Rollenbilder und Rollenvermittlung

  • Hallo,


    da es nicht alterspezifisch ist, setze ich es mal in den allgemeinen Bereich.
    Ich hatte diesen Artikel entdeckt: http://www.dailymail.co.uk/new…barred.html#ixzz2CNCCoIS3
    und mich gefragt, wie sehr wir - vielleicht unbewusst - immer noch traditionelle Rollenbilder vermitteln.


    In dem Artikel geht es darum, dass Gremien der EU darüber nachdenken, wie man verhindern kann, dass Kindern in der Schule und zum Teil auch generell ein traditionelles Rollenbild vermittelt wird - durch das Lesen bestimmter Lektüren und auch durch Werbung und Fernsehserien.
    Einige Medien haben das ein bisschen falsch aufgefasst, nämlich dass die EU generell Kinderbücher verbieten will, in denen klassische Rollenbilder vorkommen, aber es geht natürlich mehr um Lehrpläne.


    Dennoch: Es stimmt natürlich irgendwie, dass in den Medien ganz allgemein ein altes Bild vermittelt wird - Mutti versorgt Heim und Herd und Papi geht arbeiten. Aber ich denke schon, dass Kinder nicht davon ausgehen, dass ihre Familie, in der es zumeist ganz anders aussieht, "falsch" ist.


    Oder geraten Kinder tatsächlich in Schwierigkeiten, wenn sie keine "Bilderbuchmami" haben, sondern eine, die arbeiten geht und keinen "klassischen Vater", sondern einen, der z.B. Teilzeit arbeitet und ab und zu mal Wäsche wäscht, aufräumt und abwäscht?

  • Hallo Tecret,


    danke, dass Sie erläutert haben, worum es in dem Bericht geht.
    Nicht jeder beherrscht so gut englisch... ;) .


    Dennoch: Es stimmt natürlich irgendwie, dass in den Medien ganz allgemein ein altes Bild vermittelt wird - Mutti versorgt Heim und Herd und Papi geht arbeiten. Aber ich denke schon, dass Kinder nicht davon ausgehen, dass ihre Familie, in der es zumeist ganz anders aussieht, "falsch" ist.


    Oder geraten Kinder tatsächlich in Schwierigkeiten, wenn sie keine "Bilderbuchmami" haben, sondern eine, die arbeiten geht und keinen "klassischen Vater", sondern einen, der z.B. Teilzeit arbeitet und ab und zu mal Wäsche wäscht, aufräumt und abwäscht?


    Nun ja, es gibt in den Medien auch einen schwangeren Arnold Schwarzenegger :huh: ....


    Vielleicht ist es so, dass das alte Rollenbild in den Medien dominiert. Ich muss gestehen, dass ich mir darüber bisher nicht viele Gedanken gemacht habe und deswegen auch nicht darauf geachtet habe, welches Rollenbild hauptsächlich vermittelt wird.


    Vielen Dank deshalb dafür, dass Sie uns durch diesen Beitrag zum Nachdenken bringen!!!!


    Ich denke, dass die Kinder nicht nur durch die Medien bezüglich des Rollenbildes geprägt werden, sondern viel stärker durch das, was sie in ihrem "realen" Leben wahrnehmen und erfahren. Deshalb denke ich nicht, dass Kinder ihre eigene Familie als "falsch" erleben, wenn sie "anders" ist als in den Medien.


    Heutzutage gibt es die unterschiedlichsten Familienmodelle, welche die Kinder in der eigenen Familie und auch in den Familien der Freunde erleben. Das allein fördert schon eine Offenheit. Vieles ist normal, weil bekannt für die Kinder.


    Wichtig finde ich, zu vermitteln, dass es grundsätzlich kein richtig oder falsch bei dieser Frage gibt. Auch eine Familie, die nach dem klassischen Familienmodell lebt (Vater arbeitet, Mutter bleibt zu Hause) wird vermutlich durchaus berechtigte Gründe dafür haben. Schwierig finde ich, wenn dieses Modell zukünftig als veraltet und falsch vermittelt wird. Vielmehr ist es doch so, dass jede Familie für sich entscheiden muss, welches die passende Form für sie ganz persönlich ist, und alle innerhalb der Familie mit ihrem gewählten Modell zufrieden leben können. Und das kann eben ganz unterschiedlich aussehen.


