Am Ende meiner Kräfte

  • Hallo
    ich fühle mich am Ende meiner Kräfte.
    Kurze Vorgeschichte - Der Papa meines Sohnes ist vor einem Jahr verstorben. Ich selbst habe bis heute noch mit dem Verlust zu kämpfen.
    Seit vielen Monaten stottert mein Sohn 3,5 Jahre (war vor dem Tod seines Vaters noch nicht). Die Kinderärztin geht bisher nicht drauf ein. Wäre wohl normal.
    Ich bin berufstätig und arbeite oft auch Wochenende und gelegentlich Spätdienst. Ich bin schon mit den Arbeitsstunden auf 6 pro Tag runter, da ich zusätzlich einen weiten Arbeitsweg habe.
    Mein Sohn ist draußen ein lieber netter kleiner Kerl. In der Kita zieht er sich allein an und versucht selbstständig zu sein.
    Zu Hause haben wir das ganze Gegenteil. Er haut seine große Schwester (16) und auch mich und lacht uns dabei an. Er schreit mich oft an und weint viel. Es gibt öfters Machtkämpfe, auch mit dem "ins Bett gehen". Das schlimmste aber ist für mich, da wir früh zeitig raus müssen, das er sich nicht anziehen will. Da geht das Geschrei füh schon los. Ich versuche ruhig zu bleiben und will ihm beim anziehen helfen, doch er blockiert fast immer. Dann wirds laut und handgreiflich. Ich ziehe ihn dann irgendwann mit "Macht" an. Das heißt, ich ziehe ihn an und er wehrt sich mit Händen und Füßen.
    Er lässt sich generell nicht gern anziehen. Selbst macht er es aber auch nicht zu Hause. Er wirkt manchmal so aufgedreht. meist am späten Nachmittag. Dann rennt er durch die Wohnung und hopst auf dem Sofa rum. Was mir natürlich überhaupt nicht gefällt. Ich rede ihm gut zu, er soll das bitte nicht machen. Und er...lacht und macht weiter. Als würde ihm das nicht interessieren.
    Ich habe feste Rituale, die sein Leben eigentlich erleichtern sollten. Irgendwie funktioniert nix mehr.
    Zu all den Problemen kommen die Probleme mit meiner Tochter noch oben drauf. Ich habe ja nicht mal einen Freundeskreis wo ich Unterstützung finden könnte. Das macht mich immer sehr traurig und unmächtig.

  • Hallo Orlini,


    herzlich willkommen hier im Forum auf Kindererziehung.com.
    Und ich möchte Ihnen mein Beileid aussprechen. Das ist ein zutiefst schmerzlicher Verlust, den Sie als Familie erlitten haben :(
    Dass die Welt so ein ganzes Stück aus den Fugen und aus ihren bislang gewohnten Bahnen gerät, wenn der Partner und Vater der Kinder stirbt, ist nicht verwunderlich, auch ist es zutiefst menschlich und verständlich, dass auch Ihre beiden Kinder sehr unter diesem Verlust leiden.


    Sprechen Sie denn darüber? Es ist völlig gleichgültig, ob sie schon gefühlte 100 Mal darüber gesprochen haben, dass der Papa fehlt und wie traurig das ist, so lange es gut tut, darüber zu sprechen, so lange die Trauer nicht überwunden ist, sollten sie offen darüber sprechen.
    Haben Sie Unterstützung im Verarbeiten dieser Trauer? Damit meine ich seelsorgerische oder therapeutische Unterstützung oder einen Coach/ systemischen Berater?


    Die Aussage der Kinderärztin kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Es ist definitiv nicht "normal", dass Ihr Sohn seit dem Tod des Papas stottert, sondern vielmehr ein Symptom, das deutlich macht, dass er unter diesem Verlust leidet und sicherlich ist das Stottern für Ihren Sohn selbst kein angenehmer Zustand.


    Gibt es denn Ihre eigenen Eltern oder die Schwiegereltern, die Sie als Großeltern unterstützen könnten? Oder andere Familienmitglieder wie z.B. Tante oder Onkel der Kinder?


