass er hinter Ihnen steht, sich für Sie einsetzen will, aber dass Sie sich wünschen, dass er dies in Zukunft nur noch dann tut, wenn Sie seine Unterstützung tatsächlich wünschen und brauchen? Sie sind 18 Jahre alt!


    Sie fragen, wie ich mich damals mit meinen strengen Eltern arrangiert habe, was ich gemacht habe.
    Ich muss sagen, auch ich habe abgewägt und mir überlegt, was ich alles habe, was alles positiv ist.
    Genau wie Sie. ;) Auffallend ist eben, dass alles, was Sie an positiven Dingen aufzählen, materielle Dinge sind. Aber was ist mit Ihrer Psyche, Ihrer Seele?
    Auch wenn Ihre Eltern Sie weder schlagen, noch trinken, es ist eine Form von psychischer Gewalt, die Sie Ihnen antun, auch wenn Ihren Eltern das offenbar überhaupt nicht bewusst ist.
    Sie schränken Sie ein, lassen Ihnen keine Freiheit, erlauben Ihnen keine Verantwortung, sondern kontrollieren, wann und wo immer es möglich ist. Das ist nicht in Ordnung!


    Ich habe mir selbst meine kleinen Freiheiten erkämpft, habe mir auch einen Nebenjob gesucht, hatte mein eigenes Konto, habe mich mit Freundinnen getroffen und nicht bei mir zu Hause.
    Und ich habe, weil ich mir nicht anders zu helfen wußte, auch heimlich Dinge getan. Dies würde ich Ihnen aber nicht empfehlen. Ich habe viel mit meinen Eltern diskutiert, regelrecht gestritten, habe mich auf Gespräche mit sachlichen Argumenten vorbereitet, weil ich nicht zu emotional reagieren wollte, sondern Ihnen klarmachen wollte, was wo im Argen liegt.
    Letztlich bin ich ausgezogen nach meinem Abitur, habe beim Landratsamt/ Kindergeldkasse einen Antrag auf Umleitung meines Kindergelds gestellt, sodass ich dieses direkt auf mein Konto überwiesen bekommen habe. Ich bin damals zu meinem Freund gezogen. Ich habe nach dem Abitur zunächst eine Art FSJ gemacht, weil ich mir klarwerden wollte und mußte, was ich eigentlich wirklich machen will. Habe gejobbt, um genug Geld zu verdienen.
    Und ich hatte glücklicherweise eine Vertraute, meine Großmutter, mit der ich reden konnte, der ich mich anvertrauen konnte und die mich damit unterstützt hat.


    Ich weiß leider nicht, wo Sie wohnen, sodass ich Ihnen keine konkreten Beratungsstellen empfehlen kann.
    Aber so wie Anne gesagt hat, gibt es Sozialberatungsstellen. Von wem genau, müßten Sie recherchieren.
    Auch möglich wäre, sich an einen Schulsozialarbeiter zu wenden, wenn es so etwas an Ihrer Schule gibt. Oder an die Mobile Jugendarbeit, auch die beraten und unterstützen. Ebenso möglich sind Beratungsstellen speziell für Mädchen und Frauen. Alle Beratungsstellen haben Schweigepflicht und werden erst aktiv, wenn Sie es wünschen. Dort können Sie sich anvertrauen, Ihre Lage schildern und bekommen auch Unterstützung darin, welche Unterstützungsmöglichkeiten (finanziell) es für Sie gibt.


    Also werden Sie aktiv und kämpfen Sie um Ihre Freiheiten und darum, Ihr Leben selbst in die Hand nehmen zu dürfen. Alles Gute!

  • Hallo Lara,


    Sie fragen nach Unterstützungsmöglichkeiten für Ihre Schwester wegen der Betreuung des Kindes.


    Ihre Schwester könnte sich an das Jugendamt wenden. Dort könnte sie sich über die Finanzierung des Kindergartenplatzes sowie über Möglichkeiten einer Unterstützung bei der Betreuung des Kindes im Falle eines Auszuges beraten lassen (möglicherweise kann sie eine Tagesmutter bekommen). Beim Jugendamt können Sie auch erfragen, wo es bei Ihnen am Wohnort Beratungsstellen für Sozialberatung gibt.


    Wieso mischt er sich in so was ein? Das geht ihn doch überhaupt nichts an. Es ist doch meine Sache, ob ich mich da engagieren will oder nicht.

    Richtig! Und Sie sind sehr gut in der Lage, zu entscheiden, was Sie wollen und was nicht. Bei allen Schwierigkeiten, die Sie haben, wirken Sie auf mich sehr selbstbewusst und erwachsen. Das finde ich bewundernswert. Ich finde auch bewundernswert, dass Sie sehen können, dass es anderen schlechter geht als Ihnen (womit ich Ihre Situation keinesfalls bagatellisieren will :!: ).


