Helfersyndrom

  • Hallo,
    ich brauche dringend Hilfe und weiß nicht, wohin ich mich wenden soll/kann.
    Wir sind eine Patchwork-Familie, ich lebe mit meinem neuen Lebensgefährten mittlerweile in MV und mit der kleinen Tochter.
    Die große Tochter (jetzt fast 21) wollte aufgrund Ausbildung und Freunde nicht mitkommen und blieb in Bayern in der Nähe ihres Papas, der sich auch um sie kümmert. Wir hatten alle ein gutes Verhältnis.
    Schon zeitig, ca. in der 8. Klasse, haben wir gemerkt, dass mit unserer großen etwas nicht ganz stimmt. Sie hatte eine ganz enge Beziehung zu einem Mädchen aus ihrer Klasse. Sie ging für das Mädchen über Leichen, lehnte sich für dieses Mädchen gegen uns auf. Selbst wenn diese "Freundin" Dinge tat, mit der unsere Tochter gar nicht überein stimmte. Dieses Mädchen wurde IMMER verteidigt.
    So ging es dann mit den Freunden weiter. Der erste, ein junger Mann, ohne Führerschein, ohne Ausbildung und alkoholabhängig. Gegen unseren Willen verließ unsere Tochter das Haus und zog mit in sein Elternhaus. Sein Vater alkoholabhängig, die Mutter mit im Haus, aber getrennt lebend von ihm und maximal überfordert. Der Vater verprügelte regelmäßig seinen Sohn, der Sohn regelmäßig meine Tochter ... ! Wir holten sie aus dieser Hölle raus, doch sie weinte ihm nach, hielt zu ihm mit der Aussage: "Er braucht mich doch, er hat doch niemanden" .. ! Nach vielen Monaten des Weinens und der Angst, lernte unsere Tochter den nächsten kennen. Ein junger Mann, ohne Führerschein, ohne Ausbildung und ohne Schulabschluss, alkoholabhängig, seine Mutter eine Prostituierte, seine Geschwister alle vom Weg abgekommen.
    Zu diesem Zeitpunkt wohnte ich mit meinem Lebensgefährten aber schon in MV und meine Tochter zog in unser Haus in Bayern .. ! Dieser neue Freund von ihr, schlug sie, würgte sie, zertrümmerte unsere Einrichtung, bis mein Ex-Mann diesen aus meinem Haus raus warf. Doch meine Tochter holte ihn heimlich zurück, obwohl er Hausverbot hatte von uns ... lies sich wieder schlagen ... mit der Aussage: "Er braucht mich doch" ... !!
    Aller guten Dinge sind drei. Meine Tochter lernte jüngst wieder einen jungen Mann kennen, keinen Führerschein, keine Ausbildung, kein Schulabschluss, die Mutter schwerst alkoholabhängig und der Vater nahm sich selbst das Leben als der Junge 3 war. Der Freund ist alkohol- und drogenabhängig und hat ein Aggressionsproblem. Die beiden waren jetzt 6 Monaten zusammen .. es gab Höhen und Tiefen, wir versuchten so gut es ging zu helfen .. ! Doch in letzter Zeit fiel uns immer mehr auf, dass sich der junge Mann nicht im Griff hatte. Unsere Tochter wollte das natürlich nicht sehen. Jetzt bekam sie es schwarz auf weiß. Er hat im Vollrausch und ohne Führerschein ihr Auto unterschlagen, einen Unfall mit Fahrerflucht begangen und das Auto als Totalschaden im Wald versenkt! Sie hält zu ihm, der arme, hat nen Fehler gemacht. Er sitzt jetzt in der Psychiatrie, sie macht außen ALLES für ihn, seine Mutter will ihn nicht mehr sehen, sie ist jetzt "Mutterersatz" bis zur völligen Selbstaufgabe! Wir stellen sie jetzt auch vor die Tür. Unsere Bedingung war es, den Kontakt solange er in der Psychiatrie ist, aufzugeben, sich auf das Examen zu konzentrieren, das vor der Tür steht und dann könne man sehen. Denn laut Polizei muss er wahrscheinlich auch noch ins Gefängnis. Doch sie belügt und betrügt uns, hört überhaupt nicht mehr .. er ist wichtiger als alles andere, weil sie ihm doch helfen muss.
    Sie ist gerade in der Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin, war eine gute Schülerin und jetzt, kurz vor dem Examen, geht alles den Bach runter. Was können wir nur tun ... ???
    Sie will keine Therapie machen. Sie war schon mal bei einer Psychologin, aber sie glaubt, sie brauche keine Hilfe ... !!!
    Lieben Dank an alle, die mir mit Tipps zur Seite stehen können ...
    Claudia

  • Hallo Claudia,


    herzlich willkommen im Forum und danke für Ihre Anfrage.


    Das ist wirklich eine verfahrene Situation, die Sie schildern. Ich kann die Sorge um Ihre Tochter gut verstehen. Als Eltern ist es schwer, mit anzusehen, wenn die Kinder Fehler machen und vom Weg abkommen. Man fühlt sich hilflos, weil alles, was man versucht, nichts ändert.


