Ich bin meinem Kind egal...

  • Okay, das ist ein reißerischer Titel, aber irgendwie beschreibt es das Problem ganz gut.
    Vielleicht ist es auch einfach fehlende Empathie, ich bin dabei, es herauszufinden.


    Wo fange ich an? Meine Tochter ist jetzt 8, ein fröhliches, gesundes, liebes, schönes Kind und in vielen Hinsichten wirklich ganz großartig.
    Ich weiß, dass ich viel richtig gemacht habe, aber eben auch, dass vieles scheinbar einfach in ihrer Natur liegt.


    Es gibt nur ein Problem: ich bin ihr irgendwie egal. Nicht in dem Maße, dass sie nicht mit mir reden will oder mich ignoriert, sondern auf emotionaler Ebene.


    Ihr Vater und ich haben uns getrennt, als sie 9 Monate alt war und seit sie anderthalb ist, gibt es einen neuen Mann in meinem Leben, der vollumfänglich eine 2. Vaterrolle für sie eingenommen hat. Da das Verhältnis zu ihrem Papa super funktioniert, hat sie also 2 Papas, der eine, mit dem sie zusammenlebt und der andere, der sie an den Wochenenden abholen kommt.


    Die Familienbande sind also eng, Oma + Opa kümmern sich ebenfalls gern um sie.


    So weit, so schön.


    Wenn sie nun aber die Ferien nicht bei mir verbringt, sondern beim Papa oder Oma, dann bin ich einfach nicht mehr vorhanden für sie. Sie vermisst mich nicht, sie denkt nicht daran, mich anzurufen oder mir was mitzubringen (aus dem Urlaub oder so) und auch nach dem Urlaub muss ich ihr alles aus der Nase ziehen.


    Das ist überhaupt das Nervigste. Sie erzählt nichts von allein, ich muss ihr immer detaillierte Fragen stellen, habe schon lange damit aufgehört, Fragen zu formulieren, auf die man mit Ja oder Nein antworten kann, damit sie wenigstens mal einen ganzen Satz redet.


    Es hilft nichts. Ich habe immer das Gefühl, dass es ihr einfach vollkommen egal ist, ob ich was über sie weiß oder was mit mir ist.
    Die Gefühle von anderen sind ihr zumeist nicht wichtig.


    Ich hab mich schon hingesetzt und ihr erklärt, was Empathie ist und sie ist ja auch ganz normal in der Lage, emotional zu werden. Sie weint sogar sehr schnell, wird auch mal richtig wütend oder freut sich wie verrückt.


    Aber eben nur, wenn es um sie geht. Sie kann sich nicht FÜR andere freuen, im Grunde ist es ihr wirklich absolut egal, wie es anderen geht.


    Sie fragt nicht danach, sie macht keinerlei Anstalten...das zeigt sich schon beim täglichen Telefonieren mit Papa. Auch da zieht er ihr jedes Wort aus der Nase und so gut wie nie kommt da mal mehr bei rum als 10 Sätze.


    Es klingt längst nicht so schlimm, wie es sich anfühlt...das Verhältnis mit meiner Mama war zum Beispiel ganz anders. Ich hab mich immer darauf gefreut, meiner Mama alles zu erzählen und mit ihr mitgelitten oder mich mit ihr gefreut.


    Meiner Tochter ist sowas nicht zu entlocken.


    Grad aktuell ist sie seit über einer Woche mit Oma im Urlaub und noch kein einziger Piep von ihr.


    Kann man einem Kind Empathie beibringen? Muss ich es hinnehmen, dass sie einfach so ist?


    Was manchmal übrigbleibt, ist das Gefühl, dass ich ihr einfach ein Dach über dem Kopf, Essen und den Fahrdienst bereitstelle, alles andere ist für sie nicht sonderlich elementar.


    Ich bin ein sehr emotionaler Mensch und ehrlich, ich würde mich lieber ab und an mit ihr in die Haare kriegen oder vor Freude heulen als diese Gleichgültigkeit zu ertragen.


    Übrigens: Mitleid hat sie, insbesondere mit Tieren, auch bei Filmen muss sie weinen. Sie ist kein Stein, sondern einfach extrem ich-bezogen.
    Merke schon, dass ich das nich so gut erklären kann...vielleicht kennt das hier jemand und kann mir helfen.


    Ich würde mich sehr über einen Austausch freuen!


    Liebe Grüße,
    K.

  • Hallo BorninMay,


    herzlich willkommen!


    Mir scheint, Sie haben eine Tochter, die sehr gut darin ist, ganz im Moment zu leben. Sie ist ganz im Hier und Jetzt und denkt dann nicht mehr an irgendwelche anderen Dinge und macht sich dann auch keine Sorgen oder überhaupt Gedanken, was mit anderen ist. Im Grunde ist das eine große Gabe. Viele Erwachsene geben viel Geld dafür aus, sich in Achtsamkeit zu üben, weninger nachzudenken, weniger zu grübeln und den Augenblick mehr zu genießen.
    Ich denke nicht, dass Sie Ihrer Tochter egal sind! Und ihr zu unterstellen, dass sie keine Empathie in sich trägt, ist ein hartes Urteil.