    Ich wünsche Ihnen, dass Sie die richtigen Entscheidungen treffen werden!


    Anne

  • Zitat

    Haben Sie Ihrem Vater denn gesagt, in welche unschöne Situation er Sie durch seine Einmischung gebracht hat? Haben Sie ihm gesagt, dass Sie selbst Verantwortung übernehmen wollen und dies auch können? Dass Sie es sehr zu schätzen wissen, dass er hinter Ihnen steht, sich für Sie einsetzen will, aber dass Sie sich wünschen, dass er dies in Zukunft nur noch dann tut, wenn Sie seine Unterstützung tatsächlich wünschen und brauchen? Sie sind 18 Jahre alt!

    Das sage ich ihm immer wieder. Jedes Mal, wenn so was vor kommt. Denn das war nur ein Beispiel von vielen Dingen. Aber es nützt einfach nichts. Das nächste Mal mischt er sich wieder ein. Oder meine Mutter tut es. Einer von beiden hängt sich immer in irgendwas rein, was sie eigentlich nichts angeht.
    Vieles erzähle ich schon gar nicht mehr. Wenn sie es dann doch irgendwie mitbekommen, weil sie ja ständig rumschnüffeln, sind sie "enttäuscht" und mischen sich trotzdem ein. Wenn ich ihnen sage, dass ich ihnen nichts erzählt habe, weil ich nicht wollte, dass sie sich mal wieder einmischen, sind sie beleidigt.

    Auffallend ist eben, dass alles, was Sie an positiven Dingen aufzählen, materielle Dinge sind. Aber was ist mit Ihrer Psyche, Ihrer Seele?

    Viel mehr als materielle Dinge und Wissensvermittlung machen sie auch nicht. Am besten komme ich mit meinem Vater aus, wenn ich ihn etwas Fachliches frage. Also etwas, das mit Wissen zu tun hat.
    Mit meiner Mutter komme ich am besten aus, wenn es um soziale Themen geht. Sie macht so Charity-Sachen. Da helfe ich auch oft mit.
    Aber auf der persönlichen Ebene haben wir überhaupt keinen Zugang zueinander. Sie scheinen gar nicht verstehen zu wollen, dass meine Schwester und ich auch mal was ohne sie machen und entscheiden wollen.

    Ich habe mir selbst meine kleinen Freiheiten erkämpft, habe mir auch einen Nebenjob gesucht, hatte mein eigenes Konto, habe mich mit Freundinnen getroffen und nicht bei mir zu Hause.
    Und ich habe, weil ich mir nicht anders zu helfen wußte, auch heimlich Dinge getan. Dies würde ich Ihnen aber nicht empfehlen. Ich habe viel mit meinen Eltern diskutiert, regelrecht gestritten, habe mich auf Gespräche mit sachlichen Argumenten vorbereitet, weil ich nicht zu emotional reagieren wollte, sondern Ihnen klarmachen wollte, was wo im Argen liegt.

    Ich habe viel gelogen und heimlich gemacht, als ich so 13/14 war. Um überhaupt mal was "Normales" und eigenes machen zu können. Bei meiner Schwester war das noch viel krasser. Sie ist auch mehrfach dabei erwischt worden, was es dann noch schlimmer gemacht hat. Bei ihr endete es dann in der Schwangerschaft.
    Ich bin nie erwischt worden, aber ich habe bei meiner Schwester gesehen, dass diese Art der Rebellion nicht funktionieren wird.
    Irgendwann habe ich angefangen, sehr offen zu sagen, was ich möchte und es dann einfach zu tun. Damit kommen sie nicht so gut klar. Aber weit gekommen bin ich damit auch nicht. Sie schaffen es ja trotzdem immer wieder, mich zu kontrollieren und mir den Spaß zu verderben.

    Ich weiß leider nicht, wo Sie wohnen, sodass ich Ihnen keine konkreten Beratungsstellen empfehlen kann.
    Aber so wie Anne gesagt hat, gibt es Sozialberatungsstellen. Von wem genau, müßten Sie recherchieren.
    Auch möglich wäre, sich an einen Schulsozialarbeiter zu wenden, wenn es so etwas an Ihrer Schule gibt.

    In Hamburg Övelgönne. Ich weiß nicht, an wen ich mich da wenden könnte. An der Schule gibt es so was jedenfalls nicht. Da muss ich eher aufpassen, nicht was Falsches zum Falschen zu sagen, weil das dann wieder bei meinen Eltern landet.

