Vorpubertät - Situation eskaliert am Morgen

  • Guten Tag!

    Ich moechte eine Situation schildern, fuer die ich unterstützende Tipps benoetige.


    Heute morgen wollte mein Sohn direkt aus dem Bett zur Schule fahren. Das Bad wollte er auslassen. Ich sollte ihm sein Rad rausstellen (kommt er alleine nicht dran, weil das Auto davor steht) und er wuerde dann zur Schule fahren. Er muss um 7.40 Uhr los und es war 7.30 Uhr. (Gefrühstückt wird um 9 Uhr in der Schule nach der 1. Stunde.) Ich kam gerade aus dem Bad und war noch nicht so weit, um vor die Tür zu gehen und habe gesagt, dass ich das Rad rausstelle, wenn er die Zähne geputzt hat. Er meinte dann, dass ich da lange warten koennte und er dann eben nicht zur Schule geht. Der Ton war bis zu diesem Zeitpunkt zwischen uns ganz normal. Er ging dann ins Wohnzimmer. Ich habe mich dann angezogen, bin runter und habe fuer ihn und mich das Essen zum Mitnehmen vorbereitet, weil ich auch zur Arbeit wollte. Dabei habe ich ihn mehrfach aufgefordert ins Bad zu gehen. Er wollte mich dann erpressen, indem er meinte, dass ich zuerst das Rad rausstellen soll und dann wuerde er die Zähne putzen. Ich habe mich da aber nicht drauf eingelassen und ihm gesagt, dass ich das Rad rausstelle, wenn ich zur Arbeit losfahre und er gleichzeitig zur Schule.

    Als ich das Essen fertig vorbereitet hatte, wollte er noch immer nicht ins Bad. Da war ich langsam sauer, weil es auch schon an der Zeit war, loszufahren (7.40 Uhr). Ich habe ihn dann versucht ins Bad zu schieben, aber er wurde dann laut, hat rumgebrüllt, mich immer weiter provoziert und sich absolut respektlos verhalten. Ich wurde beschimpft und er hat angefangen in meine Richtung zu schlagen, zu boxen, zu treten.

    Da ist bei mir eine Sicherung durchgebrannt und ich habe zurueckgebrüllt und ihn letztlich geschlagen. Dann eskalierte das noch weiter und er hat mich zurueckgeschlagen. Das ganze ging dann hin und her. Er hat rumgebrüllt, mich noch mehr beschimpft. Gebracht hat alles nichts. Er ist noch immer nicht ins Bad, hat mich permanent angeschrien. Zur Schule zu fahren hat er sich dann geweigert, er hat geheult, ich hab geheult... normales Reden war dann erstmal nicht mehr moeglich, alles was ich gesagt habe, wurde mit Anschreien beantwortet. Ich hatte keinen Zugriff mehr auf ihn. Ich war hilflos. Zum Glueck habe ich die Moeglichkeit Homeoffice zu machen, also bin ich zu Hause geblieben. Ich hab dann dieses anonyme Elterntelefon angerufen und ein langes Gespräch gefuehrt. Was das deeskalieren angeht, hat man mir dort sehr gut geholfen. Ich wurde in meiner Autorität gestärkt und gleichzeitig wurde mir klar, dass ich nicht alleine Schuld an der Situation bin, sondern die Provokation meines Sohnes auch nicht ausser Acht gelassen werden darf. Mein Verhalten macht das nicht besser, das steht selbstverständlich ausser Frage. Ich habe mich dafuer auch entschuldigt.

    Um die Situation zu Ende zu berichten: Sohn ist zu Hause geblieben, weil ich ihn nicht "erreichen" konnte. Ich habe nach dem Telefonat mehrfach versucht mit ihm zu reden. Er hat sich verweigert. Irgendwann habe ich dann meine Arbeit gemacht und ihm vorher gesagt, dass er ja weiss wo er mich findet.

