Schlimmer geht immer

  • Hallo Zusammen,


    ich muß mir einfach mal meine Sorgen von der Seele schreiben. Ich glaube helfen kann niemand.
    Im März und April habe ich bereits von meinem 20-jährigen Sohn berichtet, der eine nicht therapierte Angsterkrankung hat. Ich möchte einfach mal schreiben, was bei uns los ist.
    Besonders schlimm war seine Angst vor Krankheiten bzw. die Angst zu sterben.
    Daraus hat sich ein Waschzwang entwickelt. Für mich als Mutter war das alles schon schwer auszuhalten. Bis er 18 war, habe ich ihn zu verschiedenen Ärzten gefahren, damit ihm einfach bestätigt wird, dass ihm nichts fehlt. Als er dann 18 wurde, konnte er allein hinfahren. Trotzdem war immer ich seine Ansprechpartnerin. Bei jeder Angst und jeder Panikattacke. Aber therapeutische Hilfe wollte er nie in Anspruch nehmen.
    Mit meiner Psyche ging es immer weiter bergab. Eine psychatrische Pflegerin hat zu mir gesagt, dass ich zu viel für ihn tue.
    Also versuche ich, mich seit 2 Jahren abzugrenzen. Was aber nicht immer gelingt, denn er wohnt bei uns und ich kriege hautnah mit, was alles so läuft bzw. nicht läuft.
    Mein Mann ist beruflich sehr eingespannt und selten zu Hause. er kennt die Dinge immer nur von meinen Erzählungen.
    Der Werdegang: mit 16 Abschluß der Realschule als Klassenbester, Beginn exesiv Sport zu treiben und nichts zu essen. Seit dem Essstörung., In der Zeit war er in Therapie, die ihm scheinbar nichts gebracht hat.
    Mit 17 Besuch eines beruflichen Gymnasium, oft geschwänzt, keine sozialen Kontakte gefunden, Beginn einer Depression. Also hat er mit seiner Therapeutin besprochen, das Gymnasium abzubrechen und sich ein Praktikum zu suchen. Dort war er dann Schichtbetrieb. wir haben ihn hingefahren, da er kein Bus fahren wollte - bis die erste Panikattacke kam. Er war allein bei der Arbeit, konnte dort nicht weg.
    Arzt, Krankenhaus, nach Hause...und nie wieder zur Arbeit. Seine Therapie hat er dann abgebrochen.
    Von April bis Juni 2018 hat er nur im Bett gelegen, hatte Angst, ich war seine Bezugsperson. Für mich als Mutter war das alles schwer mit anzusehen.
    Dann hat er sich zum Fachabitur angemeldet. 3 Tage Betrieb, 2 Tage Schule. Er hatte aber nicht die Kraft oder vielleicht keine Lust, sich einen Betrieb dafür zu suchen.
    Am ersten Schultag ist er zur Schule. Hat gemerkt, dass er das mit dem Arbeiten im Betrieb nicht schafft. Deshalb aufs Wirtschaftsgymnasium gewechselt.
    Dort das gleiche Spiel. Oft geschwänzt, frech zu den Lehrern,.... abgebrochen.
    Er hat sich wieder was Neues gesucht. Schulische Ausbildung mit zwei Freunden zusammen. Drei Monate war alles gut. Waschzwang wurde besser, Angst schien weg. Dann haben die zwei Freunde aufgehört und wieder....abgebrochen.
    Im Sommer hat er dann bei seinem ersten Gymnasium angefragt, ob er dort weitermachen kann. Konnte er. Also ist er jetzt mit 20 wieder Schüler, schwänzt, steht nur unregelmäßig auf. Hat jetzt schon Attestpflicht und ich sehe, auf was das hinaus laufen wird.... Nämlich Abbruch!!!!
    Er hat einen Freundeskreis von Arbeitslosen und ist mit denen ständig unterwegs. Kommt eigentlich nur zum Schlafen nach Hause.
    Seit einem halben Jahr spielt er auch noch (vielleicht, um ein Glücksgefühl zu bekommen???).
    Er hat sein gesamtes Erspartes bereits verspielt und verkauft gerade alle Wertgegenstände, die er noch hat.
    Ich denke immer, dass es doch irgendwann mal enden muß, aber es wird immer schlimmer!!!! Und wir Eltern wir gucken zu.
    Wir versuchen ganz konsequent ablehnend zu sein (kein Extra-Geld), aber so ist an ein Familienleben überhaupt nicht mehr zu denken.
    Ich heule nur noch, schleiche durchs Haus damit ich nur nicht in Kontakt mit ihm treten muß. Habe keine Kraft mehr.
    Man wacht mit Sorgen auf, schläft mit Sorgen ein.
    So habe ich mir früher das Eltern sein nicht vorgestellt.
    Könnt Ihr das nachfühlen? Oder bin ich ne schlechte Mutter, weil ich nicht mehr kann?