  • Zitat

    Richtig! Und Sie sind sehr gut in der Lage, zu entscheiden, was Sie wollen und was nicht. Bei allen Schwierigkeiten, die Sie haben, wirken Sie auf mich sehr selbstbewusst und erwachsen. Das finde ich bewundernswert. Ich finde auch bewundernswert, dass Sie sehen können, dass es anderen schlechter geht als Ihnen (womit ich Ihre Situation keinesfalls bagatellisieren will :!: ).

    Na ja, was so Ämter angeht, eher nicht. Da fühle ich mich ziemlich dumm und hilflos. *lach*

  • Hallo Lara,

    Na ja, was so Ämter angeht, eher nicht. Da fühle ich mich ziemlich dumm und hilflos. *lach*

    Da geht es Ihnen nicht alleine so! Und in Ihrem Alter ist das auch kein Wunder, da Sie ja kaum Erfahrungen mit Ämtern und Behörden haben. Leider ist die Atmosphäre in Ämtern ja auch oft nicht so, dass man sich wohl und souverän fühlt, aber das übt sich (wie so vieles anderes auch im Leben!). Lassen Sie sich davon nicht einschüchtern! :thumbup:


    Anne

  • Ich möchte mich nur kurz in die bisherige Beratung einklinken und erneut einen Tipp von Klara erinnern:
    Sprechen Sie mit einem Schulsozialarbeiter. Er, sowie alle anderen beratenden und medizinischen Helfer/innen unterliegen bei Volljährigkeit der Schweigepflicht im Sinne des Datenschutzes.


    Um herauszufinden, welche Beratungsstellen für Ihre Themen in Frage kommen, wo Sie bedarfsgerechte Hilfe, Begleitung und Unterstützung bekommen, ist eine regionale Internetrecherche sinnvoll (z.B. auf der Seite des Jugendamtes, bei der Agentur für Arbeit, bei großen Trägerschaften, wie z.B. Stadt, AWO, Diakonie, Caritas). In Frauenberatungsstellen erhalten Sie meist zu allen Themen Beratung, die Frauen beschäftigen (Ausbildung, Weiterbildung, Arbeit, Finanzen, Gesundheit, Soziales...Spezifische Schwerpunkte: Migrationshintergrund, Gewalterfahrung, gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Wechseljahre usw. ). Meist liegen dort bereits in den Vorräumen Broschüren und Flyer mit hilfreichen Kontaktstellen zu verschiedenen Themen aus. Zudem erhalten Sie dort meistens bereits im Erstgespräch weiterführende Informationen und Kontaktdaten für Ansprechpartnerinnen.


    Ich wünsche Ihnen weiterhin (wie hier im Forum! ;) ) den Mut, Ihren Weg zu gehen und sich bei Bedarf Begleitung und Unterstützung zu holen.


    Viel Erfolg und alles Gute hierfür

  • Liebe Lara,


    danke für die Informationen. Und danke an Marion für die ergänzenden Informationen zum Thema Beratungsstellen.
    In Hamburg wären dies hier eventuell hilfreiche Adressen für Sie:
    - http://www.bifff.de/ - Frauenberatungsstelle
    - https://jugend.bke-beratung.de/views/home/index.html
    - http://www.mobi-eidelstedt.org/angebot/
    - http://www.hamburg.de/branchenbuch/hamburg/10237836/n0/


    Und wie bereits Marion angemerkt hat: Alle Beratungsangebote, auch das Gespräch mit dem Schulsozialarbeiter, obliegt der Schweigepflicht, da Sie ja bereits volljährig sind.


    Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft und Mut, Ihren Weg zu gehen.
    Holen Sie sich Unterstützung.

  • Hallo,


    wie schon gesagt, gibt es an unserer Schule keinen Psychologen oder Berater. Das ist ja so eine "tolle" Privatschule, die brauchen so was nicht. ;) Da hat niemand Probleme zu haben.
    Aber ich war jetzt bei verschiedenen Stellen bzw. zusammen mit meiner Schwester, als sie einen freien Nachmittag hatte.
    Alles nicht so einfach. Die waren zwar so alle ganz nett, aber konkrete Lösungen gibt es kaum. Meistens kommt: "Ihr solltet noch mal mit euren Eltern reden", wenn man ihnen klar macht, dass das sinnlos ist, wird es trotzdem später noch mal erwähnt. Es gibt nun mal Situationen, in denen reden sinnlos ist. Unsere Eltern sind doch immer bloß beleidigt, dass wir was anderes wollen als sie. Mehr kommt da nie bei raus.


