Erziehungswissenschaftler kritisiert Rücknahme von G8
von Newsredaktion
Einige Bundesländer haben das so genannte G8 oder das Turbo-Abitur eingeführt, um eine verkürzte Schulzeit zu erreichen. Nun haben viele Länder wieder zu G9 gefunden. Der Präsident der Hamburger Universität und Vorsitzender des Aktionsrates Bildung Prof. Dieter Lenzen hält dies für falsch und schlägt Alternativen vor.
Gewonnenes Jahr nutzen
Lenzen spricht sich demnach dafür aus, dem eingeschlagenen Weg von G8 weiterzugehen und eine Chance zu geben. Eine vorschnelle Rückkehr sei ungünstig. Vielmehr könnte das gewonnene Jahr vielfältig genutzt werden. Die Bildungspolitik könnte etwa das Bachelor-Studium von sechs auf acht Jahre verlängern. Darin enthalten könnte ein Orientierungsjahr, um die Studienwahl zu festigen und die Persönlichkeitsbildung zu fördern.
G8 oder G9, das ist schon länger ein umstrittenes Thema der Bildungspolitik. Zunächst folgten viele Bundesländer dem internationalen Standard, nun machen viele einen Rückzieher. So unterstellt laut Lenzen die Bildungspolitik den Eltern, dass ihnen lieber ist, wenn die Kinder länger in der abhängigen Lernphase sind. Die pädagogische Tradition aus dem 19. Jahrhundert spricht von der Idee des Schonraums Kindheit.
Berufliche Weichen
Lenzen hält ein Orientierungsjahr mit allgemeinbildenden Inhalten vor dem Studium sinnvoll. Der Grund ist, dass die Studenten sehr unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen. Stichworte sind hier das Nord-Süd-Gefälle bei den schulischen Leistungen bzw. auch beim Abitur, zahlreiche internationale Studierende sowie Berufstätige ohne Abitur. Die Studenten könnten in dem Jahr herausfinden, welcher berufliche Weg für sie der richtige ist. Gemäß dem Vorbild in den USA fehlt die Orientierung auf das Studium ganz. Außerdem gäbe es keinen Grund zur Sorge, dass die Schüler bei G8 zu wenig lernten. Letztlich wurden Lehrinhalte des elften Schuljahres gestrichen, was häufige Wiederholungen beinhaltete.
Unterschiede in den einzelnen Bundesländern bei G8 und G9
Bayern kehrt zu G9 zurück. Start soll das Schuljahr 2018/2019 sein. Es soll die Option geben, das elfte Schuljahr auszulassen.
Baden-Württemberg bleibt bei G8 und bei Schulversuchen mit G9.
Berlin und Hamburg bieten G8 an, aber auch G9 an integrierten Schulformen wie Stadtteilschulen.
Bremen hält an G8 fest, Oberschulen mit gymnasialer Oberstufe bieten das Abitur nach 12 oder 13 Schuljahren an.
Hessen lässt die Wahl zwischen G8 und G9 und bietet ein Parallelangebot.
Niedersachsen bietet seit 2015 wieder G9 an, leistungsstarken Schülern soll aber auch G8 möglich sein.
Nordrhein-Westfalen bietet G8 und G9 an.
Rheinland-Pfalz bietet G8-Ganztagsgymnasien, die Regel ist G9.
Saarland bietet G8 an, aber auch Gemeinschaftsschulen mit G9.
Schleswig-Holstein will zurück zu G9.
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg bieten verbreitet G8 an.