    Sie wünschen sich, dass sie sich bei ihnen meldet, weil Sie das gerne so hätten. Sie wünschen sich, dass Sie Ihnen erzählt, was sie erlebt hat und was sie beschäftigt, weil Sie das schön finden würden, ins Vertrauren gezogen zu werden. Sie wünschen sich, dass Ihre Tochter sich so verhält, wie Sie es gerne hätten. Und Sie scheinen enttäuscht und vor allem verletzt und gekränkt zu sein, weil sich Ihre Tochter anders verhält.


    Es ist schön, dass Sie selbst als Kind Ihrer Mutter alles erzählen konnten, vor allem weil Sie selbst offenbar gerne erzählt haben. Aber nicht jedes Kind, nicht jeder Mensch hat dieses Bedürfnis. Und so wie Sie die Situation beschreiben, gehört Ihre Tochter eben nicht zu den Menschen, die viel erzählen wollen. Und das ist doch völlig in Ordnung. Wir sind nicht alle gleich und wir haben auch nicht alle dieselben Bedürfnisse. Auch hier scheinen Sie gekränkt zu sein, weil Ihre Vorstellung nicht in Erfüllung geht, weil Ihre Wünsche nicht erfüllt werden. Sie können Ihrer Tochter sagen, dass Sie immer ein "offenes Ohr" für sie haben, wenn sie reden möchte oder wenn sie mal einen Rat braucht. Sie können ihr klar signaisieren, dass Sie da sind, dass Ihre Tür offen steht. Aber Sie dürfen von ihr nicht verlangen, dass sie Ihnen Dinge erzählt, weil Sie das als Mutter und Mensch gerne so hätten. Es ist sicherlich nicht einfach, es zu akzeptieren, wenn jemand so "anders tickt" als man selbst. Aber wir sind nunmal verschieden. Und wenn Sie darauf beharren, dass Ihre Tochter Ihnen erzählen soll, wie ihr Tag war usw. üben Sie Druck auf sie aus und Ihre Tochter wird vermutlich immer weniger Lust und Bedürfnis haben, Ihnen überhaupt etwas zu erzählen.


    Empathisch zu sein bedeutet, sich in andere einfühlen zu können und es bedeutet nicht, dass man sich aus Gefälligkeit anders verhält, als es einem selbst guttut. Und wenn Sie selbst nicht akzeptieren, dass Ihre Tochter anders ist, als Sie selbst, sind sie selbst in diesem Moment nicht empathisch.


    Es ist zudem nicht ungewöhnlich, dass sich ein Kind oder auch Jugendlicher nicht bei seinen Eltern meldet, wenn sie/er gerade die Oma besucht, gerade im Schullandheim ist... wo auch immer und sich dort wohlfühlt. Mir scheint, dass Ihre Tochter die Zeit bei der Oma einfach voll und ganz genießt und deshalb nicht das Bedürfnis hat, sich bei Ihnen zu melden. Sie genießt den Moment. Wenn es Sie so stört und Sie sich als Mutter so unwohl fühlen, nichts von Ihrer Tochter zu hören, wenn diese woanders ist, dann kommunizieren Sie das ganz klar. Erklären Sie Ihrer Tochter, dass Sie sich Sorgen machen und sich dann schlecht fühlen, weil Sie Angst um sie haben, wenn sie sich gar nicht meldet. Und Sie können doch auch mit der Oma vereinbaren, dass diese Ihre Tochter daran erinnern soll, sich ab und zu kurz bei Ihnen zu melden.


    Ich hoffe, das hilft Ihnen weiter.


    Alles Gute
    Klara

  • Ich glaube, da tickt jeder anders.
    Als Kind hatte ich auch keine besonders innige Beziehung zu meinen Eltern. Meine Eltern waren völlig normale Eltern, aber so richtige Nähe gibt es in meiner Erinnerung nicht. Ich glaube, das kam auch von meiner Seite. Für andere mag ich kaltherzig rüberkommen. Trotzdem habe ich ein großes Herz, liebe Tiere, weine bei Filmen oder leider mit kleinen Kindern mit. Mit Erwachsenen habe ich da weniger Mitgefühl. Auch habe ich nur wenig Mitteilungsbedarf und noch weniger Lust auch Diskussionen.
    Als mein Sohn geboren wurde, habe ich meine Eltern zum erstem Mal richtig liebevoll erlebt. Distanzlos liebevoll. Und auch ich hätte mein Kind aus Liebe auffressen können. Ich glaube einfach, dass es typbedingt ist. Und auch, wenn wir unsere Eltern lieben, bleibt immer etwas Distanz. Ist eben so. Heißt aber nicht, dass wir unsere Eltern nicht lieben. Bei uns war es irgendwann so, dass meine Eltern mit zum Geburtstag mit Handschütteln gratuliert haben. Ich habe es jahrelang gar nicht so wahrgenommen. Mit Kind ist es mir erst aufgefallen, wie verkrampft alles war und bin dann von mir aus mal mehr auf sie zu.

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