    Uns wird nichts anderes übrig bleiben, als zu warten, bis meine Schwester ihre Ausbildung und ich die Schule beendet habe. Erst dann ist es für uns realistisch, eine Wohnung samt Leben für uns und den Kleinen finanzieren zu können, auch wenn ich dann studiere. Ob ich Unterstützung für das Studium kriegen kann, falls mein Vater es mir nicht zahlen sollte, ist noch nicht ganz raus. Aber notfalls könnte ich dafür mein Sparbuch nehmen. Da ist ziemlich viel Geld drauf und ich suche mir eben einen Nebenjob.
    Also noch ein Jahr warten und irgendwie durchhalten. ;(

  • Hallo Lara,


    schön, dass Sie noch mal berichtet haben, wie es bei Ihnen weitergegangen ist.


    Manchmal gibt es im Leben nicht die Lösungen, die man sich wünscht. Das ist schade und traurig. Ich habe aber den Eindruck, dass Sie eine ganz realistische Sicht der Dinge haben und sich mit der Situation, wie sie ist, arrangieren können. Das zeugt von Stärke, Kompliment!


    Gut ist, dass Sie losgegangen sind und sich informiert haben. Sie haben dadurch Erfahrungen gesammelt und haben überprüfen können, welche Möglichkeiten es für Sie gibt. Auch wenn das Ergebnis unbefriedigend ist, Sie haben es wenigstens versucht!


    Ich wünsche Ihnen, dass das Jahr wie im Fluge vergeht!


    Anne

  • Hallo Lara,
    ich freue mich zu lesen, wie Ihre Geschchte weitergeht.
    Was mir gefällt ist, dass Sie aktiv geworden sind und Kontakt zu Beratungsstellen aufgenommen haben.
    Schade ist, dass Sie keine für Sie befriedigende Antwort und Unterstützung erhalten haben.
    Die Aussage: "Sie sollten noch einmal mit Ihren Eltern reden" war sicher ernüchternd für Sie.
    Ich denke selbst auch, dass Sie nicht aufgeben sollten und so lange Sie zu Hause bei Ihren Eltern wohnen, werden Sie sich auch vor der Kommunikation mit Ihren Eltern nicht drücken können ;)
    Ich kann hier nur noch einmal auf meine Worte hinweisen: Erkämpfen Sie sich weiterhin Ihre persönlichen kleinen Freiheiten. Geben Sie nicht auf!


    Interessant finde ich Ihre Aussage, dass Sie wohl einiges an Geld gespart haben.
    Da Sie bereits volljährig sind, haben alle Beratungsstellen absolute Schweigepflicht und Sie haben zudem die Möglichkeit, freiberufliche Berater gegen Honorar/ Rechnung zu nutzen. Auch diese unterliegen der Schweigeplicht.
    Vielleicht haben Sie ja Interesse, einen Coach (systemische Beratung) auszusuchen oder einen Familientherapeuten, bei dem Sie eine Familienaufstellung ganz allein für sich nutzen könnten.
    Ich könnte mir vorstellen, dass solch eine Art von Beratung Ihnen weiterhelfen könnte, einen guten Weg für sich zu finden, wie Sie mit der momentanen Situation, aus der Sie ganz offensichtlich nicht so einfach "entrinnen" können, gut umgehen können.


    Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute, viel Mut und Kraft, für Ihre eigenen WÜnsche und Bedürfnisse einzustehen!

  • Hallo Lara,


    das ist ja echt ein schwierige Situation. Deine Eltern können und wollen offenbar nicht akzeptieren, dass du erwachsen wirst und ihnen klar zu machen, dass du mehr Entscheidungen für dich treffen musst und deine eigenen Dinge tust, das wird sicherlich sehr schwer.


    Ich bin selbst Mutter , mein Sohn ist 18, und es war wirklich schwer zu sehen, dass es sich langsam von mir "abnabelt". Aber du musst mit deinen Elterne in klares Wort reden.


    Ich weiss nicht, ob oder wie oft ihr das schon besprochen habt, aber vielleicht brauchst du noch eine unabhängige Person bei dem Gespräch.
    Habt ihr zum Beispiel einen Schulpsychologen oder einen Vertrauenslehrer, an den du dich wenden kannst. Denn früher Fachabi zu machen, nur damit du da raus kommst, ist eine schlechte Alternative! +


    Auch wäre eine Familientherapie gut, damit deine Eltern dir auch sagen können, warum sie sich solche Sorgen machen und was sie sich wünschen. Und dann gäbe es eine unabhängige Person, die ihnen klarmacht, dass sie zu viel klammern und du langsam erwachsen bist.


    Wenn alle Stricke reißen und du wirklich ernsthaft über einen Auszug nachdenkst, dann musst du mit deinen Eltern notfalls auch darüber reden. Beim Jugendamt bekommst du auch Hilfe und Unterstützung.
    Es gibt Schülerbafög zum Beispiel, was dich fianziell entlasten würde.


    Aber treff diese Entscheidungen nicht alleine, sondern such dir einen Erwachsenen, der dich unterstützt und dir hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

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