Hallo Klara,
Ja ich habe eine Weile nicht mehr geantwortet weil ich einige Sachen ausprobieren wollte. Ich bin euch sehr dankbar für eure Tipps aber mit ihr jetzt zum Arzt zu gehen finde ich gerade auch die falsche Botschaft. So als ob mit ihr etwas nicht stimmen würde. Das will ich ihr nicht signalisieren. Und ich bin ziemlich sicher, dass ich wieder lange Diskussionen über Ritalin mit dem Arzt führen müsste. Das hatte ich mit meinem Sohn damals schon.
Ich versuche jetzt mal die Fragen strukturiert zu beantworten.
Die Idee mit den Belohnungen habe ich ausprobiert aber das hat garnicht gezogen. 
Es gibt einfach nichts das sie so unbedingt will dass sie dafür konzentrierter arbeitet. Mit Süßigkeiten kann man sie auch kaum locken. 
Die Idee mit den napkin notes fand ich interessant aber ich befürchte dass das abgedroschen wirken könnte.
Das mit den Checklisten hingegen fand ich sehr spannend, vor allem weil wir so etwas in der Art schon in anderen Bereichen nutzen, wie zum Beispiel Packlisten für den Urlaub mit denen sie dann sehr gewissenhaft packt und seitdem auch nichts mehr vergisst.
Ich weiß garnicht warum ich da nicht selbst früher drauf gekommen bin.
Das habe ich versucht und zumindest bis jetzt klappt es ganz großartig. Wir sind sie gemeinsam durchgegangen und haben für alle alltäglichen Tätigkeiten die einen definierten Anfang und Ende habe eine Checkliste erstellt.
Am Anfang musste ich sie noch häufig daran erinnern ihre Checkliste auch zu benutzen aber mittlerweile klappt das ohne mein Zutun.
Und sie ist selbst ganz stolz dass es klappt.
Wie lange das jetzt anhält muss ich beobachten aber im Moment bin ich überglücklich.
Auch mein Mann ist mit ihr sehr viel entspannter geworden seitdem. Und er hat sich von sich auch überlegt öfter mal mit ihr alleine etwas zu unternehmen. Das haben sie jetzt auch schon zweimal gemacht und das ist ihr größtes Glück und vermutlich der größte Ansporn zur Zeit sich weiter zu bemühen.
Das angespannte Verhältnis zu ihrem Vater weil er einfach nicht so viel Geduld hat, hat sie sehr belastet und deshalb ist das für sie gerade so eine wertvolle „Belohnung“.
Das mit den Tagträumen:
Ja wir sprechen viel darüber. Sie denkt sich meistens Geschichten aus. Ich ermutige sie diese aufzuschreiben weil sie wirklich meist spannend und tiefgründig sind. Das macht sie auch ab und zu. Sie hat ein extra Buch dafür geschenkt bekommen mit einem Ledereinband in dem sie ihre Geschichten schreibt. Manchmal bin ich ganz verblüfft wie eine 12-jährige schreiben kann. Im Moment schreibt sie auch an einem „Buch“ an meinem Computer.
Wie ich schon sagte ich finde ihre Fantasiefähigkeit unglaublich wertvoll und möchte das auch fördern. Das einzige Problem ist eben ihr beizubringen wann es wichtig wäre konzentriert zu sein. Sie schweift eben sehr schnell ab in „ihre Wolke“ wie wir es nennen.
Es gab jetzt zum Ferienanfang die Möglichkeit mit ihren Lehrern ein Gespräch zu suchen. Das habe ich auch wahrgenommen und habe Ihnen noch einmal versucht ihre Situation zu schildern und wie sie vielleicht erkennen können dass sie gerade abschweift und wie sie sie wieder auf Kurs bringen können ohne dass sie vor der Klasse bloßgestellt wird und natürlich habe ich auch mit ihr nocheinmal gesprochen.
Ob das hilft kann man jetzt erst im neuen Schuljahr beobachten. Das positive ist dass mir all ihre Lehrer berichtet haben dass sie sehen dass sie den stoff begreift und dass ihr Problem darin besteht dass sie mit den Arbeiten und Klausuren in der Schule nicht schnell genug fertig wird weil sie abschweift.
Und zu dem Thema Unterforderung:
Ich bin sehr sicher dass es so ist. Mir ist bewusst dass die meisten Eltern ihre Kinder für Genies halten. 
Aber ich sehe einfach so viel von mir in ihr. Ich habe schon oft mit ihr über den Wechsel zu einer höheren Schule mit ihr geredet aber es fällt ihr nicht leicht neue Freunde zu finden und sie hat Angst entwurzelt zu werden.
Das kann ich so gut nachvollziehen weil es mir damals so ging.
Mir wurde in der 2.klasse eine hochbegabung diagnostiziert nachdem ich tatsächlich physisch krank wurde durch die Schule. Daraufhin habe ich eine Klasse übersprungen und insgesamt 6 mal die Schule/klasse gewechselt. Ja mit dem Stoff kam ich dann besser klar aber ich wurde extrem entwurzelt und das ist etwas mit dem ich heute noch zu kämpfen habe. Es mag sein dass ich es jetzt auch wieder falsch mache aber das will ich ihr nicht antun.
Sie ist zur Zeit auf einer Mittelschule weil ihre Noten nach der Grundschule nicht für mehr ausreichten (da hatten wir schon dieselben Probleme). Und sie sagt selbst dass sie ja auch einfach nach Abschluss der Mittelschule weitermachen kann und wenn das der Weg ist den sie gehen möchte, will ich sie eigentlich dabei unterstützen und nicht dasselbe machen wie meine Eltern damals mit mir. Auch die dachten natürlich dass sie alles richtig machen und haben sich durch alle Instanzen gekämpft um mir das zu ermöglichen und sie mussten ja auch etwas unternehmen weil ich immer nur noch krank war.
Aber zurück zu meiner Tochter. Ich habe mit ihr keinen IQ-Test machen lassen weil mich das damals sehr stigmatisiert hat aber ich bin mir sehr sicher dass sie in der Schule unterfordert ist.
Ich versuche einfach zu Hause ihren Intellekt zu fordern und zu fördern aber ich möchte sie nicht zu etwas zwingen.
Ich hoffe dass ich jetzt alle Fragen beantwortet habe und möchte mich nochmal von Herzen für eure Mühe bedanken. Ich bin sehr gespannt wie das noch weitergeht.
(Ist es nicht total spannend zu sehen wie sich aus unseren Babys fertige Menschen entwickeln?
)