Amblyopie,was tun wenn das Kind das Pflaster nicht tragen will?

  • Hallo,


    meine 5 jährige Tochter muss seit Mai ein Okklusionspflaster 4-6 h am Tag plus Brille ganztägig tragen. Diagnose Amblyopie mit leichtem nicht sichtbarem Schielen.
    Anfangs hat sie sehr vernünftig reagiert und das Pflaster konsequent getragen. Wenn es schwierige Tage gab, half erklären und gut zureden.
    Mittlerweile ist es jeden Tag ein Kampf um das Tragen des Pflasters und die Brille bleibt oft in der Ecke liegen.
    Alles erklären und um Verständnis ringen hilft nicht.
    Als es gut lief haben wir sie viel gelobt und auch mal eine Überraschung für sie als Belohnung hervorgeholt.
    Die Pflaster haben ja heute tolle Motive, die sie selbst wählen durfte. Für die Brille, die sie ganz alleine aussuchen durfte (wir haben uns trotz hohen Preises nicht eingemischt, schliesslich soll sie sie gerne tragen) erhält sie überall Komplimente. Sie hat wirklich zielsicher eine ausgesucht, die ihr hervorragend steht.
    Auch auf das Pflaster reagieren viele positiv, da die Motive toll sind.
    Soweit ich weiss, gab es noch keine Hänselei im Kindergarten. Es wurde anfangs in ihrer Gruppe besprochen. Meistens will sie das Pflaster morgens nicht tragen. Aber 1-2 x die Woche hat sie es im Kindergarten an.
    Anfangs waren wir sehr geduldig, haben sie entscheiden lassen, wann sie es tragen will und haben wirklich viel Verständnis gezeigt.
    Jetzt sind wir manchmal total genervt, weil es einfach kein Einsehen mehr geben will.
    Seit ein paar Tagen kleben wir es auf und zwar gleich morgens. Da sie immer wieder das Tragen auf nach dem Frühstück, nach dem Anziehen, nach dem Mittagessen verschoben hat und dann erst nicht wollte.
    Bisher hat sie es nur an einem Tag gar nicht getragen. Ansonsten kamen wir immer mindestens auf 4 Stunden. Aber seit ein paar Tagen wird auch das immer schwieriger. und vor allem nur unter bösen Worten. Vorzugsweise von meiner Tochter.
    Sie ist ein Kind, das sehr auf Ihr schönes Aussehen bedacht ist. mit unter 2 Jahren hat sie schon sehr genau gewusst, was sie anziehen will und was nicht.
    Mit 4 1/2 wollte sie plötzlich nur noch Röcke und Kleider tragen. Das hat sie konsequent durchgezogen, eher wäre sie zu Hause geblieben, als eine Hose anzuziehen. Auf Nachfrage nach dem Warum kam ganz klar: Damit sehe ich nicht schön aus. Dann bin ich hässlich!!!
    Ich vermute, dass das und auch ein neues Schamgefühl, das ja bekanntlich so mit 5 Jahren einsetzt der Grund für die Ablehnung des Pflasters ist.


    Nun ist es aber so, dass ich meinen Kindern einen guten Start in diese Welt mitgeben will und dazu gehört eindeutig ein gutes Sehvermögen! Ich verstehe, dass das ein 5-jähriges Kind nicht ermessen kann, was es heisst schlecht zu sehen. Mit beiden Augen sieht sie ja bisher ausreichend. Sonst wäre es nicht erst bei der Schuluntersuchung durch schlechtes räumliches Sehen aufgefallen.
    Allerdings ist der Unterschied zwischen dem schlechten und gesunden Auge recht groß.
    Aber ich weiss einfach nicht, wie ich ihr verständlich machen kann, dass Brille und Pflaster ein Muss ist, über das sich nicht streiten/diskutieren lässt.
    In letzter Zeit werde ich auch mal ungehalten und schimpfe mit ihr wenn ich mit Engelszungen nicht weiter komme. Mir ist bewusst, dass das meiner Hilflosigkeit in dem Moment entspringt und das tut mir dann nachträglich immer Leid. Ich erkläre ihr das in ruhigen Minuten auch oft nochmal, warum ich so stinkig werde. Aber ich habe Angst, dass wir das nicht gut hinbekommen und die Therapie nicht hilft, weil sie nicht mitmacht.


    Gibt es denn keine Tricks und Tips, die Eltern bei diesem Thema helfen?
    Ich möchte nicht jeden Tag mit meiner Tochter deswegen streiten.


    ein verzweifelnder Kapellenzwerg...

