Was tun, wenn sich ein fremdes Kind wie zu Hause fühlt?

  • Wenige Wochen vor den Ferien brachte mein Sohn eines Mittags ein Mädchen mit nach Hause. Oh, habe ich gedacht, er hat eine kleine, neue Freundin gefunden. Später erzählte er aber, dass sie ihm einfach gefolgt ist und dabei wohl so aufdringlich war, dass er sie nicht mehr wirklich loswurde.
    Von diesem Tag an kam sie jeden Tag. Kommt sie immer noch, denn in den Ferien stand sie immer morgens vor unserer Tür und wollte uns besuchen.


    Sie ist etwas jünger als mein Sohn und kommt nach den Ferien in die 3. Klasse, hat sie erzählt. Ein ganz liebes Mädchen, das wir abends fast schon zwingen müssen, zu gehen. Wenn wir mal weg müssen, dann "geht sie nach Hause". Manchmal schaut sie dann später nochmal vorbei. Manchmal auch erst wieder am nächsten Tag. Dass wir sie nach Hause bringen, will sie nicht. Mir kommt das alles so komisch vor. Sie ist zwar manchmal etwas schmuddelig angezogen, aber nicht ungepflegt und verhungert. Den Eindruck, dass sie total verwahrlost aufwächst habe ich eigentlich nicht.


    Wie verhalte ich mich richtig? Sollte ich etwas Druck ausüben und darauf bestehen, ihre Eltern kennen lernen zu wollen? Oder wäre es besser, über die Schule mehr herauszufinden? Oder soll ich es einfach so lassen wie es ist?

  • Über die Schule könnte schwierig werden, die haben eine Schweigepflicht.
    Weißt du wo das Kind wohnt und herkommt? Ich würde sie erstmal lassen, in Gespräche verwickeln und eine Vertrauensbasis aufbauen. Dann bekommst du bestimmt ein bisschen aus ihr raus.
    Vielleicht sind ihre Eltern arbeiten und sie möchte nicht so viel und lange alleine zuhause sein!


    Wenn du nichts aus ihr raus bekommst, würde ich mal den Kontakt zu ihren Eltern suchen.

  • Hallo Annike,


    das ist ja eine verrückte Geschichte :)
    und gleichzeitig macht sie mich auch ein wenig traurig.


    Sie schreiben, dass die Kleidung des Mädchens etwas schmuddelig wirkt. Das lässt vermuten, dass die Eltern sich nicht gut genug um sie kümmern. Es ist möglich, dass die Eltern arbeiten sind und sie nicht nach Hause kann, solange die Eltern unterwegs sind, weil sie keinen Schlüssel hat. Es könnte auch sein, dass sie nicht nach Hause gehen will, wei ldie Eltern nicht da sind oder warum auch immer.


    Schmuddelige Kleidung oder Kleidung, die von der Größe her nicht paßt oder nicht zum Wetter paßt, sind immer Alarmzeichen in Richtung Kindeswohlgefährdung.


    Ich frage mich nun aber auch, wie Ihr Sohn mit der Situation umgeht. Sie schreiben, er wollte sie gar nicht mitbringen, aber dass sich das Mädchen aufgedrängt hat. Wie ist es inzwischen? Wie geht es Ihrem Sohn damit? Denn das Mädchen scheint ja nun recht oft bei Ihnen zu Hause zu sein.


    Sie haben die Möglichkeit, weiter Vertrauen zu dem Mädchen aufzubauen und sie nach ihrem Zuhause zu fragen. Sie können sie ja fragen, wo sie wohnt, ob sich ihre Eltern keine Sorgen machen, wenn sie nach der Schule nicht nach Hause kommt. Darauf zu bestehen, die Eltern zu kontaktieren, würde ich nicht tun, damit könnten Sie ihr Vertrauen erschüttern und wer weiß, wo sie sich dann stattdessen herumtreiben würde.


    Sie haben aber auch die Möglichkeit, sich an die Klassenlehrerin der Kleinen zu wenden und dort einfach zu berichten, dass dieses Mädchen zu ihnen nach Hause kommt und dass sie sich Sorgen machen, auch weil Ihnen aufgefallen ist, dass sie immer wieder etwas verwahrlost wirkt. Hier wäre wiederum die Schule verpfichtet, eine Kindeswohlgefährdung zu melden.


    Ich bin gespannt, wie diese Geschichte weitergeht.


    Klara

  • Vielen Dank für eure Antworten.
    Es ist ein unkompliziertes Mädchen, das eigentlich nicht stört. Man hat eher das Gefühl, dass sie nur dabei sein will. Mein Sohn geht damit ganz gut um. Am Anfang hat er ein paar Mal die Augen verdreht. Da sie aber immer das macht, was er will, alle Vorschläge unsereins sofort annimmt, gibt es auch überhaupt keine Reibungspunkte.
    Ja, ich bin auch sehr gespannt.

  • Hat sie gesagt, dass ihr sie nicht nach Hause bringen sollt?
    Hast du gefragt? Vielleicht dann nochmal anders versuchen. Statt "Sollen wir dich nach Hause bringen?" besser "Komm, wir bringen dich jetzt nach Hause."


    Es gibt gerade in Bezirken mit Armut, sozial Abgestiegenen, aber auch Migranten immer mal Kinder, denen der Halt zu Hause fehlt. Früher haben wir auch in so einem Viertel gewohnt. Die Kinder hängen nur rum, die Eltern interessiert das nicht und die Kinder gehen völlig angstfrei zu Fremden in die Wohnung. Wir wurden manchmal von Kinderhorden angesprochen, ob wir etwas "zu Naschen" hätten. Und wenn man gesagt hat, nichts dabei, nur zu Hause, wurde man sie nicht mehr los und sie wollten sich mit ins Haus drängen.

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