    Kinder sollten lernen, dass es sowohl in Ordnung ist, wenn "Mami arbeitet und Vati spült", als auch "umgekehrt", und auch "Mami und Vati arbeiten und spülen" und, und, und....




    Anne

  • Hallo Tecret,


    ich freue mich auch sehr darüber, dass Sie dieses Thema, wie Medien - und Werbung im Besonderen - bestimmte Botschaften als angebliche Wahrheiten vermitteln.
    Mir fällt auf, dass Werbung sehr gerne klassische bzw. traditionelle Rollenbilder von Mann und Frau zur Vermarktung ihrer Produkte nutzt. Dennoch gebe ich meiner Kollegin Anne Recht und möchte ihr beistimmen, denn auch ich denke, dass Kinder allein aufgrund von -leider massiver- Werbung nicht zwangsläufig zur Schlussfolgerung kommen, dass ihre eigene Familie, wenn es in dieser von der Rollenverteilung eben nicht (ganz) so traditionell zugeht, als falsch empfinden.


    Ich denke selbst, dass es umso wichtiger ist, Kindern schon von klein auf nahe zu bringen und zu vermitteln, dass es viele verschiedene Lebensentwürfe und Lebenskonzepte gibt. Wichtig ist, das für einen selbst passende und stimmige Modell zu finden und dieses umzusetzen.


    Je massiver die Werbung agiert und je mehr Optionen/ Wahlmöglichkeiten unsere Gesellschaft gleichzeitig bietet, den persönlichen Lebensentwurf umzusetzen, umso wichtiger ist es, Kinder stark zu machen in ihrem Selbstbewusstsein und in ihrer Selbstbestimmung.
    Wer die Wahl hat, hat nicht nur die Qual, sondern vor allem viel Freiheit. Und ja, es gibt kein richtig oder falsch, gleich für welches Rollenbild man sich entscheidet. Falsch wäre es allerdings, wenn man sich selbst in ein Schema presst und zwingt, das nicht zu einem selbst paßt! ;)


    Die vermittelten, in der Tat in der Regel sehr traditionellen Rollenbilder erscheinen mir persönlich also nicht so tragisch oder gar gefährlich, so lange man als Eltern oder Pädagogen gegenlenkt und den Horizont und damit die Möglichkeiten erweitert und aufzeigt.


    Tragisch und fatal finde ich selbst den Sexismus, der massiv in der Werbung und den Medien um sich greift. Es gibt so viele Werbespots und auch Musik und Musikvideos (vor allem im Hip Hop-Bereich), in dem ein Frauenbild gezeigt und propagiert wird, das an Menschenverachtung grenzt.
    So emanzipiert sich unsere Gesellschaft gerne gibt, so diskriminierend ist das Frauenbild oftmals, das uns an allen Ecken begegnet.
    Frauen werden als Konsumartikel dargestellt, als Stück Fleisch, als willig und gefügiges Sexspielzeug.
    Frauen werden nach wie vor und vor allem seit einigere Zeit wieder verstärkt gerne rein nach ihrem Aussehen beurteilt und dabei insbesondere in Form von möglichst prallen Körbchengrößen und Pobacken.
    Dieses Bild von Frauen als Konsumgut und von Sex als Triebbefriedigung und reines oberflächliches Vergnügen, finde ich persönlich sehr fatal und erschreckend.


    Durch meine langjährige Tätigkeit in der offenen Jugendarbeit muss ich leider aus Erfahrung sprechen und sagen: dieses sexistische Frauenbild wirkt und beinflusst Jugendliche in hohem Maße.
    Und nicht nur die jungen Männer, sondern auch die jungen Frauen/ Mädchen selbst.
    Essstörungen nehmen zu (Magersucht, Bulimie) und viele Jugendliche konsumieren Sex wie einen Schokoriegel oder einen Drink. Zärtlichkeit, Wertschätzung, Liebe und Einfühlungsvermögen sind Begriffe, die vielen Jugendlichen recht fremd sind. Da erfährt man Geschichten von Mädchen, die dann eben stöhnen und in bestimmten Posen "hinhalten", denn das macht man eben so. Sexualität als etwas Schönes, etwas, das man zu zweit behtusam und mit viel Achtung und Respekt füreinander entdeckt, das kennen sie nicht. Viele Jugendliche spielen sozusagen "Porno", weil sie es nicht besser wissen, weil sie denken, dass muss so sein, das macht man so. Leidenschaft und überhaupt Gefühle des gegenseitigen Vertrauens und der Hingabe, schöne Gefühle, Ekstase und Genuss, bleiben auf der Strecke.


