Mehrsprachig aufwachsen

  • Hallo zusammen!
    Wir finden Eure Forum ganz toll und hilfreich, nur leider fanden wir keine Hilfestellung bezüglich " mehrsprachig aufwachsen" !
    Unsere
    Muttersprache ist aramäisch, zudem spricht meine Frau perfekt arabisch
    und ich behaupte von mir, dass ich das deutsche im wesentlichen
    beherrsche! Meine Frau hingegen ist der deutschen Sprache nicht ganz mächtig und ich im Gegenzug genau so mit dem arabischen.
    Uns sind alle 3 Sprachen genau gleich wichtig !!!
    Wir
    wissen nicht wie wir damit verfahren sollen, um all diesen Luxus an
    Sprachen unsere 5 Monate alte Tochter auf dem Weg zu geben.
    Wie setzt man dies praktisch um ?
    Wie muß das Verflechtungsverhalten der Sprachen unter uns sein, also WER mit WEM und WO, WELCHE Sprache sprechen ?


    Muß das Alter mitberücksichtigt werden?


    Wir würden uns über eine Antwort sehr freuen!!
    Danke
    Rima & Lilieth und Wahib Yousef

  • Hallo,


    vielen Dank für Ihren Hinweis und Ihr Anliegen. Solche Anfragen wie die Ihrer Familie tragen dazu bei, dass in diesem Forum ein breites Spektrum von Fragen rund um die Erziehung diskutiert werden können! Herzlichen Dank!


    Ihr Wunsch, Ihre Tochter mehrsprachig zu erziehen, ist sehr schön und es ist gut, dass Sie sich schon so frühzeitig damit beschäftigen. Denn je jünger die Kinder sind, desto leichter fällt es Ihnen, Sprachen zu erlernen. Ab dem zweiten Lebensjahr kann ein Kind die unterschiedlichen Sprachen auseinanderhalten.


    Es gibt viele Vorteile einer mehrsprachigen Erziehung. Kinder beherrschen die Sprachen dann sehr gut (wie eine Muttersprache), sie entwickeln ein gutes Gefühl für Sprachen und es fällt ihnen dann leichter, weitere Sprachen als Fremdsprachen zu erlernen und sie lernen dabei unterschiedliche kulturelle Einflüsse kennen und respektieren, was zu mehr Toleranz beiträgt.


    Beim Erlernen mehrerer Sprachen im Verlauf des Spracherwerbs eines Kindes raten Experten dazu, sich für feste Strukturen zu entscheiden und diese dann weitestgehend konsequent durchzuhalten.


    Solche Struktur kann sein, dass ein Elternteil ausschließlich in einer Sprache mit dem Kind spricht, der andere Elternteil in einer anderen Sprache mit dem Kind. Eine andere Struktur kann sein, dass innerhalb der eigenen vier Wände ausschließlich eine Sprache gesprochen wird, außerhalb der eigenen Wohnung eine andere Sprache. Mögliche Ergänzungen (die Dritte Sprache) können durch andere Familienangehörige (falls vorhanden) übernommen werden, durch Medien oder dadurch, dass Sie als Elternteile untereinander und in gemeinsamen Gesprächen mit dem Kind in der dritten Sprache sprechen.


    Wichtig ist, dass keine Sprache ausschließlich durch andere Kinder erlernt wird (z.B. deutsch nicht nur durch das Spielen mit anderen Kindern), weil sonst der Spracherwerb z.B. im Bereich der Grammatik und des Wortschatzes zu eingeschränkt ist. Wichtig ist auch, dass nicht alle Sprachen nur ein wenig beherrscht werden und keine richtig erlernt wird. Dabei ist die Einhaltung der einmal festgelegten Struktur hilfreich, denn dadurch kann darauf geachtet werden, dass die jeweiligen Sprachen auch gut gelernt werden. Probleme bei der Aussprache einzelner Buchstaben oder falsches Anwenden der Grammatik bzw. Verwechseln der unterschiedlichen Grammatik in den unterschiedlichen Sprachen sollte sanft, unauffällig und ohne Vorwurf oder Kritik korrigiert werden. Dies ist natürlich mühsamer, wenn das Kind mehrere Sprachen erlernt als wenn es nur eine Sprache spricht und erfordert ein entsprechendes Durchhaltevermögen bei den Eltern. Im Laufe der Zeit wird Ihre Tochter immer mal wieder Stärken und Schwächen in den einzelnen Sprachen entwickeln. Beispielsweise lernt sie in einer Sprache schnell viele Wörter, in der anderen Sprache versteht sie schneller die richtige Anwendung der Grammatik. Dies ist nicht schlimm, sondern gehört zum Erlernen von Sprachen dazu, so wie auch gleichaltrige Kinder die Sprache unterschiedlich schnell und gut erlernen.