    Vor 1,5 Stunden kam er dann zu mir und hat sich dafuer entschuldigt, dass er mich so doll provoziert hat. Er haette die Zähne nicht putzen wollen, weil es schon so spät war. Er schlug dann vor, dass wir uns beide vom anderen etwas wünschen duerfen. Ich sollte anfangen. Ich habe mir dann von ihm gewünscht, dass er mich immer lieb hat und sich an die Regeln bei uns zu Hause hält. Er meinte dann, dass er das hinbekommt. Und er hat sich dann gewünscht, dass ich nicht mehr so ausflippe. Daraufhin habe ich gesagt, dass ich auch nicht ausflippen werde, wenn er mich nicht so provoziert. Na ja... jetzt sind wir beide wieder "normal" zueinander.


    Wie soll ich reagieren, wenn er in diese Spirale gerät, wo er sich verweigert (z.B. wegen des Zähneputzens)? Es einfach hinnehmen? Ist es falsch, wenn ich solche Regeln durchsetzen will? Ich frage mich, ob das schon in seinen alleinigen Verantwortungsbereich gehört. Aber eigentlich denke ich, dass er mit 11 Jahren noch annehmen muss, wenn er etwas machen soll, wie z.B. das Zähneputzen. Er schadet sich, wenn er es nicht macht. Er trägt eine feste Zahnspange und muss deshalb besonders gründlich mit seinen Zähnen umgehen. Macht er aber grundsaetzlich nicht gerne, so dass das immer wieder zu Diskussionen mit ihm fuhrt. Abends stehen wir immer dabei, wenn er putzt, damit er es vernünftig macht. Morgens meistens auch. Je nachdem wieviel Zeit ist, aber eigentlich ist das morgens immer problemlos / bis auf heute.


    Vielleicht bekomme ich noch Tipps von euch?

  • Hallo! :)


    Mein Sohn ist im selben Alter und bei ihm schieben auch die Hormone an. Dass das schon so bald passiert, hat mich anfangs auch etwas überfordert (dachte, das hat noch Zeit). Stimmungsschwankungen und aggressives Verhalten (aber verbal, er schlägt nicht oder so) kommen bei ihm momentan auch relativ unvermittelt vor. Für mich ist das klar hormonell, weil er von der Persönlichkeit her so überhaupt nicht ist und auch selbst überfordert mit sich wirkt. War das bei deinem Sohn auch dein Eindruck?


    Zu deiner Schilderung: Ich finde, bis zu der Stelle mit dem Schreien und dem Schlagen (geht natürlich ganz klar gar nicht, wobei ich gut finde, dass du dich entschuldigt hast) hast du dich eigentlich sehr gut verhalten. Ich denke, Konsequenz und Grenzen sind in jedem Alter wichtig. Pflege/Hygiene ist wichtig. Da kann es keine oder kaum Kompromisse geben (bei den Zähnen keine, da gesundheitlich relevant; beim Haarewaschen oder so würde ich verhandeln :D). Das hast du ihm klar gemacht, du hast ihn mit seinem "Ich putz nur Zähne, wenn ..." keinen Raum gegeben. Das ist gut und richtig so.


    Wie du schon gemerkt hast, bist du aber darauf angewiesen, dass er mitmacht. Ein 11-jähriger, der nicht Zähne putzt, das wird schwierig, weil im Endeffekt hast du wenig Auftrag. Du kannst nur sehen, was du mit Worten und eben deeskalierendem Verhalten erreichst.


    Bei älteren Kindern hilft es nach der Grenzsetzung ("Du putzt Zähne, das ist wichtig für die Gesundheit") erst einmal Raum zu geben. Also ihn alleine zu lassen. ("Erledige das in der nächsten halben Std., wenn es halt für dich am besten passt. Wenn du fertig bist, machen wir das mit deinem Rad") So ist er für sich und kommt nicht unmittelbar in die Verlegenheit, sich mit seiner anwesenden Mama duellieren zu müssen. Es geht hier nämlich um Provokation, Kontrolle und Macht und damit geht man in dem Alter (und älter, Erwachsene können das auch gut ;)) am besten um, indem man relativ rasch eine Grenze aufzeigt (hast du getan) und sich dann aus der Situation nimmt, sich also auf die Machtspielchen nicht einlässt.