    Für mich klingt es ganz so, als wäre momentan das Wichtigste, dass Sie und Ihre Kinder einen Weg finden, zu trauern und diese Trauer zu verarbeiten - und dazu brauchen Sie selbst und auch Ihr Sohn professionelle Unterstützung.
    Könnten Sie sich das vorstellen?


    Ich freue mich auf Ihre Antwort und wünsche Ihnen alles Gute und vor allem viel Kraft


    Klara

  • Hallo Orlini,


    ich schließe mich zunächst Klara an, herzliches Beileid und ich wünsche Ihnen, dass alles moegl. schnell wieder geregelte Bahnen findet.
    Einer Bekannten von mir ist Ähnliches widerfahren, beide Kinder waren <5 Jahren. Hilfe könnte hier ein Verein/Selbsthilfegruppe leisten. Evtl. gibt es sowas in Ihrer Region? Google oder http://WWW.nakos.de kennen da evtl. was in der Umgebung. Ich meine gehört zu haben, dass gemeinsame Aktivitäten gerade für Kinder mit der gleichen traumatischen Erfahrung bei der Bewaeltigung durch den Austausch untereinander helfen können, bis hin zu einem "neutralen Dritten", der in Ihrer Familie als Helfer und Vermittler auftritt und im Alltag unterstützt.
    Ich wünsche alles Gute!
    VG

  • Vielen Dank für die Antworten,


    ich war mit meinem Sohn im November 2015 zur Mutter-Kind-Kur an der Ostsee. Ich habe selbst gemerkt, dass ich die Situation schlecht oder garnicht verarbeitet habe. Ich war nur noch am funktionieren. Leider war die Kur nicht sehr hilfreich für mich. Kaum Psychologische Gespräche. Kaum Kotakt zu anderen Müttern. Ich sollte allein am Strand spazieren gehen und mich ausruhen. Ich fand das garnicht gut. Ich hätte gern etwas mehr Sport gemacht. Jedenfalls nicht allein sein. Ich habe mich dann freiwillig an freien Angeboten beteiligt. Yoga, bastleln und so.
    Inzwichen habe ich auch einen Psychologen aufgesucht und habe nächste Woche meinen zweiten Termin.
    Meine Tochter hatte auch psychologische Unterstützung. Nur der kleine noch nicht. Er fragt aber auch nicht mehr nach Papa. Ich habe ihm erzählt das Papa nicht mehr nach Hause kommt und jetzt im Himmel ist. Im Sommer und Herbst waren wir mal zusammen auf dem Friedhof. Wir kommen da leider nicht so oft hin, da er in seiner Heimatstadt beigesetzt wurde (600 km von uns entfernt).
    Ich habe nur meine Eltern. Sie unterützen mich sehr. Nur sind sie auch schon im Rentneralter und nicht mehr so fit. Geschwister habe ich selbst keine. Schwiegereltern sind auch schon verstorben.
    Ich tausche mich nur ab und zu mit meiner Tochter über das Erlebte aus, bzw. schwelgen wir in Erinnerungen.
    An eine Selbsthilfegruppe habe ich noch nicht gedacht. Werde aber drüber nachdenken.
    VG

  • Hallo Orlini,


    das tut mir sehr leid für Sie, dass die Kur so wenig hilfreich war und ich kann gut verstehen, dass sie in Ihrer Situation nicht auch noch alleine Strandspaziergänge machen wollten, wenn sich das für Sie einfach nicht gut angefühlt hat. Ich denke, jeder verarbeitet so einen Verlust anders und es braucht auch seine Zeit... und meist braucht es mehr Zeit, als wir uns dafür zugestehen wollen. Manche suchen vielleicht eher die Einsamkeit, andere brauchen Gesellschaft, andere sehnen sich nach Gesprächen, wieder andere brauchen zuerst einmal ein gewisses Maß an Zerstreuung.... Ich finde es großartig, dass Sie sich einen Psychologen gesucht haben, der Sie begleiten und unterstützen kann. Und an dieser Stelle können Sie sich auch sicherlich Rat holen, was Ihren Sohn betrifft. Denn nur, weil er nicht mehr nach Papa fragt, bedeutet dies ja noch lange nicht, dass er nicht mehr trauert.


    Ich wünsche Ihnen alles Gute!
    Klara

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