Eltern kommt in der sexuellen Aufklärung eine Schlüsselrolle zu.
Schulen bieten zwar Aufklärung im Bereich der Sexualität an, jedoch ist diese Wissensvermittlung nicht ausreichend. Allein die Atmosphäre und die Rahmenbedingungen sind eher ungünstig bzw. nur bedingt erfolgversprechend. Welcher Jugendliche will schon im Beisein seiner Klassenkameraden und -kameradinnen offen intime Fragen stellen oder über seine Ängste sprechen?!
Jugendliche klären sich nach wie vor auch selbst und gegenseitig auf. Doch hier kursiert einfach allzu viel an Halbwissen und Fehlinformationen. Besonders in Sachen Sexualität und Verhütung kann dies fatale Auswirkungen haben (Schwangerschaft, sexuell übertragbare Krankheiten, Infektionen, psychische und
seelische Verletzungen). Eine erschreckende Tendenz, die ich seit mehreren Jahren beobachte und erlebe ist, dass viele Jugendliche sich zwar technisch gesehen gut in Punkto Sexualität und Sex auskennen, jedoch bleiben die Emotionen und das Lustempfinden oftmals auf der Strecke, insbesondere bei jungen Mädchen. Zärtlichkeit, gegenseitige Wertschätzung, Sex als vertrauensvoller und intimer Akt der Liebe, lustvolle und vor allem schöne, angenehme Gefühle, Leidenschaft…diese emotionale Ebene bleibt leider inzwischen bei vielen Mädchen und Jungen auf der Strecke. Im Vordergrund steht vielmehr eine Art pornografischer Sexualakt, ein mechanisches Erlebnis, eine Performance, als würden diese jungen Menschen einen Porno nachspielen. Ich übertreibe leider nicht. Diese meiner Ansicht nach traurigen Erfahrungen und Erkenntnisse habe ich aus meiner über 10-jährigen Arbeit mit Jugendlichen in der Jugendarbeit/ Jugendhilfe.
Umso wichtiger wird damit die Rolle der Eltern und der übrigen Vertrauenspersonen. Besonders als Eltern sind Sie wichtige Bezugspersonen und Vorbilder – und dies auch im Bereich Körperlichkeit und Sexualität.
Doch wie klärt man nun sexuell auf und wie wird man zu einem "guten Vorbild"?
Von zentraler Bedeutung bei der sexuellen Wissensvermittlung ist zu allererst die umfassende Information über das Zustandekommen der Kinder. Aber auch die Praxis des elterlichen Geschlechtsverkehrs und der Austausch von Zärtlichkeiten zwischen den Elternteilen, ist ein wichtiges Thema. Das heißt für die
Erwachsenen, sich zu ihrer Sexualität zu bekennen. Schweigen sich Eltern hierzu schamhaft aus, finden Kinder dafür (wenn sie aus anderen Quellen informiert werden) nur eine logische Erklärung:
die Unanständigkeit/ Schamhaftigkeit dieses Tuns.
Zur umfassenden sexuellen Aufklärung gibt es keine Alternative. Nicht die Information bringt auf “dumme Gedanken”, sondern eine falsche, halbwahre, mystische oder verschwommene Kenntnis.
Im Vorfeld der Pubertät sollten die wesentlichen Aspekte der Sexualität diskutiert sein:
- Empfängnis und das Entstehen einer Schwangerschaft
- Hygiene und Intimpflege
- die Wichtigkeit von Besuchen bei Frauenärzt/in und Urologe
(Gesundheits-Vorsorge und Verhütungsberatung)
- Zärtlichkeiten, körperlicher Kontakt und der Sexualakt
- Gefühle/ Empfindungen und Emotionen bei sexuellen Kontakten
- respektvoller, wertschätzender Umgang miteinander bei sexuellen Kontakten
Für die meisten Eltern stellt laut aktuellen Statistiken und Umfragen die Wissensvermittlung über Sexualität kein Problem mehr dar. Die Mädchen werden durch ihre Mütter im Allgemeinen gut aufgeklärt, spätestens im Zusammenhang mit dem Eintritt der Menstruation. Allerdings werden Jungen mit ihrer Sexualentwicklung oft noch allein gelassen. Dies ist ein klarer Appell an die Väter. Und hier darf es dann nicht allein um Sexualität und Verhütung gehen. Auch Hygiene, Erektionsstörungen (nicht allein krankhaft bedingt, sondern auch
aufgrund von Aufregung, Stress, Alkohol-/ Drogenkonsum etc.) und die Wichtigkeit des präventiven Besuchs beim Urologen sind wichtige Themen, die Jungen auf dem Weg zum Mann-sein brauchen.
Viele Frauenärztinnen und Frauenärzte bieten übrigens eine spezielle Mädchensprechstunde an. Hier gibt es professionelle Beratung zum Thema Verhütung, zur Menstruation, zur gynäkologischen Untersuchung selbst und vieles mehr. Wichtig ist hier, die Wahl der Frauenärztin/ des Frauenarztes der Tochter zu überlassen und auch die Entscheidung darüber, ob und wen sie als Begleitung dorthin mitnehmen will. Weitere Infos unter: /www.mädchensprechstun.de
Auch Pro Familia ist eine empfehlenswerte Expertenadresse für Jugendliche, Erwachsene, Eltern und auch LehrerInnen.