    Wenn er in dem Fall dann keine Zähne geputzt hätte, wäre mir das für den einen Tag egal. Wenn sich die Fronten geklärt haben, kann man versuchen, das rückblickend zu besprechen. Ich würde das Kind dann auch fragen: "Was findest du, hätte ich als Mama in der Situation machen sollen. Womit hättest du leben können?" Da kommen oft wirklich gute Antworten. Und diese Gesprächsbasis zeigt auf, dass du dein Kind (und seine Gedanken und Lösungsvorschläge) ernst nimmst. In der eskalierenden Situation ist das aber in der Regel nicht möglich, da zu dynamisch und emotionsgeladen.


    Einfach nicht in die Schule zu gehen, hätte ich nicht akzeptiert und das so kommuniziert. Ich hätte in seinem Beisein der Schule Bescheid gegeben, dass er später kommt. Dann hätte ich ihm eine Stunde gegeben, um noch die Kurve zu kriegen (hätte ich ebenfalls klar kommuniziert). Wäre er dann nicht gegangen, hätte ich ihn wohl erst einmal ganz entschuldigt (bei meinem Sohn würde die eine Stunde "Gnadenfrist" wohl fürs Umdenken reichen) und dann in einem ruhigen Moment wirklich ganz ernsthaft mit ihm gesprochen, dass das den Rahmen sprengt und so nicht mehr passieren darf.


    ---


    Also in der Kurzfassung:


    Grenze setzen - nicht auf Machtspielchen einlassen - aus der "Schusslinie" gehen (räumlich) - Gespräch, wenn sich die Wogen geglättet haben


    Klingt in der Theorie aber alles einfacher, als es in der Praxis ist. Ich weiß das ja mittlerweile aus Erfahrung! :D


    Alles Liebe!

  • Hallo Dani, ich freue mich, dass ich zumindest im Ansatz etwas richtig gemacht habe. Dass er nicht zur Schule gegangen ist, hat mir auch nicht gefallen, nur leider bin ich überhaupt nicht mehr an ihn rangekommen. Dazu kam, dass ich total überfordert war.


    Die Idee in seinem Beisein in der Schule anzurufen und ihm 1 Stunde Zeit zum Beruhigen zu verschaffen, gefällt mir. Da bin ich garnicht drauf gekommen. Sollte ich mir merken.


    Heute Nachmittag wollte er nicht zum Training gehen (Basketball) und fing schon wieder an zu sagen, dass er nicht geht und keine Lust hat. In dem Moment rief mein Mann an und sagte, dass er fast zu Hause sei und ihn zum Training bringen könnte. Ich hab dann in Elias Beisein zugesagt und dafür böse Blicke geerntet. Am Ende war er trainieren und wir haben ihn zusammen abgeholt und waren spontan zusammen Essen. Das tat uns allen gut.

    Ich habe ihm vorhin noch einmal deutlich gesagt wie leid mir mein Ausflippen tut und dass ich ihn liebe.


    Wegen des Zähneputzens will ich eigentlich keine Kompromisse eingehen, aber bevor eine Situation noch einmal so eskaliert, werde ich lieber einknicken.


    LG

  • Herzlich willkommen bei uns!


    Meiner Meinung nach solltest du deinem Sohn, der nun schon 11 Jahre ist, die Verantwortung für seine Körperpflege selbst in die Hand geben. Ist er der Meinung ohne Zähne putzen zur Schule gehen zu müssen, dann würde ich ihn lassen. Denn es wird nicht lange dauern bis er gesagt bekommen wird das er Mundgeruch hat. Er weiß ganz genau wie er sie zu pflegen hat mit der Spange.