  • Puh, damit haben wir so gar keine Erfahrung.
    Wie lange muss denn so ein Pflaster dran bleiben? Man könnte ein bisschen gemein sein, das aktuelle Schamgefühl ausnutzen und ihr erzählen, dass sie das Pflaster so und so lange immer tragen muss, weil sie sonst später schielt. Oder man stellt sie vor die Wahl: Kleid gibt es nur mit Augenklappe.

  • Hallo, das finde ich auch svhwer, diese Herausforderung haben wir zum Glueck nicht. In der Gruppe meiner Tochter gibt es auch einen Jungen, der so ein Pflaster tragen muss, Haenseleien habe ich auch noch nie erlebt, die Kinder wurden dazu auch informiert. Er trägt es meines Wissens auch ohne Probleme. Wahrscheinlich würde ich wie Annike ran gehen und mal Bilder zeigen, wie man aussieht, wenn man es nicht behandelt. Evtl. sollte sich der Arzt als idR ja sehr geachtete Vertrauensperson was dazu sagen, hat bei uns gut zum Thema Zaehneputzen geklappt.
    VG

  • Ich würde es ähnlich wie Annike versuchen.
    Ich habe mich schon immer mal gefragt, warum einige Kinder ein zugepflastertes Auge haben und immer die schönen Motive bewundert. Haben diese Kinder alle Amblyopie? Was ist das genau?

  • Hallo Kapellenzwerg,


    oh je, das ist eine wahrlich schwere Zeit für Ihre Tochter. Dass ihr nun nach einem Vierteljahr die Puste ausgeht und sie die Lust an dieser Behandlung verliert, also einen "Durchhänger" hat, kann ich absolut nachvollziehen. Mit nur einem Auge und dann noch mit dem schwachen die Welt zu sehen, ist sicherlich dazu noch mühsam und die Welt sieht einfach auch anders aus, denn das räumliche Sehen ist ja mit nur einem Auge auch nicht möglich und so wird vieles anderes bzw. schwerer bzw. mühsamer.


    Vielleicht ist dies ein guter Ansatzpunkt, dass sie genau das thematisieren. Ich finde, es gehört schon ein enormes Maß an Frustrationstoleranz und auch an Durchhaltevermögen dazu, solch ein Pflaster und dann noch eine Brille für das schwache Auge täglich über Stunden zu tragen. Eine enorme Herausforderung! Und drei Monate sind für ein Kind in diesem Alter ein gefühlt längerer Zeitraum als für uns Erwachsene.
    Hat denn der Augenarzt eine ungefähre Aussage gemacht, wie lange sie diese Behandlung mindestens aushalten muss?


    Ich finde es nicht richtig, mit Angst zu arbeiten und Ihrer Tochter damit zu drohen, dass sie hässlich sein wird, weil sie schielen wird, wenn sie die Behandlung abbricht bzw. unterbricht. Ihr das Schielen als mögliche Konsequenz aufzuzeigen, wenn die Behandlung nicht fortgesetzt wird, ist durchaus in Ordnung, doch nicht in Form von Drohungen. Sie ist ein Kind und ihr ist das gerade einfach zu viel und das ist mehr als menschlich. Vor allem jetzt im Sommer ist so ein Pflaster vermutlich auch unangenehmer als wenn es nicht so hell und warm ist. Hat sie denn auch eine Sonnenbrille mit Sehstärke? Vielleicht wäre das noch hilfreich.
    Und kann man das Tragen des Pflasters auf die Zeit zu Hause verlegen, das sie im Kindergarten davon "verschont" bleibt... nur für eine Weile?!


    Herzlich
    Klara

  • Hallo liebe Nutzer,


    Vielen Dank für Eure Antworten. Soviel ich weiß wird das Pflaster bei Schwachsichtigkeit (Amblyopie) und Schielen eingesetzt. Meist tritt beides gleichzeitig auf.


    Eine Aussage wie lange das Pflaster aufgeklebt werden muss haben wir nicht.
    Dass die Behandlung mind bis zum 12. Lebensjahr gehen soll aber schon.


    Welcher Gedanke steckt denn hinter der Sonnenbrille mit Sehschärfe? Sonnenbrille hat sie nämlich bislang nie tragen wollen.