    Die Überschrift Helfersyndrom scheint sehr treffend und passt auch zu dem Berufswunsch Ihrer Tochter. Helfen ist ja prinzipiell eine sehr schöne Aufgabe, allerdings sollte dies nicht dazu führen, dass man als Helfender selbst Schaden nimmt und sich selber dabei aufgibt, wie es bei Ihrer Tochter zu sein scheint.


    Leider gibt es da gleich zwei Umstände, die es schwierig machen, eine Lösung zu finden. Zum Einen ist Ihre Tochter volljährig und kann daher tun, was sie möchte. Ihre Einflussmöglichkeiten als Eltern sind da begrenzt, da sie ja keine erzieherischen Maßnahmen mehr treffen können. Zum Anderen lehnt Ihre Tochter psychologische Unterstützung ab und meint, dass sie keine Hilfe benötigt. Wenn sie mit sich selbst und ihrem Verhalten im Reinen und zufrieden ist, ist es natürlich auch schwierig, eine Veränderung herbei zu führen. Ihre Tochter muss selbst erkennen, dass ihr Verhalten nicht gut für sie ist.


    Mir ist aufgefallen, dass Ihre Tochter immer wieder den Kontakt zu Menschen sucht, die mit dem Thema Sucht zu tun haben. Gibt es in der Biografie Ihrer Tochter einen Zusammenhang? Sie müssen diese Frage hier nicht beantworten, denn das ist ja ein sehr persönliches Thema. Aber vielleicht lohnt es sich, gemeinsam mit Ihrer Tochter mal der Frage nachzugehen, was sie genau zu diesen Menschen zieht. (Weg von den "Vorwürfen", falls es welche gab, hin zum Nachvollziehen der Motivation Ihrer Tochter.)


    In dem Zusammenhang kam mir auch die Idee, Ihre Tochter zu motivieren, eine Drogenberatungsstelle aufzusuchen. Solche Beratungsstellen sind auch Ansprechpartner für "Angehörige". Vielleicht ist Ihre Tochter eher bereit, sich auf ein professionelles Gespräch einzulassen, wenn sie nicht das Gefühl hat, dass sie diejenige ist, die Hilfe braucht, sondern wenn es um den aktuellen Freund geht. In einer solchen Beratungsstelle wird dann sicherlich auch das Thema "Co-Abhängigkeit" thematisiert. Dies kann der Einstieg für eine Veränderung der Einstellung bei Ihrer Tochter sein.


    Gibt es vielleicht im Bekannten- und Verwandtenkreis jemanden, der Einfluss auf Ihre Tochter hat und sie dazu bringen kann, über ihre Einstellung nachzudenken? Wie ist z.B. das Verhältnis zum leiblichen Vater?


    Ansonsten ist es, denke ich, wichtig, dass Ihre Tochter weiß, dass Sie weiterhin für sie da sind, und mit Ihnen sprechen kann, wenn sie sich selbst in Not fühlt.


    Weiterhin viel Kraft und dass Sie die Hoffnung nicht verlieren wünscht


    Anne

  • Hallo Anne,
    herzlichen Dank für ihre rasche Antwort.
    Dass meine Tochter das Helfersyndrom haben könnte, dachten wir uns schon länger. Sie war bisher einmal bei einer Therapeutin diesbezüglich, aber meine Tochter ist wohl nicht der Meinung, dass ihr diese geholfen hat. Zudem hat sie selbst ja auch nie geglaubt, dass sie Hilfe brauche, das hat sie alles mir zuliebe getan.


    Nun mal zu Ihren Fragen:
    Zusammenhang zwischen Süchten und meiner Tochter gibt es eigentlich überhaupt keinen. Sie raucht noch nicht mal. Wie jeder junge Mensch hat sie mit dem Alkohol ab und an schon mal über die Stränge geschlagen, aber nicht auffallend. Als kleine hatte sie mal eine Art Waschzwang, doch das bekamen wir wieder in den Griff. Ansonsten gibt es außer Raucher keinerlei Süchte innerhalb unserer Familie. Schon oft fragten wir sie, was sie zu diesen Menschen zieht. Jetzt beim letzten Freund hieß es, sie hätte noch nie solch einen Mann gehabt (Kunststück, sie wird erst 21) ... er würde sie lieben und für sie da sein (auch das stimmt nicht, sie rief mich oft genug an, wenn sie gestritten hatten) ... die für mich treffenste Aussage jedoch war: "er braucht mich, er hat niemanden, nicht mal seine Mutter will ihn mehr, da muss ich für ihn da sein". Vielleicht muss ich noch hinzufügen, dass dieser junge Mann noch einen kleinen Bruder mit 15 hat, der sehr unter der Alkoholerkrankung seiner Mutter leidet und als einziges eben diesen großen Bruder hat. Und meine Tochter fühlt sich nun für diesen "kleinen" auch noch mitverantwortlich. Die Mutter dieser Jungs ruft zu allem Überfluss betrunken auch noch bei meiner Tochter an, sie solle sich um den großen kümmern, sie will den nicht mehr im Haus haben.


    Wir haben unserer Tochter schon erklärt, Beratungsstellen aufzusuchen. Sie hatte selbst im Rahmen ihrer Ausbildung einen Einsatz in der Psychiatrie. Aber sie hält weder sich noch ihren Freund für krank, sondern ihr Freund ist ja nur hilfsbedürftig. Dass er sie nur benutzt, merkt sie nicht. Mittlerweile ist sie fest davon überzeugt, dass man ihm die Drogen untergejubelt hätte. Das ist nun ihre Entschuldigung für ihn.