    Auch das nicht in die Schule gehen hätte es bei mir nicht gegeben denn da hat dein Sohn nun gelernt, wenn ich mich weigere kann ich Zuhause bleiben. Ich hätte ihn zur Not mit dem Auto zur Schule gebracht.


    Zu dem Schlagen sage ich nichts, da schließe ich mich voll und ganz Dani an.


    Dein Sohn fängt an sich abzunabeln, solche Situationen werden noch öfter vorkommen.

    Mein Sohn ist 14 Jahre und er brüllt, zickt und meckert auch super viel rum. Es ist sehr nervig und anstrengend, und auch so manches Mal werde ich dann auch lauter, aber ich lasse mich nicht von meinem Pupertier unter Druck setzen oder erpressen. Das ist nämlich das was dein Sohn auch versucht hat( ich gehe Zähne putzen wenn du das Rad... ) . Anderes rum wird ein Schuh draus, dein Sohn macht sich fertig und ganz zum Schluss holt Mama das Rad raus.


    Gut finde ich das du dich entschuldigt hast, aber auch gut finde ich das dein Sohn sich auch entschuldigt hat.


    Zum Training: wenn dein Sohn keine Lust mehr auf diesen Sport hat und das zur Freizeit gehört, würde ich ihn nicht zwingen. Vielleicht möchte er was anderes machen, vielleicht hat er einfach keine Lust mehr dazu. Seine Interessen werden sich nun eh bald ändern, da sind dann andere Dinge wichtiger!

  • Ich finde - egal, ob bei kleineren oder größeren Kindern - es macht immer Sinn, sich die Schauplätze der Gefechte weise zu wählen. Sich genau anzuschauen, wo kann ich das Kind "machen lassen" (und auch mit Konsequenzen und Entscheidungen leben, die mir nicht passen) und wo muss ich mich durchsetzen, weil es um mehr als nur Prinzipien geht. Mit dieser Strategie fährt man oft sehr gut, weil Kinder ein ganz gutes Gespür dafür entwickeln, wo die "wirklichen" Grenzen sind...


    Bei uns ist es in Bezug auf Hygiene/Gesundheit zB. (und war es auch, als die Kinder kleiner waren): Zähneputzen - keine Kompromisse! (Gesunde) Ernährung - eher weniger Kompromisse! Wetterentsprechende Kleidung: sehr viele Kompromisse (meine Kinder sind sehr hitzig und nie krank; ich bin mir dann irgendwann tatsächlich blöd vorgekommen, sie in Pullis und Westen zu zwingen, die sie nicht wollten und brauchten); Haare bürsten: nur Kompromisse (meine Tochter hat lange Locken, die sie oft nicht frisieren möchte, wenn sie wie ein "Besen" :D durch die Gegend laufen möchte, ist das ihre Sache,...) etc. pp.


    (Ich habe schon lange aufgehört, Grabenkämpfe dort auszufechten, wo sie nicht notwendig sind und stecke meine Energie lieber in die Bereiche, die mir/uns wirklich wichtig sind und wo stetige Konsequenz Sinn macht. :))

  • Hey Dani, genau da will ich hinkommen. Leider ist gerade das Zähneputzen bei uns immer wieder Kriegsschauplatz. Quasi seit er das alleine macht. Wir waren schon ganz oft bei der Zahnreinigung mit ihm, weil er sogar schon eine Füllung brauchte. Und mit der festen Klammer muss er da noch besser drauf achten, macht er aber leider nicht.

    🤷🏻‍♀️

  • Jo Dani , ich muss gestehen das ich gerade schmunzeln muss ( du bist heute die erste die mich zum schmunzeln gebracht hat ) ich schreibe dir gleich eine Mail, dann weiß du warum!