    Viel mit dem Kind zu sprechen, fördert den Erwerb der Sprachen. Außerdem sind Spiele, bei denen gesprochen werden muss, hilfreich und natürlich das Vorlesen und später das Lesen von Büchern.


    Konnte ich Ihnen mit diesen Informationen ein wenig weiter helfen?


    Die drei Sprachen, die Sie innerhalb Ihrer Familie beherrschen sind ein "Schatz" und es ist schön, dass Ihre Tochter davon profitieren kann.


    Ich wünsche Ihnen eine spannende Zeit und angeregte Gespräche in den unterschiedlichen Sprachen!


    Anne

  • Hallo Anne !


    Danke für die schnelle, herzliche und hilfreiche Antwort !


    Anne, ist es möglich:


    In den eigenen 4-Wänden:


    ICH: aramäisch mit meiner FRAU und TOCHTER
    SIE (Ehefrau): arabisch mit MIR und unsere TOCHTER


    In der Gesellschaft:


    ICH: deutsch mit meiner TOCHTER und EHEFRAU
    SIE: aramäisch mit MIR und IHR


    Jetzt möchte ich gerne eins wissen !
    Wie ist das mit einer fremden dritten Person, wenn Beispielsweise diese andere Person in Anwesenheit unserer Tochter mit meiner Frau deutsch spricht oder ich in Ihrer Gegenwart mit einer Person arabisch spreche ?


    Laut dem Sprachsalat s.o. ;) spreche ich kein arabisch und meine Frau kein deutsch weder
    IM- noch AUS dem Haus mit unserer Tochter. Wie soll man sich Verhalten ?


    Ziemlich verwirrend oder ?


    Danke vorab für deine freundliche Unterstützung.


    Liebe Grüße
    Fam. Yousef

  • Hallo Lilieth2012,


    ich finde es auch sehr gut und lobenswert, dass Sie Ihre Tochter mehrsprachig erziehen wollen.
    Meine Kollegin Anne hat Ihnen ja bereits ausführlich geantwortet und Ihnen Tipps gegeben.
    Doch letztlich muss ich sagen, dass ich Ihre beschriebene Überlegung, wer wann mit wem in welcher Sprache spricht, doch selbst etwas verwirrend finde.


    Und ich habe noch mehr Gedanken dazu:
    Da Sie offensichtlich in Deutschland leben, ist meine Frage: Würde etwas dagegen sprechen, die Gunst der Stunde zu nutzen und Ihre Frau und sich selbst mit zu integrieren? Denn Sie schreiben ja, dass Ihre Frau bisher nicht sehr gut deutsch spricht und Sie selbst nicht so gut arabisch.
    Vielleicht haben Sie ja selbst Interesse, Ihr arabisch zu verbessern und Ihre Frau ihre Deutschkenntnisse?


    So könnten Sie z.B. folgende Struktur aufstellen:


    Zu Hause:
    Sie selbst sprechen aramäisch mit Ihrer Frau und Tochter
    Ihre Frau spricht arabisch mit Ihnen und Ihrer Tochter.


    Draußen/ in Gesellschaft:
    Sie sprechen alle miteinander deutsch


    Am Wochenende (Samstag und Sonntag oder nur Sonntag):
    Sie sprechen alle arabisch miteinander


    Auf diese Weise wäre es eine klare Regelung und Sie als Eltern könnten selbst Ihre Sprachkenntnisse verbessern.


    Alles Gute und viel Spaß am Ausprobieren!
    Ihre Klara

  • Hi Klara !


    Klar spricht da nichts gegen !


    Diese Möglichkeit hatten wir zuerst in Erwähgung gebracht.


    Uns wurde zu herzen gelegt niemals eine Sprache mit dem Kind sprechen, wenn man sie selbst nicht beherrschen kann !!!


