Im Kindergarten und in der Vorschulzeit ist Stress für Kinder häufig noch ein Fremdwort; sie lernen und erfahren alles im Spiel. Neugier statt Leistungsdruck. Und trotzdem empfiehlt es sich gerade in diesem Alter Kinder an Entspannungsverfahren heranzuführen, denn
Es Steht der Eintritt in die Schule bevor und dort wird es plötzlich wichtig, zur Ruhe zu kommen und still sitzen zu können.
Auch Entspannungsverfahren müssen geübt werden, wer im Schulalter davon profitieren möchte, sollte entsprechend frühzeitig mit dem Erlernen der Techniken beginnen.
Kinder in dem Alter sind Neuem gegenüber von Natur aus aufgeschlossen gegenüber und sie lieben Rituale. Eine Entspannungsübung in den Alltag einzubauen dürfte mehr Interesse als Skepsis hervorrufen (in der Pubertät sieht das dann ganz anders aus)
Was kann man mit Entspannungsverfahren erreichen?
Eine Regulation der beiden Zustände „Anspannung“ und „Entspannung“ ist essentiell für die psychische und physische Gesundheit. Wenn Leistung gefordert wird ist eine hohe Anspannung unumgänglich, wenn ein gutes Ergebnis erzielt werden soll. Danach aber wieder in einen entspannten Zustand zu gelangen ist ebenso wichtig. Wer permanent „Vollgas gibt“, weil er nicht „runter kommt“ läuft Gefahr krank zu werden. Dies kann von Kopf- und Nackenschmerzen über Magen- Darm-Beschwerden, bis hin zu Angst- und Erschöpfungszuständen reichen.
Kinder die entspannen können:
- leiden seltener an Schul- und Prüfungsangst
- können sich besser konzentrieren
- fallen in der Gruppe seltener durch Unruhe auf
- haben eine hilfreiche Strategie in der Hand, wenn sie unter Ängsten, Impulsivität und/oder Hyperaktivität leiden
- fällt es leichter Zugang zu ihrer Kreativität und Phantasie zu finden
Welche Verfahren gibt es?
In der Regel sind die Entspannungsübungen entweder an die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder das Autogene Training angelehnt.
Meist finden die Kinder das Autogene Training interessanter, da dort mit der Vorstellungskraft und Phantasie gearbeitet wird. Für Kinder wird die Übung oft durch eine Geschichte getragen, was Kindern, da sie Geschichten lieben, sehr entgegen kommt. Hierbei wird der Körper in der Vorstellung entspannt („meine Arme werden warm“, “meine Beine werden schwer“ etc.) und der Körper reagiert mit der tatsächlichen Entspannung. Je häufiger diese Kopplung eingeübt wird, desto deutlicher und schneller stellt sich die Entspannung ein.
Bei der Progressiven Muskelentspannung werden nacheinander diverse Muskelgruppen angespannt um dann, beim Lösen der Muskulatur, die Entspannung zu spüren. Für viele jüngere Kinder ist dieses Verfahren nicht so interessant und eignet sich daher besser für Jugendliche und Erwachsene.
Die Durchführung
Folgende Rahmenbedingungen sollten berücksichtigt werden:
- sorgen sie für eine störungsarme Umgebung. Familienmitglieder, die nicht mitmachen, müssen wissen, dass sie in den nächsten Minuten nicht stören dürfen, dass Fernseher und Radio etc. ausgeschaltet sind versteht sich von selbst. Vorbeifahrende Autos, Lichteinfall, Nachbars Rasenmäher u.Ä. sind Umstände, die man nicht beeinflussen kann, in der Entspannung soll außerdem gelernt werden, genau derartige „Störungen“ ausblenden zu können.
- die Übung kann im Liegen und im Sitzen durchgeführt werden. Am Anfang können Sie ihrem Kind die Wahl lassen, später sollte es die Übungen auch im Sitzen können, denn „still Sitzen“ können ist in der Schule sehr wichtig. Die Körperhaltung im Sitzen, sieht folgendermaßen aus: die Fußsohlen liegen auf dem Boden auf, mit dem Po nach hinten rutschen, den Rücken gerade am Stuhl anlehnen, Kopf gerade halten, die Hände liegen auf den Oberschenkeln. Weil diese Sitzhaltung ungewohnt ist, wird sie manchmal als unbequem empfunden. Aber da so besonders wenig Muskelgruppen aktiv sind und der Atem ungehindert fließen kann, lohnt es sich, sich mit dieser Sitzhaltung anzufreunden.