    Mutter von Elias hat einen Sohn, und das ist ein riesen großer Unterschied zum Mädchen in der Pupertät! Jungs sind eigenwillig und wollen im Thema Hygiene nichts vorgeschrieben bekommen und schon gar kein Eingreifen der Mutter 😄

  • :D Keine Ahnung, ich habe einen faulen Sohn. Der würde sich immer noch nachputzen lassen, wenn ich das nicht abgestellt hätte. :D Aber ihm sind seine Zähne wichtig, er legt sich selbst ins Zeug! :D


    Ich gebe aber auch zu, dass ich bei Zähnen heikel bin. Da soll möglichst lange alles in Ordnung bleiben! :)

  • Sorry, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe. Die Stimmung ist ein Auf und Ab. Ein großes Problem, was ich analysieren konnte, ist, dass mein Mann und ich nicht gleich ticken in der Erziehung. Und unser Sohn leidet dann darunter bzw. muss es ausbaden. Teilweise ist es dann so, dass mein Mann etwas (in meinen Augen unverhältnismäßig) ahndet und ich ihm da häufig reingegrätscht bin. Also vor Elias. Das ist etwas was ich gerade versuche zu ändern, indem ich meinem Mann alleine sage, dass ich das nicht richtig finde. So hat Elias nicht die Chance uns unsere Uneinigkeit wie einen Spiegel vorzuhalten und mein Mann kann seine angedrohte Konsequenz noch einmal überdenken und mit Elias alleine klären. Sonst untergrabe ich damit die Autorität meines Mannes und dazu kommt, das Elias meint, dass er mit mir alles machen kann.


    Beispiel von gestern:

    Abendessen, es gibt 2 Sachen die alle mögen, 1 Sache die Elias zwar mag, aber nicht so gerne.

    Ich habe ihm davon aber trotzdem eine Minilöffel auf den Teller gegeben, weil es Gemüse ist und ich es einfach möchte, dass er das isst. Elias hat dann die beiden Sachen, die er gern mag gegessen und sich das Gemüse bis zum Schluss aufgehoben. Dann probiert und er wollte es nicht weiter essen, weil er es so nicht mochte (es war Kohlrabi, die er eigentlich gerne isst, aber diesmal mit einer hellen Soße, die er nicht mochte).

    Mein Mann hat dann rumgebollert, dass Elias das auf jeden Fall essen muss und wenn nicht, darf er diese Woche nicht bei seinem Freund schlafen und am nächsten Tag auch nicht an dem Ausflug mit dem Freund und dessen Familie teilnehmen. Für mich total unverhältnismäßig! Ich habe dann Elias auch noch mal gebeten, dass er das Gemüse isst, aber er wollte nicht. Er war dann ganz geknickt, wegen des Verbots meines Mannes. Eine klassische Erpressung war das und genau das mag ich nicht - wobei ich das Mittel auch schon häufig verwendet habe (leider).

    Meinen Mann hab ich heute früh dann gebeten, dass mit Elias zu klären, weil das einfach ungerecht ist. Jetzt bezieht sich mein Mann mir gegenüber aber darauf, dass es ihm nicht nur um das Nichtessen geht, sondern weil Elias sauer reagiert hat, als er das Verbot bekommen hat. Ich frage mich jetzt, wie soll Elias denn reagieren wenn er so eine unverhältnismäßige Konsequenz aufgezeigt bekommt? Darf er dann nicht sauer sein?

    Mein Stand jetzt ist, dass ich nicht weiß wie die beiden verblieben sind. Die sind zu Hause und ich arbeite im Büro. Bei uns sind gerade Ferien.


    Sehe ich das ganze falsch? Gibt es noch einen anderen Blickwinkel, den ich berücksichtigen sollte?


    Wie macht ihr das? Wie schafft ihr es, dass man nicht in jeden Streit, jede Meinungsverschiedenheit alles auf den Tisch bringt, was einen schon öfter / länger gestört hat?