    Wir haben zu Anfang wie gesagt das Kind entscheiden lassen, wann sie das Pflaster tragen will. Bei 4-6 h täglich hieß das entweder vormittags oder nachmittags. Da sie noch 1-2 h Mittagsschlaf macht, ist es oft knapp wenn sie erst danach das Pflaster trägt.
    Ich habe ihr erklärt, dass ich es traurig finde, dass sie sich nicht an unsere Abmachung hält. Oft hat sie ja immer wieder den Zeitpunkt des Anziehens nach hinten verschoben und wurde total bockig wenn wir ihr dann gesagt haben dass es aber anders abgemacht war.
    Nach dem Stress der letzten Zeit haben wir ihr klar gesagt: da sie sich nicht an die Verabredungen mit uns hält, wird es ab sofort morgens von einem Elternteil aufgeklebt. Dann hat sie es bis zum Mittagessen rum.
    Seit Montag ziehen wir das durch. Bisher hat sie das akzeptiert.
    Bin gespannt wie lange das anhält.


    P.S.
    Ich bin übrigens kein Freund von Drohungen. Oder droht irgend jemand seinem Chef wenn er was an der Arbeitssituation ändern will oder dem Partner wenn er etwas nicht so gut findet? Ich meine damit, was lernen Kinder für die Zukunft wenn man sie mit Drohungen zu etwas bringt...
    Ich versuche immer dem Kind zu erklären warum mir etwas wichtig ist. Auch wenn ich mal aus Hilflosigkeit losbrülle oder wegen etwas schimpfe, so sage ich meistens in einer ruhigen Minute danach warum ich gerade so sauer war. Manchmal ist man das ja aus Sorge, weil sie etwas tun, was sehr gefährlich sein kann, oder weil man sich zum xten Mal wiederholt
    Geerntet habe ich, dass meine Tochter uns und erst kürzlich auch den Großeltern schon gesagt hat: "ich hab Mama und Papa lieb, auch wenn sie mal schimpfen!"
    Das macht mich stolz.

  • liebe Klara,


    Ich vergaß; Es sind in 2 Wochen Ferien im Kindergarten. Dann kann sie 3Wochen das Pflaster tragen, ohne unter Freunden zu sein. Übrigens malt sie auch mit Pflaster ganz tolle Bilder.
    Bisher konnten wir bei ihr im Spiel, beim Malen oder Basteln oder Sport treiben und Toben nicht feststellen, dass sie Probleme im Vergleich zu "ohne Pflaster" reagiert. Sie hat schon öfter zu uns gesagt, dass das Auge jetzt schon ganz toll sieht.
    Anscheinend ist der Sehfortschritt in den ersten Wochen recht groß, aber man muss den Muskel trainieren, sonst verliert er das Erlernte auch schnell wieder.


    Beste Grüße
    Kapellenzwerg

  • Wenn das klappt ist es doch super.
    Ich kenne mich mit dieser Augenerkrankung ja nun überhaupt nicht aus. Wenn ich aber mit einem Pflaster schlimmeres verhindern kann, würde ich es durchsetzen, dass es gteragen wird. Kinder können die Folgen ihrer Taten noch nicht erkennen. Sie leben überwiegend im Hier und Jetzt. Und wenn ich heute schlecht sehen könnte oder schielen würde und erfahren würde, dass man es mit dem regelmäßigen Pflaster hätte verhindern können, meine Eltern sich aber nicht durchgesetzt haben, weil sie mir die Entscheidung überlassen wollten, dann wäre aber was los. Ich wäre zu Recht wütend auf meine Eltern und würde ihnen Vorwürfe machen.

  • Lieber Kapellenzwerg,


    den Gedanken mit der Sonnenbrille mit Sehstärke hatte ich allein aufgrund des Sommers und weil es da ja manchmal einfach gut tut, eine Sonnenbrille zu tragen, weil es so hell ist.


    Ich denke nach wie vor, dass Ihre Tochter deshalb so bockig wird, weil ihr die Puste ausgeht. Und so wie Annike bereits angemerkt hat, ist es hier nun wichtig und Ihre Aufgabe, dass Sie Ihrer Tochter beim Durchhalten helfen, indem Sie immer wieder erklären, warum das Pflaster wichtig ist und dass Sie sich auch entsprechend durchsetzen.
    Das ist sicherlich keine schöne "Rolle" und Aufgabe, die Sie hier momentan haben, aber Kinder müssen Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz erst lernen und üben. Und Ihre Tochter ist auch noch zu jung, um sich bewusst machen zu können, welche Auswirkungen ein Abbruch dieser Behandlung in der Zukunft verursachen kann.


    Sie schaffen das!
    Klara

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