Existenzangst bei den freien Hebammen

  • Liebe Eltern,


    freiberufliche Hebammen haben nicht nur einen tollen Beruf, sondern auch einen unglaublich wichtigen. Denn sie sind Ansprechpartner für werdende und junge Eltern und stehen diesen kompetent zur Seite. Und zwar nicht nur während der Geburt, sondern auch in den Schwangerschaftsmonaten sowie der ersten Zeit mit dem Baby.


    Die meisten Eltern wollen auf die Betreuung durch eine Hebamme nicht verzichten. Schließlich bieten sie Kurse während der Schwangerschaft zur Aufrechterhaltung der Gesundheit und zur Vorbereitung auf die Geburt an und darf sogar die Schwangerschaftsvorsorge aktiv übernehmen. Nach der Geburt kommt sie regelmäßig nach Hause und steht mit Rat und Tat zur Seite, gibt Tipps zur Säuglingsversorgung, hilft beim Stillen und Füttern oder ist einfach nur Ansprechpartner bei allen erdenklichen Fragen rund um die Familie. Und auch bei der Geburt sind freiberufliche Hebammen kaum noch wegzudenken, möchten doch die werdenden Mütter in diesen intimen Momenten lieber von einer Person betreut werden, die sie bereits seit Beginn der Schwangerschaft kennen und nicht durch die diensthabende Hebamme des Klinikschichtplans. Und so sieht man die freien Hebammen in Geburtshäusern, bei Hausgeburten oder als Beleghebammen im Rahmen der Klinikgeburt.


    Doch immer wieder sieht sich diese wichtige Berufsgruppe vor dem Aus. Das Problem? Ein versicherungsrechtliches!


    Hebammen müssen zur Ausübung ihrer Tätigkeit eine Haftpflichtversicherung vorweisen, die im Falle eines auf die Geburt zurückzuführenden Schadens für die Folgen finanziell eintritt. Diese Versicherung kann bis zu 30 Jahre nach der Entbindung in Regress genommen werden – ein schier unkalkulierbares Risiko, das sich die Versicherer bereits heute mit horrenden Haftpflichtbeiträgen von den freien Hebammen bezahlen lassen. Diese Auslagen stehen für die Hebammen in keiner Relation zu ihrem Einkommen – und dennoch machen sie weiter. Hausgeburten, die nochmals mit einem satten Gebührenaufschlag belegt sind, fallen jedoch immer weiter aus dem Leistungsrepertoire vieler freiberuflicher Hebammen raus.


    Nachdem eine erneute saftige Beitragserhöhung für die Haftpflichtversicherung von den Hebammen hingenommen werden musste, kam es nun zum endgültigen Eklat: Eine der drei verbliebenen Haftpflichtversicherern für Hebammen kündigte an, sich im Sommer 2015 gänzlich aus diesem Versicherungsbereich zurück zu ziehen. Damit blieben nur noch zwei Versicherungsgesellschaften im Versicherungsverbund, deren Risiko nochmals steigen würde. Dass diese nun auch den Rückzug antreten, war mehr als wahrscheinlich. Das Aus für die freien Hebammen, die ohne vorgewiesene Haftpflichtversicherung auch nicht außergeburtlich praktizieren dürfen.


    Nachdem die Bundesregierung sich dieses Problems bewusst wurde, erhöhte sie den Druck auf die Versicherungsgesellschaften mit dem Ergebnis, dass sich nun ein Versicherungsverbund zusammengefügt hat, der einen adäquaten Haftpflichtschutz bietet. Allerdings handelt es sich lediglich um eine Übergangslösung, die einen zeitlichen Spielraum schaffen soll – die neue Hebammen-Haftpflichtversicherung gibt es vorerst bis Sommer 2016.


    Das „Problem Hebamme“ ist somit nicht aus der Welt, sondern braucht nach wie vor eine tragfähige und langfristige Lösung. Außerdem hat der jetzige Kompromiss einen hohen Preis, den primär die freien Hebammen, sekundär aber auch die werdenden Eltern zahlen müssen: Der neue Versicherungsverbund geht mit einer weiteren Beitragserhöhung einher. Damit mussten freie Hebammen innerhalb der letzten zehn Jahre eine Preissteigerung von satten 450 % hinnehmen. Der Jahresbeitrag liegt zukünftig mit 6.000 Euro weit über dem, was sich die meisten Hebammen leisten können. Damit werden sie sich entweder trotz einjähriger Haftpflichtverlängerung aus der Freiberuflichkeit zurückziehen oder aber Unkostenbeiträge von den betreuten Eltern verlangen müssen.


    Im Sinne der Familien, für die freiberufliche Hebammen extrem wichtig sind, ist auf eine baldige und tragfähige Langzeitlösung zu hoffen.


    Viele Grüße
    Tanja

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