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Seit 100 Jahren sind Kinder religionsmündig

von Newsredaktion Familie

Maria und ihr Kind

Lange Jahre wurde intensiv darüber gestritten, doch seit dem 1. Januar 1922 dürfen Jugendliche ab einem Alter von 14 Jahren in Deutschland frei darüber entscheiden, ob und welcher Religion sie angehören möchten. Das entschied der Reichstag vor 100 Jahren.

Im Detail bedeutet das, dass Kinder nach ihrem 14. Geburtstag das freie Wahlrecht haben, ob sie eine, bzw. welche Religion sie ausüben möchten. Doch damit ist es noch nicht getan, denn bereits vier Jahre zuvor haben sie ein eingeschränktes Mitspracherecht bei diesem Thema.

Diese Rechte haben Kinder

Ab einem Alter von zehn Jahren muss ein Gericht das Kind anhören, wenn es sein Glaubensbekenntnis ändern möchte. Nach dem zwölften Lebensjahr dürfen Eltern ihre Kinder nicht mehr gegen deren Willen in einer anderen Religion erziehen als zuvor. Ab dem 14. Lebensjahr geht diese Entscheidung dann endgültig auf die Jugendlichen über. Eltern haben ab diesem Zeitpunkt kein Recht mehr, sich dieser Entscheidung zu widersetzen.

Diese fortschrittliche Regelung feiert nun ihren 100. Geburtstag und gilt seither unverändert. Mit ihrer Beschlussfassung beseitigte der Reichstag damals einen bundesweiten Flickenteppich und schuf landesweit Rechtssicherheit für Kinder und Eltern. Dabei war das Zustandekommen dieser Regelung gar nicht so einfach.

Recht auf Erziehung und Grundrecht auf Religionsfreiheit

Schließlich galt es, das Recht der Eltern auf Erziehung mit dem Grundrecht der Jugendlichen auf Religionsfreiheit in Einklang zu bringen. Doch am Ende beschloss der Reichstag das Gesetz mit großer Mehrheit. Lediglich die Bayerische Volkspartei war damals dagegen. Die alten Regelungen stammten immerhin noch aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, seit 100 Jahren sind Kinder religionsmündig.

Vorher galten in Deutschland immerhin 30 verschiedene Gesetze, die je nach Region zur Anwendung kamen. Zahlreiche Städte und Länder hatten das Thema überhaupt nicht geregelt. Doch die zunehmende Mobilität der Bevölkerung macht eine einheitliche Beschlussfassung notwendig. Die damaligen Politiker waren davon überzeugt, dass es nach der gesetzlichen Gleichberechtigung von Mann und Frau nun auch darum ging, diese bei der religiösen Kindererziehung anzuwenden.

Ursprünglich war der Vater verantwortlich

Denn damals war laut den meisten Gesetzen der Vater für die Erziehung der Kinder verantwortlich. Er allein bestimmte, welcher Religionsgemeinschaft die ehelichen Kinder angehören sollten. Die Aufhebung dieser Bestimmung machte die Frau zur gleichberechtigten Partnerin in dieser Entscheidung. Zukünftig sollten beide Elternteile gemeinsam eine Einigung in dieser Frage finden.

Mit der Beschlussfassung ging eine jahrhundertelange Diskussion zu Ende. Lange Zeit hatten Katholiken und Protestanten darüber gestritten, wie Waisenkinder erzogen werden sollten. Dies galt vor allem dann, wenn die Kinder in eine Familie kamen, die einer anderen Religion, als sie selbst angehörten. Weil sich die Religionsgemeinschaften nicht darüber einigen konnten, schuf jede Region in Deutschland ihre eigene Regelung. Diese unterschieden sich teilweise dramatisch.

Am Religionsunterricht teilnehmen oder nicht

Während sich beispielsweise Kinder in Hannover bereits ab de 14. Lebensjahr für eine Religionsgemeinschaft frei entscheiden konnten, so war dieser Schritt in Bayern und in Sachsen erst ab dem 21. Lebensjahr möglich. Mit dem Gesetzesbeschluss vor genau 100 Jahren änderte sich dies landesweit.

Nun haben Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr das Recht aus der bisherigen Gemeinschaft auszutreten oder zu konvertieren. Sie haben darüber hinaus auch noch das Recht darüber zu entscheiden, ob sie am Religionsunterricht teilnehmen möchten oder nicht. In diesem Detail herrscht allerdings in Bayern und im Saarland eine andere Rechtsauffassung. Dort schreiben die Verfassungen vor, dass dieses Recht bis zum 18. Lebensjahr bei den Eltern liegt.

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