Weitere Erziehungs-News

Motorische Defizite bei Kindern

von Redaktionsassistenz

Kinder vor dem PC

Laut einer Forsa-Umfrage unter Kinderärzten haben immer weniger Kinder ausreichend Bewegung, was zu motorischen Defiziten und Übergewicht führt. Vor allem wenn Kinder viel Zeit vor Fernseher, Spielkonsole oder Computer verbringen, sinkt die Chance, dass sie Sport treiben.

Wer im Frühherbst an den immer noch gut besuchten Kinderspielplätzen vorüber geht, mag nicht so recht daran glauben, dass die Motorik der Kinder generell vermeintlich immer schlechter wird. Die kletternden und tobenden Kinder dort geben keinerlei Hinweis auf etwaige motorische Defizite. Trotzdem gibt es sie, angefangen bei den eher grobmotorischen Aktivitäten – wie etwa das Laufen oder Schwimmen – bis hin zu feinmotorischen Tätigkeiten, wie dem Schreiben per Hand.

 

Gründe für motorische Defizite bei Kindern

Wo die mangelnden körperlichen Fähigkeiten herrühren, lässt sich ganz banal erstmal mit der Feststellung beantworten – sie resultieren aus zu wenig Bewegung im Allgemeinen. Dabei ist Unlust der am wenigsten wahrscheinliche Grund, vielmehr spielen z.B. eingeschränkte räumliche Möglichkeiten eine bedeutsame Rolle. Stadtkinder sind davon durch ihren Lebensraum deutlich stärker betroffen, als solche, die in ländlicheren Gegenden groß werden. Innerstädtisch ist es oftmals nicht ohne weitere Schwierigkeiten möglich, die Kleinen draußen herumtollen zu lassen.

So fand die Studie KiGGS des Robert-Koch-Instituts heraus, dass Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigem Sozialstatus seltener sportlich aktiv und auch weniger häufig in Sportvereinen organisiert sind, wie solche mit einem höheren Sozialstatus.

Dazu kommt die steigende Zahl der Freizeitgestaltungsmöglichkeiten, für die das Haus gar nicht erst verlassen werden muss und die Stadt- wie auch Landkinder betrifft. Statt Fahrradfahren rücken Videospiele und andere technische Unterhaltungsmedien in den Vordergrund. Immer mehr Kinder können mit dem PC umgehen, immer weniger jedoch schwimmen. Die wiederholte Forderung nach mehr Technikkompetenz trägt weiterhin dazu bei, die Kinder früher an solche Mittel heranzuführen, während körperliche Kompetenzen vernachlässigt werden. Zwar sind moderne Spielekonsolen inzwischen technisch so weit, dass sie durchaus Bewegungsaspekte berücksichtigen, eine Alternative zu richtiger Bewegung können sie dennoch nicht sein.

Eine große Rolle spielen daneben die Eltern. Sie fungieren in ihrer eigenen Mobilität als Vorbild und begleiten zumindest die frühesten Stufen der motorischen Entwicklung zu Hause, bevor die Kinder in Krippen und Kitas kommen. Störend bei der Entfaltung der Motorik ist eine allzu große Besorgnis um das Wohlergehen und die körperliche Unversehrtheit des Kindes. Das äußert sich schon in so alltäglichen Vorgängen wie der Bewältigung des Schulwegs. Der Trend geht eindeutig dahin, die Kinder mit dem Auto zu fahren, als ihnen eine Busfahrt oder einen Fußweg zuzumuten. Dies zeigt sich in gleicher Weise aber auch in allen Bemühungen, vermeintlich gefährliche Aktivitäten, die zu Verletzungen führen könnten, zu unterbinden. Die falsche Wahl bei den Lebensmitteln kann zusätzlich dazu führen, dass Kinder trotz eines normalen Bewegungspensums einen Hang zum Übergewicht entwickeln und letztendlich doch in ihrem Bewegungsradius eingeschränkt werden.

 

Fingerübungen – Gegen Defizite in der Feinmotorik

Manche Defizite, die ihren Ursprung in der Vorschulzeit haben, werden spätestens mit dem Eintritt in das Schulalter offenbar. Am deutlichsten zeigt sich das in der mangelnden Fähigkeit mit der Hand zu schreiben. Die Grundlagen hierfür werden ungefähr zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr gelegt, insbesondere durch die verbesserten körperlichen Voraussetzungen für einen präzisen Umgang mit Malutensilien.

Wenn nun aber eben jene dem Kind vorenthalten bleiben und durch Dinge ersetzt werden, die einen gänzlich anderen Fundus an Bewegungen benötigen – wie eben Smartphones oder Tablets – können zeichnerische Elemente wie Zickzacklinien, Kreise oder Schleifen nur bedingt erlernt werden. Da diese jedoch für das schreiben zusammenhängender Buchstaben unerlässlich sind, ergeben sich aus den Defiziten beim spielerischen Malen zwangsläufig Defizite für die Handschrift.