    Ich denke, hier liegt vieles inzwischen im Argen. Umso wichtiger ist es, gut aufzuklären und dies bereits in möglichst jungen Jahren. Und dabei eben nicht nur Aufklärung im biologischen Sinne, sondern unbedingt auch psychologisch und ja, auch ethisch.

  • Dass Jugendliche heute einen - diplomatisch ausgedrückt - sehr seltsamen Zugang zu Sexualität haben, ist mir auch schon aufgefallen.
    Sie fangen sehr, sehr früh an, teilweise schon mit 11, 12 und dann dreht sich alles um Sex als solches. Das ganze Drumherum - die erste große Liebe, die berühmten Schmetterlinge, Händchen halten, das berühmte erste Mal, das früher eine so große Rolle spielte, all das findet oft nicht mehr so richtig statt.
    Ich weiß aber nicht, ob das allein auf die Medien zurückzuführen ist. Ich fürchte, dass da eine allgemeine Verrohung der Gesellschaft stattfindet.


    Aber um auf den Artikel zurückzukommen - denn da ging es nicht um Sexismus - da muss sich man sich schon fragen, mit was die EU-Gremien alles so ihre Zeit verplempern. Ginge es um Sexismus, könnte man die Sorge sicher verstehen. Aber sie diskutiert über die Inhalte von Büchern wie "Fünf Freunde" oder "Die Kinder von Büllerbü", also Kinderbuchklassiker, in denen bestimmte Rollenbilder vorgegeben werden.


    Zum einen werden in der Schule sowieso keine "Fünf Freunde" gelesen, zum anderen wurden diese Bücher nun mal vor langer Zeit geschrieben, in der solche Rollenbilder noch üblich waren. Und zum Dritten sind in diesen Büchern ohnehin ganz andere Themen wichtig - Freundschaft, Zusammenhalt usw. (Auch wenn die Mädchen dabei immer ein bisschen diskriminiert werden.)


    Kinder lesen heute sowieso sehr wenig. Da ist mir lieber, sie lesen "Fünf Freunde" anstatt dass sie sich selbstgedrehte Mini-Pornos auf's Handy versenden. Womit wir wieder beim Thema Sexismus wären.


    Ja, als Eltern hat man wirklich eine ganz schöne Verantwortung, denn bewahren kann man die Kinder vor all dem nicht. Man kann ihnen nur den richtigen Umgang damit zeigen. Und das ist manchmal gar nicht so einfach.

  • Hallo Tecret,


    Zum einen werden in der Schule sowieso keine "Fünf Freunde" gelesen, zum anderen wurden diese Bücher nun mal vor langer Zeit geschrieben, in der solche Rollenbilder noch üblich waren. Und zum Dritten sind in diesen Büchern ohnehin ganz andere Themen wichtig - Freundschaft, Zusammenhalt usw. (Auch wenn die Mädchen dabei immer ein bisschen diskriminiert werden.)


    Ein wichtiger Hinweis, wie ich finde. Es kommt ja immer darauf an, was man aus solchen Büchern mitnimmt. Ich habe zwar die Bücher nicht gelesen, dafür aber die Filme gesehen. Für mich waren genau die Themen, die Sie genannt haben, die Dinge, die ich mitgenommen haben - die Erkenntnis, dass man gemeinsam stark ist und was erreichen kann, gerade auch mit der Unterschiedlichkeit der einzelnen "Helden".


