Schuld oder Pflichten gegenüber den Eltern - Was steckt dahinter?

  • Hallo zusammen!


    Ich habe lange nach einem Forum gesucht und bin nun über dieses gestolpert.

    Ich bin 22 Jahre alt und habe noch keine eigenen Kinder, jedoch Fragen über die Beziehung zwischen Eltern und Kind - weshalb ich hoffe hier trotzdem Gehör zu bekommen und eventuell einen Austausch mit anderen zu finden.


    Vorab kurz eine kleine Zusammenfassung der Vorgeschichte:

    Ich habe vor einem halben Jahr den Kontakt zu meinem Vater abgebrochen. Obwohl ich einerseits sehr darunter leide, geht es mir besser als je zuvor, da ich nicht mehr das Gefühl habe mich verbiegen zu müssen nur um es ihm recht zu machen. Er hat dies zwar nie offiziell verlangt, jedoch passiert dies automatisch wenn man sich in einer Situation befindet, in der man sich nicht wohl fühlt. Der Kontaktabbruch entstand nicht aus einem schlimmen Vorfall, oder der Trennung von meiner Mutter, es war viel mehr die Einsicht über die Kommunikation und Art der Beziehung die ich in meinem bisherigen Leben zu meinem Vater hatte. Auch habe ich in den letzten 2 Jahren sehr starke innere Kind Arbeit geleistet, wodurch viele Situationen wieder hochkamen in dem ich von Ihm Ausgelacht, Bewertet und rücksichtslos behandelt wurde.


    Ich habe ihn daraufhin damit konfrontiert, er schien auch einsichtig, jedoch mehr mit dem Ziel sich selber zu verteidigen, als wirklich darauf einzugehen und zuzuhören was ich im sagte.


    Nun stehe ich ein halbes Jahr später vor der Frage, ob ich es meinem Vater schuldig bin, es nochmals zu versuchen. Mich mit Ihm auseinanderzusetzen, Arbeit in die Beziehung zu stecken um eventuell ein gesundes und für alle Beteiligten angenehmes Verhältnis zu schaffen.


    Die Sache mit der Schuld, mein Riesenthema.


    Sind wir unseren Eltern überhaupt etwas schuldig?

    Wenn ich mir vorstelle das mein Kind, aus irgendwelchen Gründen, den Kontakt zu mir abbricht, weil es sich nicht mehr wohlfühlt, wäre das zwar sehr traurig, jedoch würde ich nicht verlangen das sie sich erklärt und/oder mir weitere Chancen gibt. - wenn ich es so verkackt habe, das es zu einem Kontaktabbruch kommt, dann hab ich es wohl nicht anders verdient und sollte mich gründlichst reflektieren, warum es dazu gekommen ist um aus meinen Fehlern zu lernen und es besser zu machen.


    Wieso habe ich dann das Gefühl das ich meinem Vater eine weitere Chance schuldig bin?

    Oder es zumindestens die Pflicht habe es ihm nochmal zu erklären, warum ich diese Entscheidung gefällt habe.


    Ist es mein Recht, ohne weitere Versuch, den Kontakt zu meinem Vater fallen zu lassen? Da ich die Art und Weise, die Energie, die Zwischenmenschliche Kommunikation nicht vertrage, wie auch die Art und Weise wie ich mich verändere wenn ich in seiner Nähe bin?


    Und würde ich es vielleicht irgendwann bereuhen?

    Obwohl es sich in meiner jetzigen Situation richtig anfühlt?


    Ein weiterer Aspekt ist mein eigenes Leben.

    Will und kann ich Energie in den wiederaufbau dieser Beziehung stecken? Nein. Eigentlich nicht.


    Ich stehe in der Mitte meines Lebens.

    Reisen, Kinderwunsch und ein eigenes Haus sind meine nächsten grossen Ziele, nicht versuchen etwas zu retten, was vielleicht nicht mehr zu retten ist.

    Ich habe bereits soviel Energie in schlimmen Beziehungen gelassen, ob Freunde oder Partner und nur weil er mein Vater ist habe ich das Gefühl ich muss es versuchen...


    Was ist Eure Meinung dazu? Ich wäre froh um ein paar Gedanken, vielleicht auch von Eltern bzw. Vätern, die die Situation nochmals objektiver betrachten könnten...

  • Hallo! :)


    Spannendes Thema. Ich bin zwar nicht betroffen, aber mein Mann (er hat den Kontakt zu einem Elternteil abgebrochen, schon vor sehr vielen Jahren, und es nie bereut)...


    Ich denke grundsätzlich, dass man sich in zwischenmenschlichen Beziehungen nichts "schuldig" ist beziehungsweise sein sollte... Allerdings glaube ich auch, dass Schwierigkeiten meist von einer beidseitigen Dynamik herrühren... Wenn nicht gravierenden "Schuld" passiert ist (Vernachlässigung, Missbrauch o.ä.), muss man sich also eher die Dynamik als die Schuldfrage anschauen. Einerseits, um sie zu verstehen (was hilfreich sein kann, um Dinge abzuschließen), andererseits, um zu sehen, ob in Zukunft - mit Reflexion und Aufeinander-Zu-Und-Eingehen - eine andere Dynamik und damit Umgangsweise möglich sein kann (so man das noch möchte...)


    Persönlich denke ich, ein Wiederaufnehmen des Kontaktes zu deinem Vater sollte von einem positiven inneren Antrieb ausgehen, nicht, weil "man es muss" oder "schuldig ist". Das wären falsche Voraussetzungen. Die Wahrscheinlichkeit, dass du dich dann wieder enttäuscht siehst, ist hoch...


    Ich würde dir raten, dir genau klar zu werden, was du von der Beziehung erwartest und auch in sie investieren wollen würdest. Was ist deine Motivation, über eine Wiederaufnahme des Kontaktes nachzudenken? Wie gut könntest du mit neuerlicher Enttäuschung umgehen? Ist jemand in dieser Sache an und auf deiner Seite? (Partner, Geschwister, Freunde,...)


    Alles Liebe!


    Dani

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