    Ich bin müde von dieser ganzen Erziehungs-/Partnerschaftssache..... manchmal wünsche ich mir, dass ich mal 3 Monate einfach nur alleine meinen Alltag bewältigen kann und mich nicht immer um irgendwas kümmern muss.

  • Hm, dazu muss ich sagen, dass ich wahnsinniges "Glück" habe, dass mein Mann und ich erziehungstechnisch ziemlich auf einer Wellenlänge liegen. Wir waren uns tatsächlich nie wirklich uneinig (unser älteres Kind ist 11)...


    Wichtig finde ich, dass ihr Unstimmigkeiten nicht vor Elias klärt. Das setzt du ja schon ganz gut um.


    Unstimmigkeiten sind okay, aber man muss schon irgendwie auf einen Nenner kommen. Ich denke, in dem Fall ist viel Redebedarf zwischen dir und deinem Mann gegeben. Wie sich Eltern positionieren, sollte ungehört vom Kind passieren. Schon leichte Unstimmigkeiten können eine Situation leicht zum Kippen bringen. Außerdem werden Eltern dann recht wahrscheinlich gegeneinander ausgespielt. Das gelingt schon kleinen Kindern, Jugendliche sind darin wahre Meister...


    Zu der konkreten Situation: Ich halte wenig davon, ein Kind zum Essen zu zwingen oder zu überreden... Damit bekommt das Thema oft ein Gewicht, das es sonst gar nicht hätte... Vor allem bei einem Jugendlichen würde ich mich da nicht mehr einmischen. Ich sage einem Erwachsenen auch nicht, was er kosten/mögen/ihm schmecken soll... Das läuft in dem Alter dann rasch in die Richtung: "Mich nimmt keiner ernst..." (es ist leider tatsächlich oft so, dass wir ein wenig "verlernen", unsere Kinder ernstzunehmen...) Beim Thema "schlechter Esser" kann ich übrigens gut mitreden. Meine fast 10-jährige Tochter fällt in die Kategorie. Ich strenge mich wirklich an, hier nicht zu sehr zu intervenieren, sondern gerade so, dass sie es "nicht mitbekommt". Druck und Stress beim Essen kann halt wirklich viel auslösen. Bei uns klappt es besser, wenn sie ins Kochen eingebunden ist bzw. sich einfach selbst eine Alternative zubereitet, wenn ihr das eigentliche Essen nicht schmeckt.


    Die Konsequenz "Teller wird nicht aufgegessen, deshalb gibt es kein Freizeitvergnügen" ist für mich überhaupt nicht stimmig. Fühlt sich das für deinen Partner so tatsächlich passend an? Wie wäre es, wenn Elias in solchen Situationen zB das nächste Mal kocht/das Abendessen herrichtet? Win-win sozusagen?


    Alles Liebe,


    Dani! :)

  • Liebe Dani, ich stimme dir da in allen Punkten zu. Ich hätte natürlich am liebsten, dass mein Mann erziehungstechnisch auch so denken würde wie ich. Dann wäre es leichter und ich könnte mich blind darauf verlassen, dass alles seinen Gang nimmt. Das ist aber nur selten der Fall. Bei meinem Mann kommt es mir häufig so vor, als wenn er Elias wie einen Hund abrichten will. Blöder Vergleich und sicher auch übertrieben beschrieben, aber es wird von meinem mann vieles erwartet, was Elias noch garnicht können/verstehen kann, weil es eben ein Erwachsenending ist.


    Na ja... wir arbeiten weiter dran ;)

  • Hallo! :)


    Erwartungen sind an und für sich nicht schlecht. Die darf man an Kinder ruhig haben, auch, wenn sie (noch nicht) erfüllt werden können...


    "Abrichtendes Erziehungsverhalten" ist aber natürlich eine andere Sache... Konditionierung finde ich generell nicht gut. Es mag zwar vordergründig manchmal "wirken", in Wirklichkeit handelt es sich aber natürlich um kein verinnerlichtes Verhalten, das aus der Motivation des Kindes heraus kommt...