    Alle Verwandte, Bekannte und Freunde haben ihr Glück versucht, leider erfolglos .. ! Ich war immer ihre große Vertraute, da sich schon seit längerem viele Freunde aufgrund ihres Freundes von ihr abgewandt haben. Zu ihrem leiblichen Vater haben wir alle ein sehr gutes Verhältnis. Bei ihm wohnte sie die letzten beiden Tage. Doch wir sind uns nun beide einig, dass wir nicht mehr können. Unsere Kraft reicht einfach nicht mehr. Er hat sie heute vor die Tür gesetzt, nachdem sie sich wieder nicht an die Spielregeln gehalten hat und uns belogen hat.


    War das richtig? Liegen wir falsch? Wie können wir damit umgehen? Wir brauchen so dringend Hilfe, sind alle völlig überfordert und müssen zusehen, wie unser Kind ins Verderben rennt. Wenn wir sie aber weiter unterstützen, wird sie doch nie merken, dass sie Hilfe braucht, oder .. ????


    Ich habe mir überlegt, wenn sie nochmal ankommt, und um eine Chance bettelt, dass ich ihr nur noch anbieten kann, als letztes Angebot, dass sie zu uns an die Ostsee zieht, hier eine Therapie macht oder eben sich beraten lässt und hier das Examen zu Ende macht! Mehr, befürchte ich, können wir kaum mehr tun. Oder liegen wir da falsch? Sollten wir ihr wieder jegliche Unterstützung zukommen lassen?
    Unsere Kräfte sind begrenzt, das "Spiel" geht nun schon seit mehreren Jahren und wir dachten die letzten Monate, sie hätte es geschafft, sich selbst mal wichtig zu sein ... !!


    Ich fühle mich so hilflos ...


    Claudia

  • Hallo Claudia,


    das charakteristische beim Helfersyndrom ist, dass der Helfer den Bedürftigen braucht, um sich selber wertschätzen zu können. Das Gefühl, gebraucht zu werden, vermittelt der Person eine Identität und einen Wert und nimmt die Angst vor der Trennung, dem Alleinsein. Ihre Tochter muss lernen, sich für wertvoll zu halten, unabhängig davon, dass jemand anderes sie braucht, also unabhängig von dem helfenden Tun. Dies kann sie jedoch nur, wenn sie erkennt, dass sie sich und ihre eigenen Bedürfnisse zugunsten anderer aufgibt.


    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es Menschen manchmal tatsächlich erst noch schlechter gehen muss, bevor eine Einsicht und damit die Voraussetzung für eine Veränderung möglich ist. Und da kann es dann tatsächlich hilfreich sein, wenn sich in dem System um die Person herum etwas verändert. Wenn Sie aus einem Bücherregal ein Buch heraus nehmen, fallen die anderen Bücher um und geraten in eine Schieflage. Ähnlich verhält es sich auch in Familien. Solange Ihre Tochter das Gefühl hat, jegliche Hilfe zu bekommen, die sie sich wünscht, ist sie mit ihrer Lebenssituation womöglich zufrieden und sieht deshalb auch keinen Bedarf, etwas zu verändern.


    (Was genau meinen Sie denn mit " wenn sie nochmal ankommt, und um eine Chance bettelt" und mit "Sollten wir ihr wieder jegliche Unterstützung zukommen lassen?" ? Um welche Chance bettelt Ihre Tochter und welche Unterstützung bekommt sie von Ihnen bisher?)


    Es ist auf alle Fälle Ihr gutes Recht zu sagen: "Ich kann Dir nicht mehr helfen. Wenn DU Hilfe brauchst, wende Dich an eine Beratungsstelle, dabei helfe ich Dir!" Ich würde Ihnen außerdem empfehlen, mit Ihrer Tochter nur noch über sie selbst und ihre eigenen Bedürfnisse zu sprechen, nicht über den Freund. Damit vermitteln Sie ihr, dass Sie daran interessiert sind, wie es IHR geht und nicht wie es ihrem FREUND geht und helfen ihr damit, das eigene Augenmerk wieder auf sich selbst zu lenken und nicht auf das Wohlergehen des Freundes.


    Wichtig finde ich auch, dass sie nicht in dieselbe Position wie Ihre Tochter gelangen und aus Aufopferung für Ihre Tochter Ihre eigenen Kraftreserven aufzehren. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran! Sorgen Sie für sich! Achten Sie auf sich und Ihre Bedürfnisse und thematisieren dies auch offen gegenüber Ihrer Tochter. Vielleicht schaut sie sich etwas dabei ab. Haben Sie vielleicht auch schon mal daran gedacht, sich selbst psychotherapeutische Hilfe zu suchen, um sich beim Umgang mit Ihrem Gefühl der Hilflosigkeit und Überforderung unterstützen zu lassen? Auch dadurch könnten Sie Vorbild für Ihre Tochter sein.


    Alles Gute wünscht


    Anne

  • Hallo Anne,


    vielen Dank für all die lieben Ratschläge, ich werde mir diese sehr zu Herzen nehmen und daran arbeiten.