    Schöne Grüße
    Peti

  • Oh nein Liebe Peti,


    Erst einmal: Du bist eine starke Frau! Und ich merke wie dich das mitnimmt. Ich kann dich total verstehen und ich stelle mir das sehr schmerzhaft vor. Du fühlst dich natürlich hilflos weil du alles versuchst zu tun und das beste für deinen Sohn willst - wie jede Mutti! Natürlich bist du leider nicht die, die die Entscheidungen für ihn trifft.


    Hast du dich selbst schon mal an eine externe professionelle Hilfe gewandt? Familienhilfe, Psychologen, Sozialarbeiter?


    Ich wünsche dir ganz viel Kraft liebe Peti! Gib nicht auf! Und ich würde sagen: Offene und ehrliche Gespräche sind sehr wichtig...


    Liebe Grüße <3

  • Liebe Peti! :)


    Ich denke auch, ohne professionelle Unterstützung wird das schwierig. Sowohl für deinen Sohn, als auch für euch...


    In ähnlich gelagerten Fällen, die ich betreut habe, war ohne eine räumliche Trennung kaum etwas möglich...


    Außerdem müsste man sich genau ansehen, ob der Sohn momentan tatsächlich "arbeitsfähig" (oder "leistungsfähig" oder "ausbildungsfähig") ist. Eventuell scheitert es nicht am Wollen, sondern am Können... :(


    (Es tut mir leid, dass ich nicht "bessere" Worte für dich habe. Manchmal ist es aber besser, Tatsachen beim Namen zu nennen. Ihr steckt da ziemlich fest und es bedarf einer Abnabelung - von beiden Seiten)


    Alles Liebe,


    Dani!

  • Hallo;


    danke für Eure Antworten.
    Ich wollte mir nur einmal alles vom Herzen schreiben, habe gar nicht unbedingt damit gerechnet, dass jemand aus dem Forum reagiert. Deshalb habe ich mich gefreut.


    Es stimmt, dass ich immer stark war und habe deshalb auch immer nach externer Hilfe gesucht. Wir waren bei der Erziehungsberatung (unser Sohn wollte nicht mit), haben beim Sozialamt angerufen (ob es eine Möglichkeit gibt, dass er zu Hause weg kommt), hatten eine psychatrische Pflegerin zu Hause (eigentlich sollte sie mit unserem Sohn eine Tagesstruktur erarbeiten - er hat aber nach dem 2. Termin abgeblockt), dann hatte ich Termine.
    ...Das alles hat nichts gebracht. So lange er keine Hilfe will, kann nichts besser werden.
    Ich weiß das und deshalb ist es für mich so schwer, das hinzunehmen.
    Ich habe jetzt eine Psychotherapie begonnen und hoffe, dass ich dort lerne, mit meinem Sohn und seiner Krankheit besser umzugehen.
    Im Moment bin ich am Ende meiner Kraft, will einfach nur, dass es vorbei ist - am besten, dass er weg ist.
    Für diesen Gedanken schäme ich mich so, aber ...


    Schöne Grüße
    Peti

  • Hallo! :)


    Ich finde es großartig, dass du dir für DICH Hilfe gesucht hast. DU nimmst sie ja an und wirst ziemlich sicher davon profitieren. Die Grenzsetzung ist für dich jetzt besonders wichtig. Wenn deinem Sohn alle erdenklichen Hilfen angeboten wurde und er (noch) nicht bereit war, irgendetwas davon anzunehmen, dann ist das - so hart das klingt - als erwachsener Mensch fürs erste seine Entscheidung. Die wird niemand außer er revidieren können. Leider...


    Dass du möchtest, dass er "weg" ist, räumlich von dir getrennt, ist mAn ABSOLUT nachvollziehbar und verständlich. Das ginge ganz, ganz sicher in vergleichbarer Lage JEDEM so. Es ist nichts, wofür du dich schämen brauchst. Im Gegenteil, es zeigt das auf, was ich mir selbst auch denke (und auch so erfahren habe - immer wieder): Es braucht eine "Trennung", damit sich die Wogen hier wieder etwas glätten können...


    Ich denke an dich. Schau weiter auf dich, mache deine Therapie, sorge dich um dich und stecke deine Grenzen ab. Dann hast du schon viel gewonnen!

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