Aus Mücke wird Elefant - eine Geschichte in drei Teilen (Teil1)

  • Luisa möchte am Wochenende bei ihrer Freundin schlafen. Sie geht zu ihrer Mutter und fragt: "Du, darf ich Freitag bei Miriam übernachten? Biiiitte!" Die Mutter antwortet: "Nein, das geht nicht. Du weißt doch, dass wir am Samstag ganz früh zu Oma fahren wollen. Das haben wir doch schon lange geplant."


    Luisa hat überhaupt keine Lust, zu Oma zu fahren und hat Miriam schon gesagt, dass sie kommen wird. Miriams Mutter ist auch einverstanden und zur Oma kann man doch irgendwann anders fahren.


    Als der Vater von der Arbeit nach Hause kommt, fängt Luisa ihn gleich ab: "Du, Papi, ich möchte am Freitag bei Miriam schlafen. Miriams Mutter ist einverstanden. Darf ich? Bitte,bitte,bitte!". Der Vater, gestresst von der Arbeit, den Kopf noch voll mit den Erlebnissen des Tages, antwortet: "Von mir aus!"


    Luisa jubelt, läuft zum Telefon, ruft Miriam an und erzählt ihr, dass sie am Freitag wie abgemacht bei ihr übernachtet. Die Mutter bekommt das Telefonat mit, stellt ihre Tochter zu Rede: "Ich hab dir doch gesagt, dass du NICHT übernachten darfst! Wie kannst du es wagen, jetzt Miriam anzurufen und ihr zusagen?" Luisa antwortet trotzig: "Papa hat es mir erlaubt! Nur du erlaubst mir nie etwas!" und läuft weinend in ihr Zimmer.


    Entsetzt stellt die Mutter ihren Mann zur Rede: "Wie konntest du Luisa erlauben, bei Miriam zu übernachten? Du weißt doch, dass wir am Samstag ganz früh zu meiner Mutter fahren wollen. Aber da hattest du ja sowieso keine Lust zu. Ich hatte es Luisa schon verboten. Jetzt stehst du als der Held da und ich bin mal wieder die Böse!"


    Der Vater hatte sich auf einen ruhigen Feierabend gefreut und jetzt so ein Theater. Genervt antwortet er: "So ein Unsinn. Ich hab den ganzen Tag schwierige Entscheidungen treffen müssen. Der Müller hat gekündigt und ich weiß nicht, wie wir den Auftrag fristgerecht erfüllen sollen. Da hab ich einfach nicht mehr an den Besuch bei deiner Mutter gedacht. Ich hab halt auch andere Sorgen!"


    "Ach! und ich hab wohl den ganzen Tag nichts zu tun? Den Haushalt, meinen Job, Luisa bei den Hausaufgaben helfen, die Gespräche in der Schule und, und, und. Das zählt nicht?" antortet die Mutter und knallt beim Rausgehen die Tür hinter sich zu!


    ... (Fortsetzung folgt)


    Drei Menschen sind unglücklich wegen einer kleinen Frage:"Darf ich Freitag bei Miriam schlafen?" Ähnliche Situationen gibt es wohl in jeder Familie mal. Aus einer harmlosen Frage wird ein ausgewachsener Streit - aus einer Mücke ein Elefant. :wacko:


    Was ist schief gelaufen? Wie hätte sich jede Person anders verhalten können? (Können Sie in Teil 2 lesen)


    Anne

  • Was ist schiefgelaufen? Wie hätte sich jede Person anders verhalten können?


    Luisa


    Luisa hat versucht, mit allen Mitteln das zu erreichen, was sie haben wollte. Das "Nein" der Mutter hat sie nicht akzeptiert. Stattdessen hat sie ihren Vater gefragt, weil sie sich gute Chancen ausgerechnet hat, ihren Willen zu bekommen, wenn sie ihn direkt beim nach Hause kommen abfängt. Der Plan ist zwar aufgegangen, sie hat die Erlaubnis vom Vater, aber glücklich ist sie trotzdem nicht.