    Wir haben unserer Tochter in Bayern eine Wohnung in unserem Haus kostenlos zur Verfügung gestellt. Nachdem sie "ihn" wieder mit durch ziehen will und uns dahin gehend belogen hat, baten wir sie, auszuziehen. Das zu Schrott gefahren Auto war über uns versichert - ein neues werden wir nicht über uns versichern. Die Steuer hierfür haben wir übernommen. Einen Urlaub pro Jahr gesponsert usw :( ... wahrscheinlich war das alles zu viel des Guten ... !
    Sie bat uns dann um eine Chance (sie wieder aufzunehmen, ihr bei allem zu helfen, Auto etc), sie werde uns beweisen, dass sie sich helfen lässt und den Kontakt erst mal zu ihm abbricht bis September, also bis nach ihrem Examen (das sie wahrscheinlich eh nicht bestehen wird, sie hat bis dato noch nichts dafür gelernt) ... diese Chance wollten wir ihr geben, allerdings nicht mehr in der Wohnung, sondern bei ihrem Vater, damit sie nicht alleine ist, falls es ihr schlecht geht oder sie jemanden zum Reden braucht.
    Sie hat uns wieder belogen und eiskalt ausgenutzt. Sie hat hinter unserem Rücken - obwohl wir sie baten, es anzusprechen, wenn sie glaubt, sie müsse "ihm" wieder helfen - seinen Arbeitgeber kontaktiert, sich eine Vollmacht geben lassen, dass sie das Finanzielle für ihn in Ordnung bringt, jeden Monat seinen Scheck abholt usw ... ! Somit hat sie uns einfach nur bewiesen, dass sie uns belügt und benützt .. :(


    Ihr Vater hat sie dann - nach Rücksprache mit mir und in unserer Hilflosigkeit - vor die Tür gesetzt, nachdem sie uns schon gesagt hat, wir seien für sie gestorben. Sie will selbständig sein, ok.. ! Jetzt sucht sie eine Wohnung, die sie gar nicht bezahlen kann. Vom letzten Ersparten, hat sie sich ein altes Auto gekauft, mit dem sie jetzt täglich 80 km zur Arbeit fahren will. Jetzt wissen wir nicht, ob das richtig war oder ob wir sie weiter finanziell unterstützen sollen. Doch eigentlich wollen wir alle (die Eltern) nur wieder Friede für uns finden ... und ihr erst helfen, wenn sie sich helfen lässt .. doch wissen wir nicht, ob das alles richtig ist.. ! Doch wir befürchten eben, dass ihr nur ein völliger Absturz helfen kann ... und eine Therapie ... ! Sie meldet sich jetzt natürlich auch nicht mehr bei uns, worüber ich aber momentan sehr froh bin, denn somit geht es mir besser ... klar, sind die Sorgen noch da, aber ich muss mich nicht wieder ärgern. Denn alles was sie von uns will, ist finanzielle Unterstützung oder ein Dach über dem Kopf und alles was sie sich spart, lässt sie ihm zu Gute kommen und das mache ich nicht mit ... !! Wir kennen sie so auch überhaupt nicht mehr, sie ist völlig Wesens verändert und hat totalen Realitätsverlust.
    Wobei wir ernsthaft glauben, dass sie von ihm "gesteuert" ist ... ! Sie haben regelmäßigen SMS- und Telefon-Kontakt (in die Psychiatrie zu ihm) und dann kam sie plötzlich immer mit so Ideen wie "die letzte Chance". Sie gab auch zu, dass er das zu ihr sagte, sie solle zurück zu uns, aber weiter heimlich Kontakt zu ihm halten.


    Momentan haben wir sie "verstoßen". Keinen Kontakt mehr und sie geht noch hoch erhobenen Hauptes durchs Leben. Wahrscheinlich müssen wir leider zu sehen, wie sie fällt :(


    Lieben Dank für ihre Worte ..
    Claudia

  • Hallo Claudia,


    danke für Ihre nette Rückmeldung! Es freut mich, wenn meine Gedanken hilfreich für Sie waren!


    Ihr Vater hat sie dann - nach Rücksprache mit mir und in unserer Hilflosigkeit - vor die Tür gesetzt, nachdem sie uns schon gesagt hat, wir seien für sie gestorben. Sie will selbständig sein, ok.. ! Jetzt sucht sie eine Wohnung, die sie gar nicht bezahlen kann. Vom letzten Ersparten, hat sie sich ein altes Auto gekauft, mit dem sie jetzt täglich 80 km zur Arbeit fahren will. Jetzt wissen wir nicht, ob das richtig war oder ob wir sie weiter finanziell unterstützen sollen.


    Ich finde es völlig in Ordnung, dass Sie Ihre Tochter nicht weiter finanziell unterstützen. Sie ist fast 21 und muss selbst lernen, welchen Wert Geld hat, was sie sich leisten kann und was nicht. Notfalls muss sie eben Energie in einen Job und nicht in die Fürsorge für ihren Freund stecken, um sich die Dinge leisten zu können, die sie haben möchte.


    Ich denke, dass es auch wichtig ist, dass Sie sich Kraft für Ihre jüngere Tochter bewahren, denn diese braucht Sie auch ^^ !


    Ich wünsche Ihnen, dass sich alles zum Positiven wenden wird und Ihre Tochter erkennt, dass sie sich auf einem falschen Weg befindet.