- das Schließen der Augen gehört zu jeder Entspannungsübung dazu, so kann man besser phantasieren, ist näher bei sich und lässt sich weniger leicht ablenken. Vielen, besonders den kleinen Kindern fällt es schwer, die Augen geschlossen zu halten; lassen sie sie ruhig „Blinzeln“, aber erinnern sie sie wieder daran, die Augen zu schließen. Auch das ist Übungssache.
- bauen Sie die Entspannungsphase am besten zu einer festen Tageszeit ein (nach dem Mittagessen, vorm dem Schlafen gehen, etc.)
- beginnen Sie die Übung immer mit einer Ruhetönung, d.h. sie machen mit ruhiger Stimme bewusst:
Du setzt dich ganz bequem hin und atmest tief ein und aus.
Du merkst, dass du ganz ruhig wirst.
Du schließt die Augen und kannst jetzt auf eine Phantasiereise gehen.
- Nach der Entspannungsübung kommt die Rücknahme, mit der das Kind sanft aus der Entspannung geholt werden soll:
Jetzt wirst du langsam wieder wach
Du streckst deine Arme und Beine lang aus
Du gähnst einmal wie ein Löwe
Jetzt machst du die Augen auf
Und bist wieder frisch und wach.
- Ruhetönung und Rücknahme sollten nicht vernachlässigt werden, können aber in Ausgestaltung und Intensität variieren.
- Fangen sie mit kurzen Entspannungsübungen an. Für kleine Kinder ist es bereits eine Herausforderung eine ruhige Haltung einzunehmen und nicht zu sprechen, dazu kommen Ruhetönung und Rücknahme, da darf der Mittelteil, zumindest am Anfang, nur ganz kurz sein, das können in der Tat zwei, drei Minuten sein. Beispielsweise bietet sich hier ein Entspannungsrätsel an. Beispielsweise:
Stell Dir vor:
Sie hat ein weiches Fell und spitze Ohren.
Sie trinkt gerne Milch.
Wenn du sie streichelst, dann schnurrt sie.
Sie kann gut im Dunkeln sehen
Manchmal kommt sie und streicht dir um die Beine
Was ist das?
Wenn Du es weißt, kannst du es mir leise ins Ohr flüstern.
(aus „Mit dem Zauberteppich unterwegs“ von Dieter Krowatschek und Uta Hengst erschienen im Borgmann Media Verlag)
- hat das Kind ein wenig Übung, können auch kurze Geschichten vorgelesen oder ausgedacht werden. Wenn Sie sich selber eine Geschichte ausdenken möchten: Prima. Aber vergessen Sie nicht die Ruhetönung und Rücknahme, wählen Sie Bereiche, für die Kinder sich begeistern (z.B. Tiere, Abenteuer, kindliche Helden etc.), erzählen Sie in der „Du-Form“ und bauen sie einen Spannungsbogen auf (sonst bleiben die Kids nicht bei der Sache). Bauen Sie Sinneseindrücke („Du schmeckst das...“, „Du riechst die ...“, „Du spürst, ... auf deiner Haut“ usw.) und die Wärme- und Schwereinstruktionen (z.B. „die Sonne scheint auf deinen Rücken und er fühlt sich ganz warm an“) ein.
- die Begleitung mit entspannender Musik kann den Effekt noch unterstützen. Besonders geeignet sind Musikstücke mit 60 Taktschlägen pro Minute, da das dem verlangsamten Herzschlag des Menschen entspricht.
Neben der Entspannungsrätsel und –geschichten gibt es noch jede Menge anderer Übungen, z.B. Massagen, Spiele, Cds, warme Steine, Snoezeln, Malen, etc., die ihrem Kind helfen können zur Ruhe zu kommen. Probieren Sie einfach aus, was Ihnen und ihrem Kind am meisten liegt und holen Sie sich Ideen aus der Literatur, es gibt einige tolle und praxisnahe Bücher zu diesem Thema.
Viel Spaß beim Relaxen!