    Sie hätte mit ihrer Mutter einen Kompromiss verhandeln können (an einem anderen Tag übernachten, Miriam übernachtet bei Luisa und muss dann früh von deren Mutter abgeholt werden, damit man noch zur Oma fahren kann,...). Sie hätte auch mit ihrem Vater sprechen können ohne das Verbot der Mutter zu verschweigen. Dies hätte den Eltern leichter die Möglichkeit eröffnet, in einem ruhigen Gespräch gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.


    Die Mutter


    Die Mutter hat sowohl das Verhalten der Tochter als auch das Verhalten des Mannes persönlich genommen und daher emotional reagiert.Sie hat sich vom unrealistischen Vorwurf der Tochter ("Du erlaubst mir nie was!") verletzen lassen und die Erklärung des Mannes ("ich hab andere Sorgen") als Angriff gewertet, obwohl sich der Vater nur rechtfertigen wollte. Im weiteren Verlauf ging es dann nicht mehr um den eigentlichen Inhalt (die Übernachtung), sondern um ihre Rolle als Mutter.


    Sie hätte, nachdem sie von ihrer Tochter gefragt wurde, nicht gleich mit "nein" antworten brauchen, sondern hätte nachfragen können, warum Luisa die Übernachtung an diesem Tag so wichtig ist. In Ruhe hätte sie ihr erklären können, warum ihr selbst der Besuch bei der Oma wichtig ist. Gemeinsam hätten sie dann nach Möglichkeiten suchen können, wie beiden Bedürfnissen Rechnung getragen werden kann.


    Sie hätte ihrem Mann Zeit geben können, zu Hause anzukommen und ihm dann in Ruhe erklären können, welche Folgen seine unüberlegte Antwort auf Luisas Frage hat und dass es wichtig ist, sich in solchen Situationen abzusprechen.


    Der Vater


    Der Vater hat vorschnell und unüberlegt auf Luisas Frage geantwortet, obwohl er gedanklich gar nicht in der Lage war, diese Entscheidung zu treffen. Darauf angesprochen entschuldigt er sich nicht bei seiner Frau für diesen Fehler, sondern geht sofort in die Rechtfertigung. Er möchte Verständnis von seiner Frau, signalisiert aber kein Verständnis für die Empörung seiner Frau.


    Er hätte Luisa fragen können, ob die Mutter die Übernachtung erlaubt hat. Er hätte seiner Tochter auch mitteilen können, dass er erst mal etwas Zeit braucht und dann gemeinsam mit der Mutter darüber entscheiden wird. Er hätte seiner Frau gegebenüber signalisieren können, dass er nicht richtig gehandelt hat, aber gerne etwas Zeit hätte, um die Arbeit hinter sich zu lassen und dann mit ihr zusammen nach einer Lösung zu suchen, aus dem Konflikt wieder heraus zu kommen.


    Wie ist die Geschichte nun weiter gegangen? (Können Sie in Teil 3 lesen)


    Anne

  • Wie ist die Geschichte nun weiter gegangen?


    Nach dem schweigend eingenommenen Abendessen spricht die Mutter ihren Mann an: "Lass uns doch bitte noch mal darüber reden. Wir können das ja jetzt nicht so stehen lassen." "Das finde ich auch. Es tut mir leid, dass ich so unüberlegt gehandelt habe. Ich wollte dir auch nicht den Eindruck vermitteln, dass ich denke, dass du nicht genug tust. Ich weiß ja, was du alles für die Familie tust," räumt der Vater ein.


    Sie rufen Luisa zu sich und besprechen mit ihr, dass sie traurig darüber sind, wie der Abend bisher verlaufen ist. Sie erklären ihr, dass ihr Verhalten nicht in Ordnung war und schlagen vor, geméinsam zu überlegen, wie man sowohl den Besuch bei der Oma als auch die Übernachtung ermöglichen kann.


    Geeinigt wird sich schließlich darauf, dass wie geplant am Samstag die Oma besucht wird, weil dies schon so lange besprochen war und die Familie schon drei Monate nicht mehr bei der Oma war. Luisa kann statt Freitag am Samstag bei Miriam schlafen.


    ENDE


    Lassen Sie Mücken Mücken bleiben 8)


    wünscht Anne

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