    Anne

  • Hallo CLBoehmer,


    ich möchte Sie an dieser Stelle auch herzlich hier im Forum begrüßen und Ihnen gerne sagen, dass ich es bewundernswert finde, mit wie viel Hoffnung und Liebe Sie sich um Ihre Tochter kümmern, die Ihnen so viel Sorgen macht und Kraft kostet.
    Es ist eine sehr traurige, erschütternde Geschichte, die Sie schildern und ich verstehe Ihre tiefe Verzweiflung und Ratlosigkeit.
    Sie beschreiben das Verhalten Ihrer Tochter und dabei muss ich an klassisches Suchtverhalten denken: Das Versprechen und Belügen und Hintergehen, das Verheimlichen, das Betteln, das Anflehen, das Ab-heute-ist-alles-anders usw.... Diese Verhaltensweisen sind typisch für Menschen, die suchtkrank sind. Damit will ich jetzt keineswegs sagen, dass Ihre Tochter drogenabhängig oder alkoholkrank ist, nein. Ich möchte damit nur betonen und unterstreichen, was meine Kollegin Anne bereits geschrieben hat: Ihre Tochter braucht professionelle Hilfe in Form einer Therapie. Ihre Tochter ist süchtig nach Zuwendung, nach Nicht-Alleinsein, nach Sich-Kümmern und dies offenbar bis zur regelrechten Selbstaufgabe und Selbstaufopferung.
    Ihre Wahrnehmung ist extrem verzerrt, was ein weiteres Indiz ist.
    Ihre Tochter ist ernsthaft krank, in diesem Falle ernsthaft Co-abhängig und psychisch krank.


    Woher dies kommt, kann ich Ihnen nicht sagen. Fakt scheint mir jedoch, dass Sie Ihrer Tochter nur bedingt helfen können. Machen Sie sich auf keinen Fall ebenfalls co-abhängig, indem Sie Ihrer Tochter immer wieder aufs neue aus der Patsche helfen, Ihr dann eben wieder mal Geld zuschieben und und und. Damit verstärken Sie diese Krankheit leider ungewollt.
    Ihre Aussage, dass Sie Ihrer Tochter nur noch dann helfen, wenn Sie sich entschließt, eine Therapie zu machen, finde ich gut und richtig. Sie auf diesem Weg zu unterstützen ist ein Zeichen sehr großer Wertschätzung.


    Möglicherweise hat die Erkrankung Ihrer Tochter etwas mit Ihrer Trennung zu tun. Damit möchte ich ihnen KEINE Schuld zuweisen, sondern lediglich meine Gedanken bezüglich möglicher "Ursachen" aussprechen. Nur Ihre Tochter weiß, wie sie selbst die Trennung Ihrer Eltern damals erlebt und für sich empfunden hat.


    Ich befürchte, dass Ihre Tochter ohne professionelle Unterstützung aus diesem Denk- und Verhaltensmuster "Helfersyndrom" nicht mehr ausbrechen kann.


    Doch manchmal braucht es einen "Knall", ein "Fallen", denn nur so werden wir wachgerüttelt, ordentlich durchgeschüttelt und können erst dann wieder klar erkennen und wahrnehmen. So bitter es ist und so traurig es auch klingt, letztlich liegt es in der Verantwortung Ihrer Tochter, Verantwortung für sich und ihr Leben zu übernehmen.
    Sie können Ihre Tochter nicht "retten", dadurch bedienen Sie genau das Muster, das Ihre Tochter krank macht und ihr schadet. Sie können für Ihre Tochter da sein, in dem Sie aussprechen, worüber Sie sich sorgen, was Sie wahrnehmen und können klare Grenzen setzen, in dem Sie ihr nur noch dabei helfen, wenn sie eine Therapie beginnen will.


    Ich wünsche Ihnen alles Gute, viel Kraft und sorgen Sie vor allem auch gut für sich selbst!
    Ihre Klara

  • Hallo Claudia,


    ich habe heute einen Text von dem Psychologen Robert Betz gefunden, den ich Ihnen gerne mitteilen und weitegeben will....:


    "Menschen, die sich für andere aufopfern, gehen leer aus


    Gehörst du auch zu den Menschen, die viel für andere getan haben und
    tun? Liegt dir das Wohlergehen deines Kindes oder deines Partners oder
    deiner Eltern mehr am Herzen als dein eigenes Wohlergehen? Frage dich
    ehrlich: Wie viel tue ich für andere und wie viel tue ich für mich
    selbst in meinem Leben? Wie gut sorge ich für mein eigenes inneres und
    äußeres Wohl?


    Und wenn ich für andere tätig bin, wie fühle ich
    mich dabei? Erfüllt mich das wirklich mit großer Freude und geht es mir
    gut dabei? Erfüllt mich das Beschenken anderer oder mein Dienen selbst
    mit Freude oder tue ich es ‚um...zu’? Verbinde ich es mit Erwartungen?


    Was genau erwarte ich von anderen für meinen Einsatz für sie? Erwarte
    ich nicht einmal, dass sie sich bei mir bedanken? Erhoffe ich vielleicht
    von meinen Kindern, dass sie später einmal für mich da sind?



