Nie endende Trotzphase

  • Hallo zusammen,
    ich habe immer wieder Probleme mit meinem 3 1/2 jährigen Sohn. Er war schon von Geburt an ein eher "anstrengendes" Kind und sehr bedürftig. Dadurch, dass er der Kleine ist (hat einen 2 Jahre älteren Bruder), habe ich ihn eventuell auch immer etwas zu sehr in Schutz genommen. Dazu kommt noch, dass ich alleinerziehend bin seit er 1 1/2 ist und ich auch davor fast alleine für die Erziehung zuständig war. Meine Familie lebt leider in einer anderen Stadt, daher hängen meine beiden Jungs auch sehr an mir. Ihren Papa sehen sie regelmäßig, auch in der Woche, aber dort benehmen sie sich in der Regel anders als bei mir zu Hause.
    Nun zum eigentlichen Thema. Mein kleiner Sohn ist ein ziemliches Energiebündel. Mit 2 hat er die normale Trotzphase durchlebt, mit regelmäßigen Wutanfällen und allem pipapo. Ich habe, so gut ich es konnte, immer versucht ruhig zu reagieren und ihn da irgendwie rauszubringen. Natürlich gelang mir das nicht immer und ich bin dann in die alte Leier mit Verboten oder Belohnungen verfallen. Nun ist er 3 1/2 und dieses trotzige und freche Verhalten zu Hause wird nicht besser, eher im Gegenteil. Wenn ihm irgendwas quer steht oder er nicht bekommt was er will, fängt er teilweise nun auch an Dinge durch die Gegend zu schmeißen, zu hauen oder absichtlich Unordnung zu machen. Das kann dann schon mal 30 Minuten so gehen, bis er sich wieder beruhigt hat. Er scheint dann teilweise richtig außer sich und ich habe wirklich große Mühe in irgendwie zu beruhigen. Positiv ist ja, dass er ein ziemlich großes Selbstbewusstsein hat und sich nicht leicht unterkriegen lässt, aber zu Hause denkt er manchmal er wäre der Chef von allen...mit seinen 96cm. Dabei war ich in der Erziehung von Anfang an eher konsequent. Bei einem Nein bin ich wirklich nur mal eingeknickt, wenn ich nervlich nicht so belastbar war. Und sonst ist unser Alltag auch ganz gut geregelt, ob es um Schlafenszeit, TV Konsum, Süßigkeiten oder andere Dinge geht. Er ist einfach unheimlich hartnäckig. Beispielweise fragt er zur Zeit fast jeden Abend nach Bonbons, obwohl es noch nie nach dem Abendbrot Bonbons bei uns gegeben hat.
    Gestern beispielsweise war "Spielzeugtag" in der Kita, das heißt jedes Kind darf ein Spielzeug von zu Hause mitbringen. Er hat sich einen Krankenwagen ausgesucht. Als wir aber bei der Kita ankamen, fing er plötzlich an zu weinen und meinte er wollte den Krankenwagen gar nicht sondern das Flugzeug. Er hat protestiert und wollte sich nicht ausziehen. Er hat tatsächlich erwartet dass ich wieder nach Hause fahre und das Flugzeug hole, was ich niemals tun würde. Dann musste ich ihn gegen seinen Willen in die Gruppe tragen und laut Aussage der Erzieherin hat er nach 5 Minuten friedlich und fröhlich mit seinem Krankenwagen gespielt X/ .
    Solche Beispiele gibt es unzählige. ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt, aber auf Dauer ist es doch sehr anstrengend und es ist auch irgendwie keine Änderung in Sicht. In der Kita oder bei den Großeltern ist er hingegen meißt total friedlich und macht keinerlei Probleme.
    Zusätzlich schläft er auch schon immer sehr schlecht. Es passiert selten, dass er mal durchschläft, meistens ruft er mich 1 bis 2x die Nacht und möchte was trinken oder nur zugedeckt werden.
    In anderen Dingen ist er wiederum recht weit, er war schnell trocken, spricht gut, ist relativ clever etc.
    Kurz und knapp zerrt das alles halt an meinen Kräften und ich frage mich was ich falsch mache. Sein großer Bruder ist da viel einfacher und leidet zusätzlich noch darunter, dass der kleine soviel Trubel macht und Aufmerksamkeit braucht.
    Habe mich auch schon viel belesen, aber bisher hat nichts wirklich gefruchtet. Was kann ich noch tun um die Situation zu Hause etwas zu entspannen?


