Erfolgreiche Einschulung: Welche Rolle spielt das Alter?
von Redaktionsassistenz

Wie wichtig der Geburtsmonat eines Kindes ist, wird spätestens mit der Frage des Schuleintrittsalters klar. So weist beispielsweise die US-Studie des National Bureau of Economic Research aus dem Jahr 2017 auf massive Nachteile für jüngere Schul-Beginner hin.
Offizieller Stichtag für den Schulbeginn
Wessen Nachwuchs im Frühling geboren ist, der braucht sich keine Gedanken über das Eintrittsalter zu machen. Anders sieht es bei Sommer-, Herbst- und auch Winterkindern aus.
Bis ins Jahr 1997 war der Stichtag für die Einschulung bundesweit einheitlich auf den 30.06. festgelegt. Wer bis dahin sechs Jahre alt geworden ist, wurde nach den folgenden Sommerferien eingeschult. Vor über 20 Jahre beschloss die Kultusministerkonferenz, nachdem die Ergebnisse der 3. internationalen Studie über den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht veröffentlicht wurden, die Stichtagsregelung vom 30.06. bis zum 31.12. auszudehnen.
Seitdem legen die Bundesländer individuell die Daten fest. Während in Bayern der 30.09. als Stichtag gilt, führte beispielsweise Berlin den 31.12. ein. In der Hauptstadt werden also alle Kinder, die bis zum Jahresende sechs Jahre alt werden, im gleichen Jahr eingeschult.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es immer mehr Kinder gibt, die bereits mit fünf Jahren den ersten Schultag erleben. Wie wirkt sich das auf die Zukunft der Kinder aus?
Einschulung mit fünf Jahren: Vor- und Nachteile
Viele Vorschulkinder können es kaum abwarten endlich den eigenen Schulranzen in Händen zu halten. Die stolzen Eltern würden lieber heute als morgen die hübschen Einladungskarten zur Einschulung verschicken. Dennoch stellt sich die Frage, ob es wirklich förderlich ist, wenn Kinder mit fünf Jahren schon in die Schule gehen.
Kritische Studienergebnisse
Wer sich durch die verschiedenen Studien zum Schuleintrittsalter liest, der wird mit vielen negativen Nachrichten für junge Schulanfänger konfrontiert. So zeigte die Hamburger LAU-Studie, dass Kinder, die bei Schulstart erst fünf Jahre alt sind, häufiger sitzenbleiben. Ihnen gelingt auch seltener der Übertritt an das Gymnasium, zudem leiden sie häufiger unter einem geringen Selbstbewusstsein.
Als Warnung lassen sich auch die Ergebnisse des Longevity Projects des Psychologen Lewis Terman interpretieren. Bei den 1.500 Probanden wurde, in der Gruppe der frühen Schulstarter, im höheren Lebensalter eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Alkoholmissbräuchen und zugleich eine geringere Lebenserwartung festgestellt. Dies traf natürlich nicht auf alle Studienteilnehmer zu, die Gefahr scheint nur bei den fünfjährigen Schulstartern höher zu sein.
Die relativ aktuelle US-Studie des National Bureau of Economic Research aus dem Jahr 2017 kommt zu ähnlich negativen Rückschlüssen. Darin wurden Augustgeborene, die mit fünf bzw. gerade sechs Jahren eingeschult werden mit Septemberkinder, die mit knapp sieben Jahren die Schule starten, verglichen. Während die älteren Kinder später bessere Chancen auf den Übertritt in ein gutes College hatten, wurden die Augustkinder öfter gemobbt und von den Lehrern tendenziell als schlechter eingestuft. Außerdem waren sie häufiger unglücklich im schulischen Umfeld.
Gibt es Entwarnung?
Warum werden Stichtage zum Ende September, Oktober, November oder Dezember überhaupt praktiziert, wenn die Studienlage so erdrückend ist?
Einige Fürsprecher gehen davon aus, dass die Kleinen von der frühen Einschulung auch profitieren könnten. Migrantenkinder würden so beispielsweise schneller und früher ihre Sprachdefizite aufholen.
Das RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und ein Forscherteam der Freien Universität Berlin haben herausgefunden, dass sich mögliche, anfängliche Nachteile der Kinder später ausgleichen. Ihre Ergebnisse zeigen:
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Das Alter der Einschulung hat keinen langfristigen Einfluss auf die Entwicklung.
