Was tun wenn Kind nicht hört

  • Hallo,
    ich betreue einen 5 jährigen Jungen. Häufig wenn ich komme spielt er zunächst schön mit mir. Sobald ich mich dann mit seiner Mutter unterhalte, wird ihm langweilig und er macht den Fernseher an (obwohl ich ihm ausreichend Alternativen biete was er spielen kann.) Ich bitte ihn dann den Fernseher wieder aus zu machen. Er hört nicht. Schliesslich endet es jedes Mal damit, dass ich den Fernseher aus mache und ihn daran hindere ihn wieder an zu machen. Er rennt dann schreiend und tobend in sein Zimmer, schliesst sich ein und schlägt mit Gegenständen gegen die Tür. Die Mutter und ich beachten es nicht. Nach einer Weile kommt er wieder raus und das Ganze geht von Vorne los. Er hört nicht, akzeptiert kein nein und verhält sich extrem aggressiv. Gestern hat er mich sogar gebissen. Was soll ich nur tun?

  • Hallo Sarah71,


    herzlich willkommen hier im Forum!


    Mich würde ebenfalls interessieren, in welchem Verhältnis Sie zu diesem Jungen stehen. Sie schreiben, dass Sie ihn betreuen, doch gleichzeitig ist auch die Mutter anwesend. Das verstehe ich nicht. Welchen Betreuungsauftrag haben Sie? (Nachbarin, Freundin der Mutter, Tagesmutter, Familienhilfe über das Jugendamt...)


    So wie Sie das Verhalten des Jungen beschreiben, scheinen ihm schlicht klare Regeln und auch Grenzen zu fehlen. Ihn zu ignorieren, wenn er tobt, finde ich schwierig. Sie beschreiben ja auch, dass er sich dann nicht beruhigt, sondern "von vorne" anfängt, was dafür spricht, dass er Aufmerksamkeit braucht und wenn es sein muss, dann eben mit Hilfe von unerwünschtem Verhalten.


    Ich freue mich auf Ihre Antwort


    Klara

  • Es ist eine Familienmassnahme über das Jugendamt und ich bin dort als Betreuungshelferin. Wir haben sein Toben nicht völlig ignoriert, aber da er sich eingeschlossen hatte, konnten wir nicht viel machen und ausserdem denke ich, dass er ja genau das damit erreichen will, uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Es muss möglich sein, dass ich auch mal mit der Mutter zwischendurch rede, denn auch sie braucht ja Zuspruch.
    Ausserdem finde ich es nicht ok, dass er einfach jederzeit den Fernseher anmacht ohne zu fragen und auf ein `nein`gar nicht reagiert.

  • wie gesagt er soll nicht ständig nur beschäftigt werden, da er auch lernen muss sich mal alleine oder mit seinem Bruder zu beschäftigen. Aber ich glaub in dem Moment würde auch das ihn nicht ablenken.
    Ich denke ich werde tatsächlich nächstes Mal den Stecker raus ziehen, den Schlüssel vom Kinderzimmer einkassieren und die Mutter auffordern es zu regeln. Denn eigentlich ist es ja auch ihre Aufgabe.
    Generell werde ich ihm nochmal erklären, dass es ein paar Regeln gibt, die er einhalten muss.
    Das Problem ist, was ich mache wenn er sich erneut nicht daran hält. Generelles Fernsehverbot kann ich sicher vergessen, da die Mutter sich bestimmt auch nicht daran hält, wenn ich wieder weg bin.
    Danke für alle bisherigen Tipps!

  • Hi Sarah71, ist er denn bei seiner Mutter genau so und wie sieht das/wie geht die Damit UM? Ich finde, man sollte einem Kind in dem Alter das alleinige Einschalten des TV gar nicht erst ermöglichen. Auch sollte man Konsequenzen bei "Fehlverhalten" von vornherein und im Idealfall im Einklang mit der Mutter aufzeigen und diese auch mal konsequent durchziehen. Dem Jungen gehören mE Grenzen aufgezeigt. Wie ist denn der Bruder drauf?

  • Hallo Sarah71,


    danke für Ihre Antwort. Das Schwierige an solchen Betreuungsmaßnahmen ist häufig die Motivation der Eltern. Sie betreuen den Sohn und wollen ihm die ein oder andere Regel beibringen, doch was geschieht, wenn Sie wieder gegangen sind?

    Ausserdem finde ich es nicht ok, dass er einfach jederzeit den Fernseher anmacht ohne zu fragen und auf ein `nein`gar nicht reagiert.

    Das Verhalten des Jungen ist sicherlich nicht einfach so entstanden, sondern kommt vermutlich daher, dass er dies bisher genau so machen durfte, ohne dass es eine Konsequenz gab. Möglicherweise war der Fernseher bisher sogar eine Art Aufmerksamkeitsersatz.


    Das Verhalten des Jungen ist letztlich doch das Symptom, das, was nun auffällig ist oder sogar unerwünscht. Die spannende Frage ist: Was ist die Ursache? Woher kommt sein Verhalten? Und wie muss sich der Rahmen ändern, dass der Junge auch sein Verhalten ändern kann und will?


    Wenn Sie neue Fernsehregeln aufstellen wollen, was ich grundsätzlich auch sinnvoll finde, würde ich dies gemeinsam mit der Mutter besprechen und dies auch gemeinsam mit der Mutter in einem Gespräch ankündigen. Wichtig fände ich hier dann einen Ersatz für den Jungen. Wenn er bisher nicht gelernt hat, sich alleine zu beschäftigen, ohne dass der Fernseher läuft und nun nimmt man ihm das so plötzlich weg, sollte er Alternativen gezeigt bekommen.
    Spielt (bzw. basteln, malt, liest etc.) denn die Mutter mit ihren Kindern? Gibt es hier Spielzeiten, in denen die Kinder Aufmerksamkeit bekommen?


