Die Lebensmittelwerbung für Kinder wird verschärft
von Newsredaktion Familie
Die Werbebranche in Deutschland reagiert auf zunehmende Kritik. Sie verpflichtet sich selbst zu strengeren Vorgaben und folgt damit sinngemäß einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hatte bereits 2017 festgestellt, dass Traubenzucker nicht mehr als gesund beworben werden darf.
Dickmacher sollen in der Werbung für Kinder nicht mehr als etwas Gesundes angepriesen werden. Die Werbebranche verschärft damit ihre eigenen Regeln. Das hat der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft mitgeteilt. Er möchte ab Juni dieses Jahres Lebensmittel, die viele Fette, Zucker oder Salz enthalten, nicht mehr irreführend anpreisen.
Ärzte kritisieren die Vorgangsweise seit Jahren
Die Kehrtwende kommt nicht ganz überraschend, schließlich kritisieren Ärzte, Verbraucherschutzorganisationen und die Politik die bestehende Vorgangsweise schon seit Jahren. Mit der Änderung weitet die Werbebranche ihre bereits jetzt geltenden Selbstverpflichtungen deutlich aus. Ab 1. Juni gelten die neuen strengen Regeln. Sie sehen vor, dass diese für Werbung gilt, die sich an Kinder bis zu 14 Jahren richtet. Bisher lag die Altersgrenze bei zwölf Jahren.
Keine positiven Eigenschaften von ungesunden Lebensmitteln
Zukünftig darf die Branche die positiven Eigenschaften von Lebensmitteln nur noch dann hervorheben, wenn die Aufnahme im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung empfohlen wird. Dieser Schutz der Kinder gilt für die Werbung im Fernsehen, aber auch in den sozialen Medien. Als Beispiele nannte der Werbeverband die Formulierungen „hoher Vollkornanteil für körperliche Leistungsfähigkeit“ und „unter Zusatz wertvoller Vitamine und Mineralstoffe“. Bereits jetzt ist es verboten Kinder in der Werbung zum Kauf aufzufordern, oder ihre Eltern zum Kauf zu animieren.
Die Branche bezeichnete die Änderungen als namhaft. Sie sieht Deutschland damit innerhalb von Europa in der Spitzengruppe, was den Schutz von Kindern betrifft. Die Leiterin des Werberats, der die Einhaltung der Regeln überwacht, verwies darauf, dass die Änderungen in Abstimmung mit der Lebensmittelbranche erfolgt.
Wenig Begeisterung bei Verbraucherschützern
Wenig begeistert zeigten sich hingegen Verbraucherschutzorganisationen. Ihnen geht die Ausweitung der Selbstverpflichtung noch nicht weit genug. Sie sehen die Änderung des Werbekodex als zu lasch an. Daher fordern sie strengere gesetzliche Regeln.
Dem schloss sich auch der Wirtschaftswissenschaftler Tobias Effertz an. Er sieht sich durch eigene Studien bestätigt, und bezeichnete die Selbstverpflichtungen als bisher wirkungslos. Effertz führte erst im März dieses Jahres eine Studie durch und kam zu einem überraschenden Ergebnis. In Deutschland sehen Kinder pro Tag fünfzehn Werbespots für ungesunde Lebensmittel. Zehn davon erscheinen im Fernsehen, fünf in sozialen Medien.
Die Werbewirtschaft wies die Kritik zurück und verwies auf die Verantwortung der Eltern. Sie lehnt Werbeverbote entschieden ab. Länder, die bisher darauf gesetzt hätten, wären von den Ergebnissen enttäuscht. Ganz im Gegenteil, Werbeverbote hätten das Problem des Übergewichts von Kindern nur noch weiter verschärft.
Klöckner sieht weiteren Handlungsbedarf
Die zuständige Ministerin Julia Klöckner sieht Lebensmittelwerbung, die sich gezielt an Kinder richtet, weiter kritisch. Doch gleichzeitig seien die Hürden für gesetzliche Verbote hoch. Deutschland halte sich an die europäische Richtlinie, diese sieht eine Regulierung vor. Diese Vorgaben werden durch die Länder umgesetzt. Allerdings erkennt die Ministerin hier noch Handlungsbedarf und bevorzugt weitere Einschränkungen. Die Lebensmittelwerbung für Kinder wird verschärft.
Im Vorjahr trat dazu bereits eine neue gesetzliche Verordnung in Kraft. Seither ist der Zusatz von Zucker und allen ähnlichen Süßungsmitteln in Tees für Säuglinge und Kleinkinder nicht mehr erlaubt. Gleichzeitig strebt man nun eine deutliche Reduktion des Zuckergehaltes in Cornflakes, gesüßten Milchprodukten, Erfrischungsgetränken und Müslis für Kinder an.