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Einzig der Wortschatz bleibt bei früh Eingeschulten oft ein Leben lang geringer.
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Die Anzahl der Studienabschlüsse ist später gleich hoch.
Faktoren für eine erfolgreiche Einschulung
Ob ein Kind glücklich und erfolgreich in der Schule wird, hängt nicht allein vom konkreten Alter bei der Einschulung ab. Vielmehr spielen der individuelle Entwicklungs- und Leistungsstand eine entscheidende Rolle. Auch die Körpergröße und das Selbstbewusstsein sind Einflussfaktoren, darauf, ob das Kind den Mitschülern auf Augenhöhe begegnet oder sich klein und unterlegen fühlt.
Bei der sogenannten Einschulungsuntersuchung wird der aktuelle Entwicklungsstand des Kindes von Experten beurteilt. Dazu werden dem Nachwuchs verschiedene Aufgaben gestellt, die er lösen muss.
Folgende Voraussetzungen sollte das Kind dafür bereits erfüllen:
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Den eigenen Vornamen schreiben
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Bis zehn zählen
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Formen und Farben erkennen und benennen
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Sprachlaute korrekt aussprechen
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Kleinere Sätze wiederholen
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Bilder nach Vorgabe malen
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Auf einem Bein stehen und hüpfen
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Vorwärts- und rückwärts entlang einer Linie laufen
Eine spezielle Vorbereitung auf den Test ist nicht notwendig. Die Eltern können aber generell mit gemeinsamen Aktivitäten das Kind fördern. So zeigt eine wissenschaftliche Arbeit, dass Kinder, deren Eltern viel vorlesen, einen wesentlich höheren Wortschatz besitzen. Es gibt geniale Kinderbücher für jeden Geschmack auf dem Markt. Das gemeinsame Lesen macht Spaß und fördert gleichzeitig die Leistung des Sprösslings.
Erziehungsberechtigte normal entwickelter Kinder brauchen sich bezüglich der Einschulungsuntersuchung keine Sorgen zu machen. Es ist nicht notwendig speziellen Maßnahmen zu ergreifen. Dennoch gibt es natürlich Fälle, bei denen eine Rückstellung befürwortet oder gar von den Eltern gewünscht wird.
In Berlin wurden im Jahr 2017 rund 8.000 Kinder für ein zusätzliches Jahr in den Kindergarten geschickt. Auch das ist kein Beinbruch, sondern gibt dem Nachwuchs lediglich mehr Zeit zum Reifen. Nachteile, wie geringere Leistungsfähigkeit, Sitzenbleiben, etc., können dadurch oftmals verhindert werden.
Wie funktioniert eine Rückstellung?
Haben Eltern und / oder Ärzte sowie Pädagogen Bedenken, wegen der zu frühen Einschulung, dann kann eine Rückstellung beantragt werden. Zur Schuleinschreiben müssen die Erziehungsberechtigten mit dem Nachwuchs trotzdem zu erscheinen. Dazu sollten Dokumente mitgebracht werden, die verdeutlichen, warum das Kind noch nicht zur Schule gehen kann. Ärztliche Atteste dienen dazu körperliche Defizite nachzuweisen. Gutachten von unabhängigen Psychologen helfen bei geistigen Schwächen.
Je mehr Gutachten und Stellungnahmen vorhanden sind, desto höher die Wahrscheinlichkeit der Rückstellung. Meist muss zudem nachgewiesen werden, wie das Kind in diesem einen Jahr gefördert werden wird, damit die Schwächen bis zum nächsten Schuljahr beseitigt sind. Die Schulbehörde kann sich anstatt einer Rückstellung auch für die Einschulung an einer Fördereinrichtung aussprechen.
Fazit: Die Einschulung entspannt erleben
Selbst, wenn das Kind beim ersten Schultag noch sehr jung ist, es wird dadurch laut neusten Erkenntnissen keine lebenslangen Nachteile erleiden. Wichtig ist, dass die Eltern einen problemlosen Start ins Schulleben unterstützen. Eine schöne Einschulungsfeier bildet den perfekten Auftakt. Anschließend sollte genug Zeit eingeplant werden, damit in den ersten Jahren bei Hausaufgaben geholfen und positiv motiviert werden kann.
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