"Will ich nicht - dann lachen die Jungs im Kiga"

  • Ich habe in den letzten Wochen folgende Beobachtung gemacht:


    Meine beiden Kinder haben unabhängig voneinander gesagt, dass sie etwas nicht möchten, weil sonst die großen Jungs im Kindergarten über sie lachen.


    Bei der Großen ging es um einen Pullover, den sie nicht anziehen wollte, weil sie sonst die großen Jungs auslachen. Es ist ein graues Sweatshirt mit einem pinken Glitzerherz drauf, was sie normalerweise lieben würde - Mädchen eben.


    Die Kleine hat etwas mit der Schere herumgespielt, sodass ihre Haare etwas gekürzt werden mussten, damit alle wieder eine Länge haben. Fand sie ganz blöd und sagte traurig, dass die großen Jungs dann über sie lachen.


    Ich zwinge meine Kinder dann natürlich nicht dazu, so etwas anzuziehen und was die Haare betrifft, haben wir zusammen ganz viele andere Kinder und Erzieher gefunden, die eine ähnliche Frisur haben.


    Aber nun meine Frage: Ist das normal??? Das war doch früher nicht so??? ?(
    Sollte man die Erzieher ansprechen, damit das Thema Toleranz mal etwas in deren Alltag einfließt?

  • Hallo Manuela,


    interessant, aber nicht ungewöhnlich, würde ich sagen, denn das deckt sich leider auch mit dem "Zeitgeist".
    Natürlich ist es nicht schön, wenn man ausgelacht und damit ja gewissermaßen erniedrigt wird, wer will das schon?! Und vielleicht ist es nicht nur die Sorge/ Angst, ausgelacht zu werden, sondern auch noch der Aspekt, den anderen nicht zu gefallen. Es ist leider auch ein Trend, der seit Jahren stärker wird, dass man insbesondere als Mädchen und Frau sehr stark nach dem Aussehen wie der Figur, Frisur und auch nach dem Styling, beurteilt wird. Zudem ist es einfach schön und wohltuend, zu gefallen und beliebt zu sein, Anerkennung von außen zu bekommen. Und leider erlebe ich seit mehreren Jahren, dass sehr viele Jugendliche berichten, dass sie in der Schule gemobbt wurden, also schon in jungen Jahren.


    Ihren Gedanken, die Erzieher/innen darauf anzusprechen, finde ich deshalb sehr gut, denn in der Tat sollte hier schnell geklärt werden, was da wirklich los ist und ob nicht tatsächlich das Thema Toleranz zur Sprache gebracht werden sollte.


    Ich bin gespannt, wie die Kita reagieren wird.
    Halten Sie uns gerne auf dem Laufenden!


    Klara

  • Hallo Klara,


    vielen Dank für Ihre Antwort.
    Ich finde es erschreckend, dass es schon im Kindergarten beginnt. Da versucht ma aus seinen Kindern selbstbewusste Menschen zu machen und dann DAS!
    Ich selbst kenne es überhaupt nicht - es waren wohl früher wirklich ganz andere Zeiten.


    Ich werde es auf jeden Fall ansprechen. Allerdings erst nächste Woche, weil wir uns gerade eine "Kindergartenseuche" eingeheimst haben. <X

  • Hallo Manuela,


    kommt mir leider auch sehr bekannt vor. Meine Große erzählt das auch. Ich bin mir aber mittlerweile nicht mehr sicher, ob sie tatsächlich ausgelacht wird, oder ob sie es nur als Argument benutzt, Sachen nicht anzuziehen, die ihr nicht gefallen. Denn ich fände es wahrscheinlicher dass die Kinder lachen, wenn sie sich selbst "anzieht" (eigentlich: verkleidet), tun sie aber anscheinend nicht...

  • [b][/b]Hallo und Hellau!


    Ich bin Erzieherin und werde fast täglich damit konfrontiert.
    Auch meine Kinder im Kindergartenalter kamen schon einmal heim und wollten nicht mehr bestimmte Kleidung anziehen. Hierbei ist es wichtig, mit ihnen darüber zu sprechen und ihnen gut zu zusprechen. Jungs haben z.B. einen ganz anderen Geschmack als Mädchen ect.
    Wie alt sind deine Kinder?

  • Schönen guten Abend,


    das Verhalten deiner Kinder ist nicht nur normal, sondern aus rein pädagogischer Sicht auch zu 100% nachvollziehbar. Gerade im Kindergarten haben neue Kinder (3 Jahre) das "Problem", dass sie sich in eine schon vorhandene Peer-Group, also sich selbst zugehörig fühlenden Gruppe, anpassen müssen, weil sie dazu gehören wollen. Das ist ein natürlicher Prozess und nicht nur pädagogisch, sondern auch biologisch verargumentierbar. Mit 5 Jahren ist außerdem der kindliche Egozentrismus (siehe Jean Piaget Entwicklungstabelle der Entwicklungspsychologie) äußerst ausgeprägt, weshalb ein Kind es regelrecht nicht ertragen kann, wenn es selbst nicht im Mittelpunkt steht.


    Ich würde es geradezu positiv interpretieren, wenn sich ein Kind dem "Ruf der Masse" fügt und eine Zeit lang die Lust an seinen Lieblingssachen verliert. Nicht nur die Pubertät ist dafür da um sich auszuprobieren. Auch die Kindheit gehört schon dazu.


    Den angesprochenen Konflikt der Mädchen, optisch, unter ähnlichen Zwängen zu stehen wie es bei Frauen bekannt ist, kann und will ich nicht beurteilen. Es hilft jedenfalls immer dem Kind etwas zu geben, was nur es selber ganz toll findet und was wenn möglich niemand zu sehen bekommt. Das können ein zweites Paar Socken unter den eigentlichen Socken sein oder eine hübsche Unterhose. Oder ein kleines Armkettchen.


    mit besten Grüßen
    der neue Erzieher

  • Doch, unbedingt!


    Aber eher unter dem Thema der "Erziehungspartnerschaft". Leider steckt in vielen Köpfen der Fachkräfte eine Angst, dass sie nicht gleichwertig mit den Eltern über die Kinder sprechen können, weil Eltern sich beispielsweise davor fürchten könnten, ihr Kind hätte eine Schwäche oder gar Retardierung (einen Entwicklungsrückstand).


    Tatsächlich wäre es aber viel wichtiger als Team, Eltern mit den Fachkräften zusammen, die Problematik zu kennen, sodass alle Parteien darauf reagieren können. Wichtig wäre also, dass den Fachkräften dabei kein Vorwurf gemacht wird oder man von ihnen verlangt sein eigenes Kind jetzt mit Samthandschuhen anzufassen. Viel besser wäre es, wenn die Fachkräfte den häuslichen Umstand einfach kennen und bescheid wissen um es zu beobachten. Vorschnelles "das geht so nicht!" führt selten zum gewünschten Erfolg.


    Es ist fast so wie in einer Ehe... reden, reden, reden, reden! Nur das löst die Probleme. Am besten nicht zwischen Tür und Angel, sondern in einem terminierten Gespräch.


    beste Grüße und viel Erfolg! :)

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