    Viele Frauen und Männer erschöpfen sich im vielen Tun für andere. Ihr
    unbewusstes Motiv: Anerkennung, Bestätigung, Wertschätzung und Liebe. Es
    ist das nach Liebe hungrige Kind in uns, das uns auf diese ‚schiefe
    Bahn‘ gebracht hat. Tu nichts, ‚um….zu….‘, sondern weil du genau das tun
    willst und weil es dich mit Freude erfüllt. Überprüfe alles, was du für
    andere tust, auf dein wahres Motiv.


    Der Mensch, der für sich
    selbst gut sorgt, ist auch für die ein Segen, für die er da ist. Er
    wirkt durch sein Vorbild und verursacht bei seinen Mitmenschen keine
    Schuldgefühle."
    Vielleicht wäre das ja ein Impuls für Ihre Tochter?!
    Alles Gute wünscht Klara

  • Leider sind wir noch keinen Schritt weiter und das macht mich sehr traurig. Im Gegenteil, meine Trauer verlagert sich gerade in Wut und ich merke, wie ich meine schlechte Laune auch auf die kleine Tochter abgebe und das soll natürlich nicht sein.
    Ich habe lange überlegt, ob ihr die Trennung "geschadet" haben könnte. Oder ob ich ihr das vorgelebt habe. Ich habe mich nämlich so aufopfernd um meinen Vater bis zu seinem Tod gekümmert. Meine Mutter suchte in mir die Ablenkung, die ich jahrelang gab, mich selbst und meine Ehe vergessend, kaum mehr Freunde/Bekannte. Dies alles bekam meine große Tochter natürlich mit und vorgelebt.
    Hinzu kommt, dass mein Lebensgefährte und ich beide aus einem sozialen Beruf kommen und unsere Berufe auch Berufung für uns sind. Wir aber ganz sicher kein Helfersyndrom haben :)


    Vor einigen Jahre fiel uns nur schon auf, dass unsere große immer sehr müde war, ausgelaugt. Als sie dann nach unserem Umzug allein ins Haus zog, war sie immer mit dem Haushalt überfordert, mit dem Garten, mit so vielem. Das kam uns auch schon sehr seltsam vor.
    Sie übte auch bisher immer ganz klare Kontrollen bei ihren Freunden aus. Sie forderte sämtliche Passwörter und freien Zugang zu deren Handy, ansonsten würde sie keine Beziehung führen. Oftmals hab ich versucht mir ihr darüber zu reden. Doch ihre Aussage: "Ich bin so und da führt kein Weg dran vorbei" ... ! Dann hat sie immer - durch ihre bessere Position - Macht ausgeübt. Sie hatte das sagen und wenn das nicht klappte, hat sie immer mit Trennung und Rauswurf der Freunde reagiert. Wir waren fassungslos. Von uns hat sie das nicht. Haben immer wieder versucht mit ihr zu reden, dahin gehend ohne Erfolg.


    Sie war immer ein tolles Kind, bis zur 7.Klasse Klassenbeste, danach "Versetzung gefährdet". Hier kam auch ihre erste "richtige Freundin" zum Tragen.
    Ansonsten war sie immer voll auf mich fixiert, hielt aber auch zu ihrem Vater regelmäßigen Kontakt und kümmerte sich aufopferungsvoll auch um ihre Großeltern - ihre Freunde mussten das natürlich alles mittragen, so wie sie das wollte.
    Heut haben wir Angst, dass sie nicht nur ein Helfersyndrom hat, sondern das ganze gepaart mit Kontrollsucht und Machtausübung. Und das obwohl sie immer so nett, zuvorkommend, liebevoll war. Mit 16 machte sie bereits ihre Ausbildung zur Übungsleiterin Kindersport und unterrichtete Kinder. Wir verstehen die Welt nicht mehr.


    Im Moment beschränkt sich unser Kontakt auf seltene E-Mails und die sind von meiner Seite leider nicht immer ganz freundlich. Doch sie versuchte es wieder mit emotionaler Erpressung, so von wegen " ich liebe dich und vermisse dich, auch wenn ich weiß, dass du es nicht hören willst " ... !


    Nun warten wir auf den großen Knall, in der Hoffnung, dass sie sich dann bei uns meldet und sich helfen lässt ... ! Es tut weh, sehenden Auges das Kind ins Verderben rennen zu sehen.


    Vielen Dank für all die lieben Worte und guten Anregungen...
    Claudia

  • Hallo Claudia,


    Veränderungen bauchen Zeit, vor allem wenn sich ungute Verhaltensweisen über so lange Jahre hinweg aufgebaut haben. Natürlich ist es aber verständlich, dass Sie ungeduldig sind und es Ihnen jeden Tag schwer fällt, mitzuerleben, dass Ihre Tochter nicht mehr die ist, die sie einmal war.


    Sie schildern, dass Sie bei Ihrer Tochter das Bedürfnis nach Machtausübung und Kontrolle wahrnehmen. Die Motivation zum Helfen kann (muss aber nicht) auch der Wunsch sein, Macht über einen anderen Menschen zu haben. Machtausübung kann sich hinter der schicken Fassade des Helfens verbergen und der Helfende kann dabei nett und freundlich auftreten. Dies würde auch erklären, weshalb sich Ihre Tochter zu schwachen Menschen hingezogen fühlt. Diese kann sie leichter kontrollieren. Ein ausgeprägtes Kontrollbedürfnis kann durch erlebten Kontrollverlust hervorgerufen werden, kann aber auch andere Ursachen haben. Bei dem Helfen und dem Kontrollierenden, geht es um den Wunsch, die eigene Persönlichkeit aufzuwerten. Da wir Ihre Tochter nicht kennen, ist es natürlich schwierig zu beurteilen, was genau die Motivation und Hintergründe ihres Verhaltens sind, ... .


