Hallo zusammen,
ich mag Kinder gerne, hatte aber als Einzelkind ohne jüngere Verwandschaft und ohne Freunde mit Kindern nie viel mit kleinen Kindern zu tun. Nun bin ich in der Situation, dass meine nicht mehr ganz so neue Freundin einen dreijährigen Sohn hat. Damit hatte ich nie ein Problem und ich verstand mich von Anfang an sehr gut mit dem kleinen der mich sehr gern hat. Es war nie eifersüchtig und wollte schnell das ich viele Dinge mache die sonst die Mamma macht wie anziehen oder etwas zu essen machen. Auch wenn ich mich oft gefragt habe ob ich alles so "richtig" mache so lobte mich doch meine Freundin immer für den liebevollen Umgang und erwiderte auf meine Bedenken immer "Du machst das so gut".
Das lag wohl aber auch daran, dass ich zunächst eher die Rolle des "netten Onkels" hatte der meistens nur für beide Seiten sehr angenehme Dinge mit dem Kind gemacht hat. Ich versuchte zwar schon, die Erziehung seitens meiner Freundin nicht zu untergraben, habe mich da aber auch bewusst herausgehalten, da ich auch den "richtigen" Vater nicht ersetzen wollte und das auch nicht als meine Aufgabe ansah. Es war alles sehr schön und ich habe das Vertrauen und die Zuneigung sehr genossen und hatte auch das Gefühl, dass dem Jungen das sehr gut getan hat.
Nun ist es aber so, dass die Beziehung zur Mutter immer enger geworden ist und wir de-facto doch so etwas wie eine Familie mit gemeinsamen Haushalt bilden, auch wenn ich das eigentlich ursprünglich nie so schnell wollte und auch nicht für sinnvoll hielt. Nun ist es aber so, dass ich immer mehr in Alltagsaufgaben eingebunden bin und den kleinen oft Morgens anziehen und zum Kindergarten bringen muss, wenn die Mamma mal eine Früh- oder Nachtschicht macht, was ich prinzipiell auch sehr gerne tue. Aber damit fangen auch die Probleme an oder zumindest sehe ich sie deutlicher. War es am Anfang noch einfach wird es zunehmend schwieriger:
Der Junge macht selten dass was er soll. So ist er morgens bei Essen fast immer abgelenkt, steht auf oder spielt mit etwas rum. Auch anziehen sehr schwierig, weil er es immer unterbricht und etwas anderes macht und fast nur möglich, wenn ich das mache was schon schwierig genug ist, da er dabei fast nie still hält. Generell ist es so, dass er Dinge die er eigentlich kann wie anziehen, sich etwas zu Trinken holen usw. nur tut wenn er das möchte, Wenn nicht, kommandiert er uns dafür durch die Gegend: "Du machst das!". Bekommt er dann nicht sofort was er will, endet das meistens in einem Wutanfall. Erklärungen, dass ich gerade mit anderem Beschäftigt bin und das er zumindest mal 3 Minuten warten soll, haben selten eine Wirkung. Wenn ich sage, das er das selber kann und immer gemacht hat, behauptet er, das er das nicht kann und stellt sich dann zur Demonstration oft bewusst ungeschickt an. Dadurch dauert das "Morgenritual" zunehmend unkalkulierbar lang und ich komme immer später zur Arbeit. Mehr Zeit lasen kann ich mir leider auch nicht, da ich mittlerweile schon kaum mehr sechs Stunden pro Nacht schlafe und dadurch auch immer unausgeglichener und ungeduldiger werde, was die Sache auch nich unbedingt leichter macht. Will ich eigentlich immer verständnisvoll sein, so ertappe ich mich immer öfter dabei ungeduldig und vorwurfsvoll zu werden. Von meiner ursprünglichen immer positiven Ausstrahlung und unerschütterlichen Gelassenheit ist nur noch wenig übrig.
Auch draußen bei gemeinsamen Aktivitäten ist es manchmal sehr schwierig. Generell kann er keine Minute warten (wobei tatsächlich 60 Sekunden gemeint sind). Wenn wir mal auf die mamma warten müssen, weil es unerwartet länger dauert rennt er sofort los und muss alles anfassen und jeden Knopf drücken was auch gerade im Straßenverkehr oft zu sehr gefährlichen Situationen führt und zu unschönen Situationen mit fremden Eigentum führt. In Geschäfte kann man fast gar nicht gehen, da er alles aus den Regalen räumt, durch jede Mitarbeiter-Tür geht usw. Auf Ermahnungen und Erklährungen zeigt er sich selten einsichtig und wenn dan höchstens ganz kurz. Leider sehe ich mich daher oft gezwungen, gefährliche Situationen oder Situationen in denen fremdes Eigentum erheblichen Schaden nehmen würde, gewaltsam zu unterbinden, indem ich ihn z.B. am Arm festhalte oder das Laufrad wegnehmen. Das will ich eigentlich nicht, sehe aber in der Situation keine andere Möglichkeit. Das beendet zwar die Gefahr, macht aber alles immer noch destruktiver.
Funktionieren tut es in vielen Situationen überhaupt nur, wenn man ihn quasi jede Minute aktiv beschäftigt, wozu ich mich im Alltag aber nicht immer 100%ig in der Lage sehe. Bestrafen will ich ihn auch nicht, bin aber manchmal dann derart "fertig", das ich danach keine Lust und Kraft mehr habe mit ihm noch zu spielen oder etwas anderes geplantes zu machen und sage ihm das dann auch meist genau so, was aber meist auch Wiederworten und Wutanfälle hervorruft.
Manchmal frage ich mich, ob ich die Lage auch nicht falsch einschätze. vielleicht verlange ich von einem dreijährigen viel zu viel, bzw. mache einfach viel falsch. Ich weiß es einfach nicht und habe keinerlei Erfahrung und Vergleich. Auf der anderen Seite weiß die Mutter meist auch nicht weiter, ist verzweifelt und sagt, dass das so nicht weitergehen kann. Das soll jetzt nicht zu negativ und resigniert klingen und oft genieße ich trotz allem die Zeit mit beiden, aber ich denke auch, so sollte es nicht weiter gehen.
Ich denke manchmal, dass ich zu blauäugig an die Sache herangegangen bin und mich erst mal informieren und weiterbilden sollte. Vielleicht durch Literatur? Ich weiß nicht so recht wie ich am besten anfange.