    Herzliche Grüße
    Klara

  • Hallo Piffi, hallo Klara,
    die Mutter zeigt den Kindern kaum Grenzen auf. Sie meint die Kinder haben so viel durchgemacht, dass man ihnen einiges nachsehen kann. Beide Kinder sind extrem aggessiv und verletzen sich häufig gegenseitig. Der Kleinere hört auch nicht, flippt aber nicht so extrem aus.
    Die Mutter spielt gar nicht mit den Kindern. Sie ist froh, wenn die Kinder so lange wie möglich im Kindergarten sind. Ich werde ihr mal einige Möglichkeiten aufzeigen, was sie mit den Kindern spielen kann und wie sie Grenzen setzen kann. Eine letzte Frage: welche Konsequenzen könnten folgen, wenn die Kinder sich nicht an die Regeln halten?
    Danke für alle Tipps!


    LG
    Sarah

  • Hallo Sarah71,


    oh, dann war meine Vermutung richtig... :( ich habe schon befürchtet, dass die Mutter keinen Rahmen gibt und sich zudem nicht oder kaum mit ihren Kindern beschäftigt. Dass diese dann wiederum als Folge davon Verhaltensweisen entwickeln, um dennoch die Aufmerksamkeit der Mutter zu erhaschen, verwundert mich nicht im Geringsten.
    Was meint denn die Mutter damit, dass die Kinder so viel durchgemacht haben?


    Wenn die Mutter so wenig greifbar ist für die Kinder und nur reagiert und auf sie eingeht, wenn sie extrem stören und laut und aggressiv sind, ist klar, warum die Kinder so sind, wie sie nun sind. Die Mutter läßt ihre Kinder ja keinerlei Geborgenheit und Wärme erfahren, keine Verlässlichkeit, Sicherheit und Nähe - sie ist dann präsent, wenn die Kinder ausflippen und unter Umständen werden sie dann auch noch ignoriert, weil sie ausflippen. Das ist sehr traurig und auch grausam... Oh je. ;(
    Die Kinder werden sich nur dann zu Hause ändern, wenn sich die Mutter auf ihre Kinder einlässt und sie wirklich beginnt, wahrzunehmen und sie in ihren Bedürfnissen auch ernst zu nehmen. Und Kinder brauchen ganz unbedingt nicht nur Grenzen und Regeln, sondern v.a. Zuwendung und Zuneigung.


    Ich würde den Fernsehkonsum nicht abstellen, sondern dosieren, denn sonst ist die Veränderung vermutlich zu groß. Wie wäre es, das Fernsehen zu dosieren und Fernsehen gibt es nur dann, wenn die anderen Dinge auch gut gelaufen sind, wenn die anderen Regeln eingehalten wurden? Grundsätzlich finde ich Fernsehen als Belohnung ja nicht sinnvoll, aber in diesem speziellen Fall scheint mir die Arbeit mit dem Medium Fernsehen passend, eben weil es bisher so einen großen Stellenwert hatte.


    Alles Gute und viel Kraft wünscht
    Klara

  • Liebe Klara,
    vielen Dank für die Ratschläge. Es tut gut mal darüber zu reden. Im Febr. haben wir auch wieder Supervision, wo ich auch immer gute Tipps bekomme.
    Ich kann da leider nicht ins Detail gehen was die Kinder durchgemacht wegen der Schweigepflicht, auch wenn es recht anonym hier ist.
    Ich werde mir die Ratschläge zu Herzen nehmen und hoffe, dass ich davon etwas umsetzen kann.
    Viele Grüsse,
    Sarah

  • In Bezug auf Konsequenzen wäre es wichtig, den Alltag, Vorlieben und Abneigungen zu kennen, aber wenn man Regeln aufstellt fällt einem idR auch parallel was ein, das man als Konsequenz zum Verstoßes nutzen kann, wichtig ist, dass ein fuer ein kleines Kind verständlicher Zusammenhang besteht. Bspw. Neue Spiele erst, wenn die alten weggeräumt wurden, Suesses erst wenn richtiges Essen alle ist usw.

  • Ja, das hab ich bei meinen eigenen Kindern auch gemacht. :) Instinktiv macht man ja doch so einiges richtig,doch obwohl ich Erziehrin bin, steh auch ich manchmal ratlos dar.
    Gestern war ich wieder bei der Familie. Es war ganz wundervoll. Ich hab mit den Kindern 2 Std konzentriert gespielt. Wasserfarben gemalt, Puzzle, Vestecken....am Ende haben wir uns auf dem Sofa zusammen gekuschelt und ein Buch angeschaut, und da hab ich gemerkt wie kuschelbedürftig die Beiden sind.
    Die Mutter war in der Zeit einkaufen. Hinterher hab ich noch 1 Std mit ihr geredet, während die Kinder Fernseh gucken durften. Der Junge, der so aggressiv gewesen war, kam dann nochmal von sich aus zu mir und wollte über die Situation reden. Ich hab ihm alles erklärt und er schien es verstanden zu haben.
    Ach ja, und die Schlüssel sind jetzt alle an einem sicheren Ort. :)
    Danke nochmal!

  • Hallo Sarah,


    das klingt doch wunderbar. Ich bin selbst auch immer wieder erstaunt, wie entspannt und insgesamt positiv Dinge plötzlich ablaufen können, wenn man innerlich für sich selbst klar ist und wenn man diese Befürchtungen, die nichts anderes sind als "negative Erwartungen", außen vorläßt.


    Bleiben Sie dran!
    Ich denke, die Kinder genießen Ihre Aufmerksamkeit in vollen Zügen, das ist Balsam für deren Seelen.
    ^^


    Klara

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