    Wichtig finde ich, dass Sie nicht zulassen, dass Ihre Tochter auch Macht über Sie ausüben kann und Sie kontrolliert, denn damit würde Sie weiteren "Erfolg" ihrer Verhaltensweisen erleben.


    Wenn Ihre Tochter von sich sagt "Ich bin so und da führt kein Weg dran vorbei!" klingt das etwas nach trotzigem Kind. Es steckt aber auch Energie darin. Welche positiven Eigenschaften erleben Sie denn sonst noch bei Ihrer Tochter? Eigenschaften, die für Energie und Stärke stehen. Gibt es da welche?


    Von sich selbst berichten Sie, dass Sie zunehmen wütend werden. Dies ist eine gute Entwicklung. Heraus aus der lähmenden Trauer, hin zur Energie, die in der Wut steckt. Wichtig ist nur, dass die Wut ein Ventil findet, das keine anderen Menschen verletzt. Vielleicht schreiben Sie mal alle Ihre Gedanken und Gefühle in Briefe an Ihre Tochter. Sie können sich dann überlegen, ob Ihre Tochter diese lesen soll oder ob Sie das nur für sich tun. Sport ist ebenfalls ein gutes Mittel, um Wut auszuagieren. Hilfreich kann auch sein, an einen einsamen Ort zu gehen und seine Wut hinauszuschreien (ist aber eine Typ-Frage, ob einem das liegt :rolleyes: ).


    Ich wünsche Ihnen Geduld und dass Sie nicht verzweifeln.


    Anne

  • Hallo Anne,


    je länger ich darüber nach denke, desto mehr glaub ich zu erkennen, dass wir unsere Tochter vielleicht in völlig falschem Licht sahen. Sie wirkte schon immer so klein und zerbrechlich im Gegensatz zu anderen (aus den Augen einer Mutter natürlich). Sie war jedoch auch immer die kleinste und sehr dünn. Deshalb haben wir sie damals auch nicht vorzeitig eingeschult, obwohl sie bereits schreiben, lesen und rechnen konnte. Sie war sehr intelligent, wie gesagt, bis zur 7. Klasse. Dieser "Umschwung" bereitete uns große Sorgen und so gingen wir mit ihr zu einem Kinder- und Jugendpsychologen, der uns damals die unbefriedigende Antworte gab: "Pubertät"! Dabei war sie damals schon nicht so, wie die anderen Kinder. Sie hatte z.B. ein massives Problem zu lügen/schummeln/verheimlichen. Sie musste immer alles erzählen. Sie hatte einmal einen Brief der Schule abgefangen und erlitt über dieses "Vergehen" einen regelrechten Zusammenbruch, sie weinte und zitterte und lies sich kaum mehr beruhigen, das war 8. oder 9. Klasse. Und irgendwann mit 16 merkten wir jedoch, dass sie keinerlei Probleme mehr mit dem Lügen hatte :(
    Als dann unserer Trennung war und sie den ersten alkoholkranken und aggressiven Freund hatte, so mit 17, erlaubte ich ihr den Umgang nur weiterhin, wenn sie eine Beratungsstelle aufsucht. Das tat sie, der Pädagoge dort erklärte mir, welche tolle Tochter ich hätte. Ja, das weiß ich auch, doch ich wollte wissen, wo ihr Problem liegt. Da sie ja damals schon alles für diesen "Freund" tat. Sie hätte kein Problem, wurde mir gesagt. Schon damals war ich der Meinung, sie kann Menschen gut täuschen.
    Dann kam der nächste Freund, alkoholkrank, aggressiv, schlug sie. Sie wollte sich auch hier nicht trennen. Ich "zwang" sie zu einer Therapie und übte mit der Wohnsituation Druck auf sie aus. Widerwillig ging sie hin und fand alles doof und sie bräuchte das nicht und es hatte natürlich keinen Erfolg. Außerdem war sie da schon über 18 und mir durfte keine Auskunft mehr gegeben werden.
    Dann machten wir uns über ihre Gesundheit viele Gedanken. Verdacht auf Schlaganfall, Krankenhaus, Neurologie. Es handelt sich jedoch "nur" um Migräne. Hohe Blutverluste bei ihren Tagen. All dies gab uns immer zu denken und machte uns natürlich noch fürsorglicher und somit sahen wir über vieles hinweg.


    Wenn Sie mich heute jedoch fragen, welche positiven Eigenschaften sie noch hat, muss ich erst mal lange nach denken. Die für Energie und Stärke stehen? Nicht viele, den Trotz uns gegenüber, sonst fällt mir nicht sehr viel ein. Gut, sie geht fast immer auf Arbeit, selbst wenn es ihr nicht so gut geht. Sie ist keine typische Kränkelnde, die sich im Bett verkriecht. Sie war (heute macht sie das auch nicht mehr, denn ihre Freunde ziehen ja nicht mit) eine sehr gute Läuferin mit wahnsinnigem Potential. Sie fing jetzt mit HippHopp-Tanzen an, obwohl sie null Rhythmusgefühl hat und sich dessen auch bewusst ist. Das finde ich gut. Sie kann gut vor Gruppen stehen und Referate halten. Sie ist auch kein typisches "Püppchen", sie beißt sich in der Schule auch durch, obwohl sie dort zur Außenseiterin mutierte, weil sie eben keine Markensachen trägt und nicht teuer einkauft. Sie war auch die einzige, die eben schon alleine lebte. Ich denke, das spricht vielleicht auch für eine gewissen Stärke??!!!