    Kurz zur Intergration: Meine Frau lernte bereits deutsch Grundkenntnisse im Ausland. Weiterhin besuchte sie hier mehrere deutsch Kurse. Im ersten Jahr absolvierte sie ein Praktikum im einem Krankenhaus und ich bin integrieter als manch einer sich eventuell wünschen würde... ^^ !


    Danke für deine Tipps !


    Liebe Grüße Klara
    Fam. Yousef

  • Guten Morgen lilieth2012,


    das klingt doch alles wunderbar.
    Da ja bei jeder der Kombinationen (aramäisch, arabisch, deutsch) entweder Sie oder Ihre Frau Sprachprofis sind, spricht im Grunde doch nichts dagegen, gemeinsam zu lernen...
    Und gemeinsam zu lernen ist ein schönes Signal an Ihre Tochter. Denn wir lernen im Grunde ja alle nie aus ;)


    Ich bin gespannt auf Ihren ersten Zwischenbericht in Sachen Merhsprachigkeit.
    ;)
    Ih wünsche Ihnen und Ihrer Familie viel Spaß und Freude beim Ausprobieren!!!

  • Hallo Familie Yousef,


    wenn man die Überlegungen liest, wer wann mit wem in welcher Sprache spricht, klingt das tatsächlich ein wenig abstrakt und verwirrend. Ich bin mir aber sicher, dass sich das im Alltag ganz schnell verlieren wird, weil es einfach zur Routine wird. Man denkt ja nicht mehr darüber nach, "in welcher Sprache muss ich denn jetzt sprechen", sondern spricht einfach.


    Ich finde Ihre Überlegungen gut und realistisch. Dass Ihre Frau bei der beschriebenen Variante mit dem Kind kein deutsch spricht und Sie mit dem Kind kein arabisch, ist kein Problem. Wichtig finde ich (wie Ihnen ja auch schon geraten wurde), dass Sie als Eltern nicht in der Sprache mit dem Kind sprechen, die Sie nicht so gut beherrschen, denn es ist ja wichtig, dass das Kind die Sprache richtig lernt. Automatisch werden Sie als Eltern die Sprache, die Sie nicht so gut können, mitlernen! (Ihre Beiträge hier im Forum zeigen übrigens, dass Sie die deutsche Sprache wirklich gut beherrschen! :thumbup: )


    Sie hatten sich noch nach dem Umgang mit Besuch erkundigt. Wenn es sich um Besuch handelt, der gelegentlich vorbei kommt, spielt es im Grunde keine Rolle, welche Sprache Sie sprechen (untereinander und mit dem Kind). Ich denke, ein Besuch ist ein Gast, der sich nicht in das System integrieren muss. Und schließlich ist Besuch zu haben ja auch eine besondere Situation. Da ist es für das Kind durchaus nachvollziehbar, wenn vom üblichen System mal abgewichen wird.


    Der Hinweis, dass einmal festgelegte Strukturen beibehalten werden sollten, sollte im Übrigen auch nicht dazu führen, dass Sie das System ganz verbissen und krampfhaft in jeder Situation durchhalten. Wichtig finde ich, dass Sie alle Freude am Sprechen in den unterschiedlichen Sprachen haben und behalten!


    Ich kann leider nur deutsch und etwas Schulenglisch. Wenn ich als Kind weitere Sprachen gelernt hätte, würde ich mich heute darüber freuen!



    Alles Gute wünscht



    Anne

  • Hallo Anne und Klara !


    Verzeiht wenn ich Euch strapaziert habe mit meinem Sprachsalat... :rolleyes: !


    Danke für euren Verständnis und Hilfe ! Selbst als Erwachsener freut man sich hin und wieder über ein Lob ;) !


    Wir werden euch auf dem laufenden halten !


    Alles liebe wünschen euch Rima & Lilieth und Wahib Yousef

  • Hallo,


    ich fühle mich in keiner Weise strapaziert :D . Im Gegenteil, ich fand den Austausch anregend und Ihre Fragen sicherlich auch bereichernd für andere Familien, die vor ähnlichen Fragestellungen stehen.


    Über weitere Beiträge von Ihnen würde ich mich freuen!


    Eine spannende Zeit bis dahin wünscht


    Anne

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