    Viele Grüße
    Janina

  • Hallo, liebe Janina! :)


    Das, was du beschreibst, klingt 1:1 nach meiner Tochter in dem Alter. Sie ist jetzt sieben und ganz langsam wird es besser!


    Ich kann dir nur aus entwicklungspsychologischer Sicht sagen: Gratulation, du machst alles richtig! Du setzt deine Grenzen durch und das liebevoll, aber konsequent. Nichts anderes braucht dein Kleiner jetzt. Die sogenannte "Trotzphase" ist nämlich mitnichten mit drei Jahren vorbei. Das ist ein weitverbreiteter Irrtum. Man spricht fachlich von der "Autonomiephase" (klingt gleich besser ;)) und die ist zwischen 1,5 und 6 Jahren lokalisiert und hat ihre Spitze im Alter zwischen 2 und 3 Jahren. Deshalb sind auch viele Eltern mit sehr willensstarken Kindern oft verzweifelt, weil ihr Kind nach dem dritten Geburtstag immer noch trotzt. Tja, das ist aber eher die Regel, als die Ausnahme.


    Bis ins frühe Grundschulalter befinden sich Kinder im Widerstreit zwischen eigenem Willen/Autonomiebestrebung und den Grenzen der Umwelt. Bedürfnisse aufzuschieben, mit Grenzen und negativen Gefühlen zurecht zu kommen, das will alles gelernt sein. Umso wichtiger, dass die primären Bezugspersonen dahingehend entsprechend reagieren. Grenzen setzen, liebevollen Halt geben und die Gefühle der Kinder auch ein stückweit aushalten. Ein wichtiger Entwicklungsschritt für den Nachwuchs, der uns so manche Nerven kostet.


    Dein Kind ist nun in einem Alter, in dem es sich in andere hineinversetzen kann und lernt, Gefühle immer besser zu regulieren. Aber nicht immer gelingt das, manchmal überfordern sie ihn dennoch. Du kannst - so wie sich das anhört - fast nichts besser machen, denn du agierst schon konsequent, aber umsichtig. Oft hört man "der Trotz wächst sich aus". Das stimmt so nicht. Gerade in diesen Jahren ist konsequente Erziehung das A & O!


    Bei uns war es übrigens ähnlich: Die Trotzphase des Älteren war kaum zu spüren (er ist vom Wesen einfach viel ausgeglichener), aber die Kleine hat uns echt an unsere Grenzen gebracht. Das kann echt extrem verunsichern! Ist aber - ja, wirklich - soweit normal...


    Alles Gute euch!

  • Na das beruhigt mich etwas. Ich hatte manchmal das Gefühl mein Kleiner ist ein besonder harter Brocken, oder eben dass ich bei ihm irgendwas falsch gemacht habe. Dann hoffe ich mal, dass das nicht unbedingt in dem Ausmaß bis 6 so weitergeht, ansonsten muss ich meine Geduldsfaden wohl noch weiter trainieren :huh: . Ich dachte eigentlich immer ich wäre im Grunde schon ein relativ entspannter Mensch....da sieht man Mal wie die kleinen Zwerge einen an seine Grenzen bringen können.


    Alles Liebe
    Janina

  • Ich glaube, gerade diese "Temperamentbündel" werden es später im Leben mal leichter haben, sich durchzusetzen und ihre Grenzen zu wahren. :) Zumindest hab ich mir das immer ganz fest eingeredet, wenn es mit meiner Tochter heftig war! :D

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!