    Letztendlich geht es doch vor allem um Respekt vor der Individualität des Anderen. Rollenbilder wandeln sich im Laufe der Zeit und auch wenn ich es begrüße, dass sich bestimmte Rollenvorstellungen verändert haben, halte ich es für fragwürdig, wenn man versucht, festzulegen, wie eine Frau/ein Mann zu leben haben. Ich kenne viele Menschen (Männer und Frauen), die sich auch mit den heute gültigen Erwartungen an die Rolle als Frau/Mann schwer tun. Jede Rollenerwartung löst immer auch den Druck aus, in ein bestimmtes Schema passen zu müssen. Muss nicht jeder Mensch für sich selbst herausfinden, wie er leben und sein möchte?


    Ja, als Eltern hat man wirklich eine ganz schöne Verantwortung, denn bewahren kann man die Kinder vor all dem nicht. Man kann ihnen nur den richtigen Umgang damit zeigen. Und das ist manchmal gar nicht so einfach.


    Das stimmt - einfach ist das nicht! Verantwortung zu tragen ist immer auch anstrengend und schwierig. Verantwortung zu tragen beinhaltet aber auch die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen - und das ist doch etwas Positives, oder?



    Anne

  • Hallo Tecret,
    ja, manches spricht dann eben auch für sich
    und manchmal gibt es auch zu viel des Guten....
    so sehe ich das auch.
    Ich denke, es gibt weitaus wichtigere Dinge in unserer Gesellschaft, die es sich zügig zu ändern lohnt, als sich an Berifflichkeiten aufzuhalten, die zu der Zeit, als sie gewählt wurden nichts mit Diskriminierung zu tun hatten und es teilweise beim heutigen Betrachten auch nicht unbedingt sind...


    Erstaunlich und traurig, wie teilweise Prioritäten gesetzt werden, als an aktuellen Mißständen zu arbeiten, die unser Leben direkt betreffen und beeinflussen...

  • Das erinnert mich an die Diskussion über das Fußgängerverkehrsschild und die Ampel"männchen", die ja auch geschlechtsneutral gestaltet werden sollten, um Diskriminierungen auszuschließen. :thumbdown:



    Danke für den Hinweis, Tecret!


    Anne

  • Ich find an dieser Debatte besonders ärgerlich das es da um Begriffe geht und alte Rollenbilder, während gegen die tatsächliche Problematik nichts gemacht wird. Mich stört es überhaupt nicht, wenn allgemein von "Mitarbeitern" gesprochen wird und ich da eingeschlossen werde, aber es stört mich, wenn ich für die gleiche Arbeit weniger Geld kriege als meine männlichen Kollegen! Und das ist in vielen Berufen leider immer noch so.


    Oft ist es doch auch so das in den Familien an alten Rollenbildern festgehalten wird, weil die Frau einfach weniger verdient. Da ergibt es sich pracktisch von allein das sie Elternzeit nimmt, weil es für die Familie fianziell schlecht wäre, wenn er das machen würde. Und wenn es mal umgekehrt ist, muss er das 100 mal erklären, weil es so "komisch" wirkt. Als wäre er ein Versager oder so. Da muss der Mann schon ein verdammt großes Selbstvertrauen haben das er das aushält.


    Das ist für mich das eigentliche Problem und nicht alte Kinderbücher oder eine weibliche Schreibweise. Wenn Politiker mit so was kommen, denke ich immer das die einfach zu viel verdienen und keine Ahnung haben, wie die Realität aussieht.

  • Hallo Tecret,

    Ich finde schon, dass man Eltern zumuten kann, Kindern alte Begriffe zu erklären. Ihr auch?

    Ich stimmt Ihnen zu, dass es nicht zuviel verlangt ist, wenn Eltern ihren Kindern beim Vorlesen alte Begriffe (und nicht nur die!) erklären.


    Schwierig wird es dann, wenn Kinder die Bücher alleine lesen und nicht mit ihren Eltern oder anderen Erwachsenen über die Dinge sprechen, die sie dabei vielleicht irritieren oder die sie nicht verstehen. Da stellt sich dann aber eher die Frage, welche Bücher Eltern ihren Kindern zum Alleine-Lesen geben und wie grundsätzlich die Kultur des Miteinanderumgehens gestaltet wird.


    Anne

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