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Was Abiturienten vom Studium abhält

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Eine gute Abiturnote erhöht die Wahrscheinlichkeit, ein Studium aufzunehmen. So ist die Studierneigung eines Studienberechtigten mit einem Einserabitur rund 34 Prozent höher als die eines Studienberechtigten mit einer Abiturnote von 3,0. Da sich die Verteilung der Abiturnoten von Bundesland zu Bundesland stark unterscheidet, schätzen sich unterschiedlich viele Abiturienten als kompetent für ein Studium ein. In Nordrhein-Westfalen haben beispielsweise 28 Prozent aller Studienberechtigten einen Abiturschnitt von 3,0 oder schlechter, in Baden-Württemberg 16 Prozent, in Thüringen nur 9 Prozent.

Unterschiedliche Abinoten – unterschiedliche Benotungspraxis

Das Problem: Noten sagen wenig über erworbene Kompetenzen aus, die sich oft nicht mit den erzielten Abiturnoten im Bundesländervergleich decken. Berechnungen der Autoren ergaben zum Beispiel, dass die besten Abiturnoten nicht in den Bundesländern erzielt wurden, in denen die Gymnasiasten drei Jahre zuvor auch die besten Lesekompetenzen hatten. Die Unterschiede bei den Abiturnoten führen die Autoren auf eine unterschiedliche Benotungspraxis in den Bundesländern zurück.

Anders als die Forscher vermuteten, orientieren sich Studienberechtigte bei der Einschätzung der eigenen Kompetenz nicht am Notendurchschnitt ihrer Mitschüler. „Vielmehr scheint es eine über alle Bundesländer hinweg geltende Vorstellung darüber zu geben, mit welcher Abiturnote man ein Studium erfolgreich absolvieren kann", sagt Mitautor Marcel Helbig.

Entfernung zur Hochschule beeinflusst Entscheidung

Die Entfernung zur nächsten Hochschule verstärkt den Einfluss der Abiturnote auf die Studierneigung. Ist die Hochschule weiter vom Wohnort entfernt, lassen sich Studienberechtigte mit einem Abiturschnitt von 2,4 und schlechter eher von einem Studium abhalten. Unterschiede gibt es zwischen den neuen und alten Bundesländern: Während in Westdeutschland bereits bei einer Entfernung von 10 Kilometern eine deutlich niedrigere Studierneigung festzustellen ist, sinkt sie in den neuen Bundesländern erst ab 40 Kilometern. Die ökonomische Situation des Elternhauses spielt entgegen der Erwartung der Forscher eine untergeordnete Rolle.

Weitere interessante Ergebnisse der Studie

• Die soziale Herkunft hat auf die Studierneigung deutlich weniger Einfluss als im früheren Bildungsverlauf, wie zum Beispiel beim Übergang in die weiterführenden Schulen.
• Migranten wollen häufiger studieren als Studienberechtigte ohne Migrationshintergrund. Ihre Studierneigung ist im Bundesdurchschnitt 9 Prozentpunkte höher.
• Studienberechtigte lassen sich von den Studienwünschen ihrer Mitschüler leiten. Je mehr Mitschüler ein halbes Jahr vor Erwerb der Hochschulberechtigung ein Studium anstreben, desto eher entscheiden sich zuvor unentschlossene Schüler nach dem Schulabschluss für ein Studium.
• Frauen streben seltener ein Studium an als Männer. Besonders unter ungünstigen Umständen (zum Beispiel niedrige Bildung und berufliche Stellung der Eltern) verzichten sie auf ein Studium.
• In Stadt- und Landkreisen mit hoher Arbeitslosigkeit ist die Studierneigung besonders niedrig.

Für die Studie haben die Forscher die Studienberechtigtenpanels des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) der Jahre 1999 bis 2010 ausgewertet. Untersucht wurde, ob Studienberechtigte ein halbes Jahr nach Erwerb der Hochschulreife studieren oder dieses fest planen.
Die Studie ist als WZB Discussion Paper erschienen: Marcel Helbig, Stefanie Jähnen, Anna Marczuk: Bundesländerunterschiede bei der Studienaufnahme, WZB Disucssion Paper, P 2015-001, Februar 2015, 124 Seiten (PDF)

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