Die Umstellung vieler Schulen zu einer vereinfachten Grundschrift, die optisch näher an der Druckschrift ist, trägt dieser Entwicklung zwar Rechnung, führt aber umgekehrt auch zu keiner Verbesserung der Fingerfertigkeit. Es ist kaum mehr als eine Reaktion auf bereits vorhandene Defizite.

 

Mehr Fingerspitzengefühl – motorische Förderung von Linkshändern

Während also eine Förderung der Motorik bei Kindern unerlässlich ist, so sollte sie jedoch umgekehrt nicht zu schweren Eingriffen in der Entwicklung führen. Das gilt besonders für einen bestimmten Aspekt der Feinmotorik, der trotz einer weitläufig revidierten Meinung bisweilen häufig noch als heikel empfunden wird – die Frage nach der Händigkeit des Kindes. Heikel insofern, als dass Linkshänder nach wie vor mit Vorurteilen betrachtet werden.

Linkshändigkeit ist dabei nichts Abnormes. Tatsächlich beruht die die Tendenz zur Bevorzugung der einen oder der anderen Hand zunächst auf einer lediglich auf einer seltener vorkommenden genetischen Grundveranlagung, die sich in einer Dominanz der rechten Gehirnhälfte ausdrückt – gibt es in einer Familie also generationenübergreifend bereits mehrere Linkshänder, ist es daher nicht unwahrscheinlich, dass die Kinder ebenfalls dahin tendieren.

Von dieser Voraussetzung abgesehen spielen verschiedene andere Faktoren eine Rolle bei der Entwicklung der Händigkeit eines Kindes. Selbst wenn sich bisweilen schon recht früh, beispielsweise bei den ersten Greifversuchen, eine Tendenz erkennen lässt, muss diese noch keineswegs eine endgültige Festlegung bedeuten. Denn diese ist immer auch abhängig von der individuellen Entwicklungsgeschwindigkeit und kann dementsprechend variieren.

Beeinflusst werden Kinder außerdem durch ihnen nahestehende Personen, die sie schlicht nachahmen. Im Kindergarten weiten sich solche Nachahmungsprozesse durch den Umgang mit anderen Kindern und den Erziehern und Erzieherinnen aus, was durchaus zu einer neuerlichen Veränderung der Bevorzugung führen kann. Wichtig ist zu beachten, dass es nur wenige Notwendigkeiten für ein Eingreifen gibt, abgesehen von solchen Fällen, in denen die Kinder über ein gewisses Entwicklungsstadium hinaus noch keine eindeutige Tendenz gezeigt haben. Umschulungsversuche bei linkshändig veranlagten Kindern bedeuten lediglich einen starken Eingriff in eine ansonsten normale Entwicklung des Gehirns.

Rechts wie links

Da Linkshändigkeit weitaus weniger häufig auftritt als Rechtshändigkeit, bleiben Linkshänder trotz allem in gewisser Hinsicht „Exoten“. Wenngleich dieses Anderssein niemals Grund für Anfeindungen sein sollte, so bietet es den Betreffenden in jedem Fall Vorteile. Das gilt insbesondere beim Sport, wo linkshändige Kontrahenten dem rechtshändigen Gegenüber zunächst einmal ein Umdenken abverlangt – wenn beispielsweise beim Tennis oder Tischtennis die Vorhandseite des Gegners plötzlich auf der „falschen“ Seite liegt. Ähnlich ist es bei Boxern, die sich aufgrund ihrer Händigkeit in eine unerwartete Richtung bewegen. Wichtiger als solche Vorteile ist jedoch, dass Linkshänder gegenüber Rechtshändern keine Nachteile haben.

Das klingt selbstverständlich, birgt jedoch auch seine Herausforderungen. Gerade im Kindesalter, wenn die Motorik eigentlich noch trainiert werden sollte, ist es ein nicht zu vernachlässigender Nachteil, wenn beispielsweise im Kindergarten lediglich Utensilien für Rechtshänder zur Verfügung stehen. Für das Erlernen bestimmter Bewegungsabläufe, wie etwa beim Schneiden mit einer Schere, ist es daher sinnvoll, auf eigens für Linkshänder abgestimmte Produkte zurückzugreifen. Das erleichtert nicht nur den Lernprozess, sondern senkt gerade im Vergleich mit rechtshändigen Kindern die Frustrationsgrenze. Ähnliches gilt für Schreibutensilien, die als Linkshändervarianten im Fachhandel bezogen werden können. Neben einer Erleichterung für die Entwicklung der Feinmotorik wird durch solche Hilfestellungen gleichzeitig das Selbstbewusstsein des Kindes gestärkt – es lernt so früh genug, dass Linkshänder genau dasselbe können wie Rechtshänder.

Weitere Erziehungs-News