Hallo,
ich habe mich ganz neu hier im Forum angemeldet, weil ich mit meinem Latein am Ende bin und hoffe, hier neue Handlungsmöglichkeiten und andere Sichtweisen aufgezeigt zu bekommen.
Zur Vorgeschichte:
Meine Tochter (7) ist ein Scheidungskind. Wir waren schon seit ihrer Geburt sehr viel allein, weil mein Exmann berufsbedingt fast nur am Wochenende zuhause war, auch mussten wir deshalb oft umziehen und unsere Familien lebten hunderte Km entfernt.
Unsere Tochter ging bereits mit 2 Jahren in den Kindergarten, bedingt durch die vielen Umzüge musste sie jedoch 4 (!) Mal den Kindergarten wechseln und hatte dadurch auch privat kaum soziale Kontakte.
Ende 2010 kam es dann zur Trennung von meinem Mann. Ich war gezwungen wieder Vollzeit zu arbeiten und meine Tochter wurde fast ausschließlich fremdbetreut, d.h. bis mittags im Kiga und nachmittags bei einer Tagesmutter.
Ich habe dann einen neuen Mann kennengelernt. Wir verstanden uns alle 3 prima und als nach langer Zeit das Thema Zusammenziehen aufkam, beschlossen wir dies noch kurz vor der Einschulung zu machen, um meiner Tochter nicht auch noch einen Schulwechsel zuzumuten.
In der Schule fingen dann die Probleme an. Meiner Tochter fiel es sehr schwer sich im Klassenverband einzufinden, der Großteil der Klasse kannte sich seit den ersten Kiga-Tagen. Sie wurde aggressiv – womit wir im Kiga nie Probleme hatten – und arbeitete im Unterricht schlecht mit. Nach vielen Gesprächen mit ihrer Klassenlehrerin haben wir uns entschlossen, dem Problem kinderpsychologisch auf den Grund zu gehen. Der Psychologe diagnostizierte eine Unterform von ADHS und empfahl eine Verhaltens- bzw. Ergotherapie. Diese haben wir auch in Anspruch genommen. Nach 30 Sitzungen war nach Meinung des Psychologen die Therapie abgeschlossen und wenn es jetzt noch Probleme gäbe, wäre eine medikamentöse Behandlung anzuraten, das wollte ich möglichst vermeiden.
Stand der Dinge:
Die schulischen Leistungen sind nach wie vor gut, auch ihr Verhalten und die Mitarbeit haben sich lt. Aussagen der Lehrer gebessert. Zuhause benahm und benimmt sie sich wenig auffällig. Sie akzeptiert Regeln und Grenzen, befolgt diese auch. Vielleicht nicht immer gleich beim ersten Anlauf, aber auch mit den daraus resultierenden Konsequenzen lebt sie augenscheinlich gut.
Familiär läuft es zuhause relativ harmonisch, aber nicht ausschließlich reibungslos. (Welche Beziehung tut das schon?) Meine Tochter scheint endlich angekommen zu sein, hat sogar einen kleinen Freundeskreis. Wir kümmern uns beide um sie. Ihr leiblicher Vater hält jedoch kaum Kontakt, worunter sie sehr leidet, das spricht sie auch aus. Ich bin nach wie vor Vollzeit berufstätig und sie besucht nach der Schule noch den Hort.
Nun zum eigentlichen Problem:
Die Sozialkompetenz und Frustrationstoleranz meiner Tochter sind eine Katastrophe. So gut sie sich zuhause benimmt, so schlecht benimmt sie sich, wenn sie irgendwo zu Besuch ist. Mittlerweile wird sie kaum noch zum Spielen eingeladen. Was ich verstehen kann, welche Eltern möchten sich so ein „schwieriges“ Kind antun, wenn die Kinder auch mit verhaltensunauffälligen Freunden verabredet werden können?!
Wenn Kinder zu uns zum Spielen kommen klappt das im Großen und Ganzen gut. Klar gibt es auch da mal Streit, aber diese lassen sich schnell – mit meiner Hilfe – auflösen. Auch wenn sie bei Erwachsenen ohne Kinder zu Besuch ist, benimmt sie sich. Ich bekomme dann meist zu hören, was ich nur für Probleme hätte, sie wäre so sein liebes Kind.
Also treten die Probleme wohl tatsächlich nur bei Gleichaltrigen (+/- 2 Jahre) auf. Mit älteren Kindern (ca. +4 Jahre) kommt sie gut aus und kleinere (ca. -3 Jahre) umsorgt sie und kümmert sich liebevoll, fast mütterlich. Sobald sie aber Gleichaltrige um sich hat „dreht sie durch“, nimmt auch Erwachsene nicht mehr ernst und hört nicht, wird sogar bei den Kindern übergriffig. Alles vorausgesetzt, dass ich nicht anwesend bin.
Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich machen soll. Alles Reden, Belohnungssystem (Punkteplan), Aufzeigen von Konsequenzen, Bestrafungen laufen ins Leere oder halten nur kurz vor.
Vor zwei Tagen war sie bspw. wieder zum Spielen bei einer Freundin. Mir erzählte sie im Anschluss, dass alles ok war. Die Mutter der Freundin erzählte mir jedoch, dass sie ihr mehrfach Verbote auferlegt hat, sie sich aber nicht daran hielt. Belügt sie mich bewusst oder nimmt sie ihr „Fehlverhalten“ selbst nicht wahr? Am selben Tag hat sie wohl auch wieder ein Mädchen in der Schule geschlagen. Auf meine Frage warum sie das tat, antwortete sie, dass „ihre Gewalt“ einfach hochkommt und sie nichts dafür kann. (?)
Sie macht es sich selbst so schwer, was kann ich noch tun, um ihr zu helfen?
Entschuldigt bitte diesen Roman, aber ich wollte versuchen möglichst alle verhaltensrelevanten Umweltfaktoren aufzuzeigen.
Herzliche Grüße
oilily