    Ich habe ihr gestern noch den Text von dem Psychologen Robert Betz gemailt. Leider ohne Reaktion!


    Ich weiß nicht, ob ich weiter mit ihr in Verbindung bleiben sollen, ob ich sie weiter anschreiben soll. Doch ich habe Angst, dass sie in alte "Muster" verfällt und dann glaubt, die Welt sei wieder in Ordnung!
    Bevor dieser große "Knall" war, rief sie mich TÄGLICH an und schrieb mindestens 2 SMS pro Tag. Ich versuchte ihr schon klar zu machen, dass ich ihre Mutter, nicht ihre Freundin bin. Trotzdem suchte sie diesen häufigen Kontakt zu mir und ich genoss es natürlich auch. Allerdings hatte ich auch das Gefühl, dass mein Kind Angst vor ihren eigenen Gedanken hat. Denn sie rief meist an, wenn sie auf dem Heimweg oder Hinweg zur Arbeit war. Eine halbe Stunde alleine im Auto war für sie beängstigend, so hatte ich das Gefühl. Wenn sie Nachtschicht hatte, MUSSTE ihr Freund für sie telefonisch in der Pause erreichbar sein und mit ihr sprechen. Das ist doch nicht normal, oder?? Ohne Handy geht bei ihr gar nichts. Wir haben das zwar oft "erzwungen", wenn wir was unternahmen, doch sobald wir wieder im Auto waren, musste das Handy her. Genauso sehe ich das mit dem Haushalt. Wenn man am Putzen ist, ist man mit seinen Gedanken alleine. Sie hat ihren Haushalt NIE auf die Reihe bekommen. Sobald sie alleine zuhause war, mussten Freunde kommen oder das Handy herhalten.


    Sie sehen, je länger ich darüber spreche, schreibe, desto mehr fällt mir zu meinem Kind ein. Dinge, die vielleicht einfach nicht so ganz normal sind! Doch was hätte ich anderes noch tun können?


    Viele Grüße


    Claudia

  • Vorhin hat sie sich gemeldet und meinte, der Text rege sie zum Nachdenken an und sie hätte schon viel nachgedacht und hat angeblich nächste Woche einen Termin bei der Diakonie ... !! Wenn das stimmt .. das wäre so schön ... !! Ich hab ihr jetzt meine Hilfe angeboten, aber nur in der Hinsicht, wenn sie Hilfe bei der Hilfe braucht ... vielleicht schafft sie es .... ich hoffe so sehr ... !

  • Hallo Claudia,


    mir geht es auch so:

    Wichtig finde ich, dass Sie nicht zulassen, dass Ihre Tochter auch Macht über Sie ausüben kann und Sie kontrolliert, denn damit würde Sie weiteren "Erfolg" ihrer Verhaltensweisen erleben.

    Sie schreiben, dass sich Ihe Trauer in Wut verwandelt und auch ich finde diese Veränderung gut.
    Wut bedeutet Abgrenzung. Sie grenzen sich ab und schützen sich damit vor weiteren "Übergriffen" Ihrer erwachsenen Tochter.
    Mir fällt auf, wie schnell wir (insbesondere, wenn wir in sozialen Berufen tätig sind ;) ) dazu neigen, zu analysieren und zu durchleuchten. Klar, wir wollen gerne verstehen und begreifen, warum Dinge so laufen, wie sie eben geschehen, warum sich Menschen so verhalten, wie sie sich eben verhalten.
    Wichtig finde ich, dass wir uns nicht im Analysieren und damit im unbedingt Verstehen-wollen verlieren. Denn damit laufen wir unter Umständen Gefahr, den "Schuldgedanken" ins Spiel zu bringen und einen Schuldigen, einen Verantwortlichen zu suchen - und womöglich dann sogar zu finden - und dies können wir dann auch selbst sein. Es geht eben nicht darum, Schuld zuzuweisen. Fehler zu erkennen ist eine Sache, diese zu bedauern auch. Aber es darf nicht um Schuld gehen.
    Egal, was geschehen ist und was in der Vergangenheit unglücklich gelaufen ist, wir müssen alle und jeder für sich damit Frieden schließen. Es spricht nichts dagegen, sich für Vergangenes zu entschuldigen und auszusprechen, was einem leid tut. Aber Frieden mit der Vergangenheit schließen müssen wir dennoch jeder für sich. Damit übernehmen wir für uns selbst Verantwortung!
    Ihre Tochter ist erwachsen (21). Es ist gut und wichtig, dass Sie sich abgrenzen und klare Grenzen setzen.


    Schön finde ich, dass der Text Ihrer Tochter gefallen hat. ^^
    Und doch ist es die Entscheidung und Verantwortung Ihrer Tochter, wie sie sich nun weiterhin verhält.


    Ich wünsche Ihnen alles Gute
    Klara

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