    [Heimerziehung zB hat leider sehr, sehr lange genau so funktioniert (parieren, gehorchen, aus Angst artig sein etc.). Herausgekommen sind gebrochene Menschen...]


    ---


    Bei den Diskussionen zwischen dir und deinem Mann darfst du nicht vergessen, dass Erziehungsverhalten auch ganz stark von der eigenen Erziehung geprägt wird. Da gibt es sehr viele Einflussfaktoren, derer man sich gar nicht immer bewusst ist. Habt ihr da schon einmal darüber gesprochen? Wie eure eigene Erziehung jeweils passiert ist?

  • Guten Abend 😀

    Ich melde mich dann auch mal wieder.

    Es ist nicht besser geworden. Eher schlechter. Mein Mann geht nicht auf Elias Sorgen/Vorwürfe ein, also kriege ich von Elias alles ab. Seinen ganzen Unmut. Seinen Frust und ständig Vorwürfe.

    Er lehnt uns beide ab. Komplett. Er sagt das ganz klar. Will lieber in ein Heim als hier zu bleiben. Seiner Meinung nach meckern wir nur mit ihm. Wir sind auch bei einem Kinderpsychologen. 8 Termine hatten wir bisher. Er sagt dort immer, dass alles ok ist. Sagt mir auch ganz klar, dass er dem psychologen nichts erzählen will.

    Grund der Besuche ist sein Klassenclowngehabe in der Schule, dass er schon seit Klasse 1 macht. Jetzt ist er in Klasse 6.

    Ich bin so ratlos, hilflos, verzweifelt.


    Wir haben Handysperren eingestellt bzw. Applimits, weil wir nicht wollen, dass er ständig in Social Media Kanälen hängt. Darüber ist er sauer. Ist aber nicht neu. Das haben wir schon immer. Nur jetzt beschwert er sich sehr.


    Er sagt ganz klar, dass er mich hasst. Dass ich ihm egal bin. Dass er weg will und dann auch keinen Kontakt will, wenn er woanders ist. Ich sag ihm immer, dass er mir überhaupt nicht egal ist, im Gegenteil, er ist das Wichtigste und Liebste für mich. Er sagt sogar, dass er weiß, dass ich mich nicht ändern werde und deshalb will er mir auch keine Chance geben, etwas anders zu machen.


    Wenn ich ihn frage, wieso er nur mir solche Sachen an den Kopf wirft, sagt er, dass es Papa nicht interessieren würde, wenn er das zu ihm sagen würde.

    Dann wiederum sagt er, dass er mit mehr Freiheiten (Handy) ein tolles Leben hätte und dann auch von selbst was für die Schule tun würde.


    Er erpresst mich emotional. Ich habe so unglaubliche Angst davor, dass er ernst macht. Dass er tatsächlich weg will. Andersrum denke ich, dass er das sagt, weil er weiß, wie sehr er mich mit seinen Aussagen trifft. Ich heule dann auch, kann das nicht steuern. Mein Mann sagt dann, „dann geh doch“. Das kann ich nicht sagen.


    Ich kann nicht mehr. Ich will auch nicht mehr. Das macht mich fertig.


    Sorry für den langen Text.


    LG

  • Ich kann dich sehr gut verstehen!

    Auch ich kenne das , mein Sohn ist nun 15 und hat immer noch Kindersicherung und zeitliche Einschränkungen sowie Sperrungen am Handy und PC. Auch ihm passt das nicht, aber er nimmt es mit der Weile hin. Elias scheint das nicht hinzunehmen. Das ist aber nur das eine, ich denke das es vielleicht auch nur ein Vorwand ist. Ich weiß nicht genau wie ich es dir beschreiben soll.

    An sein Vater kommt er nicht ran, fühlt sich nicht ernst genommen und auch nicht geliebt, an dir lässt er alles aus, den Vater scheint es nicht zu interessieren, ich würde euch eine Familientherapie empfehlen.

    Nur da kann dem Vater die Augen geöffnet werden und ihr könnt zusammen an Lösungen arbeiten.

    Elias meint das nicht wirklich wenn er sagt das er weg will, das ist sein Hilferuf.

  • Liebe Gilfy, vielen Dank für deine Antwort.

    Ich denke auch, dass das ein Hilferuf ist. Eine Familientherapie wäre bestimmt das richtige für uns. Aber mein Mann sieht die Fehler nicht bei sich. Der ist einfach nur genervt, dass es nicht alles harmonisch abläuft. Er meint, wenn er was sagt, muss Elias spuren. tut er aber nicht. Oft geht das leider nur über "Erpressung". Beispiel: Du gehst erst mit deinem Freund raus, wenn du deine Dreckwäsche in den Keller gebracht hast. Anders klappt es oft nicht, weil er dann schon 3mal vorher einfach alles liegen gelassen hat.


    Ich hasse mittlerweile Handys und Co. Das ist bei uns der Hauptstreitpunkt.


    LG

  • Nun ja, dein Sohn ist keine Maschine, er ist ein Mensch und dazu noch klein. Da muss nicht alles sofort und auf Anhieb klappen.


    Wenn du deinen Mann dazu bringen kannst eine Familientherapie zu machen, dann reicht das ja erstmal. Seine Einsicht kommt dann bestimmt während der Therapie. Die Leute dort können das sehr gut vermitteln und vielleicht sieht dein Mann dann ein was er selbst falsch macht.

  • Hallo! :)


    Ich glaube, dass da ganz viel Dynamik bei euch vorhanden ist. Ich lese emotionale "Erpressung" (salopp), Überforderung und Hilferuf heraus. Und zwar von allen Seiten... Dass der Papa sich seines Tuns nicht bewusst ist, glaub ich gar nicht. Es ist allerdings sehr, sehr schwer, sich aus solchen Mechanismen zu emanzipieren und etwas zu verändern. Dazu musste eben auch ein Veränderungswillen vorhanden sein. Und die Erkenntnis, dass in dem Alter so mancher Zug bereits abgefahren ist, wiegt auch schwer... Für mich auch spannend, dass der Sohn genau weiß, wo er sich benehmen kann, wie er es tut. Auch Mamas dürfen sich manchmal abgrenzen. Der Papa kann das scheinbar ganz (zu!) gut...


    Eine Therapie (Familientherapie) ohne dem tatsächlichen Willen aller Beteiligten, wird kaum Sinn machen, denke ich... Etwas Niederschwelligeres hat da eventuell bessere Chancen auf Erfolg... Vielleicht nur mal eine einzige Erziehungsberatungs- oder Coachingeinheit probieren zu viert. Eventuell auch Mediation...


    Die Therapie des Sohnes würde ich mir genau anschauen... Wenn nach so vielen Einheiten noch so wenig Beziehungsaufbau passiert ist, dass sich der Sohn gar nicht öffnet, stimmt was nicht. Eventuell passen Therapeut oder Setting nicht. Bitte ruhig den Sohn nach seiner Meinung fragen. Vielleicht kann er mit dem Therapeuten einfach nicht...


    Sonst ein ganz profaner Tipp fernab von allen Professionisten, Handy-Ärger etc.: Gemeinsame Zeit, in der ganz einfache Dinge passieren: Karten spielen, gemeinsam kochen/backen/handwerken, Sport,... Etwas, das verbindet, ohne großartig was leisten zu müssen. Braucht nicht viel Zeit und bewirkt viel. Euer Sohn ist noch jung genug, dass er sich auf solche Dinge einlässt... Manche Dinge darf man ruhig über die "Ich schaffs alleine nicht"-Schiene spielen und ihm Kompetenz zugestehen...


    Alles Liebe

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!