Beängstigende Zutraulichkeit

  • Hallo euch allen. Ich hab ein großes Problem. Ich habe eine kleine Tochter die im Sommer 3 Jahre alt wird. Ihre Erzieherin sprach mich beim Elterngespräch drauf an, dass die Kleine beängstigend zutraulich ist. Sie hat keine Angst vor niemanden und wenn jemand aus ihrer Gruppe abgeholt wird, von wem auch immer (auch wenn sie diese Personen noch nicht kennt) dann stürmt sie sofort los und springt denen förmlich an den Hals. Sie hat auch noch nie gefremdelt, nicht mal als Baby oder so. Sie würde auch mit jedem mitlaufen. Dazu kommt, dass sie wirklich zuckersüß ist mit ihren Stocklöckchen und ihrer offenen Art. Ich habe Angst das sie mal an den Falschen gerät und sie mir geklaut wird. Was kann ich denn machen um ihr das abzugewöhnen??? Ich kann ihr doch nicht sagen das fremde Menschen böse sind. ;( ;(
    Ich mache mir wahnsinnige Sorgen und hoffe hier vielleicht ein paar Tipps zu bekommen.
    Ich bedanke mich schon mal im Vorraus.


    LG Stöffi

  • Hallo Stöffi,


    herzlich willkommen im Forum.


    Dass Sie sich Sorgen machen, kann ich gut nachempfinden und es ist gut, dass die Erzieherin Sie auf das Verhalten hingewiesen hat.


    Mir stellte sich beim Lesen die Frage, ob dieses Verhalten sich nur auf den Kindergarten bezieht oder ob Ihre Tochter auch sonst sehr distanzlos mit fremden Menschen umgeht, z.B. fremde Menschen auf der Straße, im Café, auf dem Spielplatz,... anspricht und auch körperlichen Kontakt sucht. Wenn sich die offene Art nur auf den Kindergarten beschränkt, kann es sein, dass sie sich dort einfach wohl und sicher fühlt und meint, alle Menschen, die sie dort trifft, sind "gute" Menschen, hier kann ihr nichts passieren.


    Das Kontaktverhalten bei Kindern ist ähnlich wie bei Erwachsenen, auch eine Frage des Temperaments. Grundsätzlich ist es schön, dass Ihre Tochter so offen und vertrauensvoll ist. Da Sie sich aber Sorgen machen, dass Ihre Tochter auch mal an den falschen geraten kann, sollten Sie ihr erklären, dass es einen Unterschied gibt, wie man mit fremden Menschen und wie mit bekannten Menschen umgeht. Sie als Mutter verhalten sich ja auch unterschiedlich, und das können Sie Ihrer Tochter auch so sagen. Sie geben ihr damit einen Rahmen und eine Orientierung. Erklären Sie ihr Regeln, wen man umarmen darf, wen nicht, mit wem man mitgeht und mit wem nicht, usw. Ich würde dabei aber unbedingt vermeiden, sie auf die Gefahren hinzuweisen, in dem Sie erklären, was ihr alles passieren könnte, denn dies würde nur Angst verursachen und im schlimmsten Fall dazu führen, dass sich Ihre Tochter von sehr vertrauensvoll in sehr ängstlich verwandelt und das wäre schade.


    Distanzloses Verhalten kann (nur der Vollständigkeit halber erwähnt!) auch andere Hintergründe haben, als die, einfach nur eine vertrauensvolle und offene Art zu haben. So kann Distanzlosigkeit z.B. ein Zeichen einer Bindungsstörung sein. Wenn Sie das Gefühl haben, es steckt mehr dahinter, melden Sie sich gerne wieder oder lassen sich entsprechend beraten.


    Alles Gute wünscht


    Anne

  • Ein riesen Danke für die ausführliche Antwort. Mir geht es jetzt schon viel besser.
    Klar ist Lilly auch außerhalb der Kita sehr kontaktfreudig, aber soweit ich mitbekomme auch nur wenn ich dabei bin. Ich denke sie ist der Meinung, wenn Mama hier immer ist und alle kennt, dann wird das schon ok so sein. Klar schäkert sie auch im Bus mit Fremden, aber welches Kind macht das nicht. Natürlich immer mit einer gewissen kleinen Distanz und mich ganz dicht an ihrer Seite ;) Auf Spielplätzen ist mir das noch nicht aufgefallen. Aus Angst sie aus den Augen zu verlieren (Sie ist das reinste Energiebündel) vermeide ich große volle Spielplätze. Sie sucht den Kontakt zu den anderen Kindern, aber das sie gleich auf die Erwachsenen zustürmt hab ich noch nicht gesehen.


    Ich werde mich mal mit ihr hinsetzen und versuchen ihr das zu erklären. Habe gehört es gibt zu diesem Thema auch tolle Kinderbücher. Muss ich mal gucken. Leider hat sie gerade eine Phase da kann ich mit ihr reden wie ich will, das interessiert sie glaub ich gar nicht. Möchte ja schon das sie versteht was ich meine und auf keinen Fall möchte ich ihr in irgendeiner Weise Angst machen.


    Regeln ist gerade ein schwieriges Thema. Sie hört leider im Moment gar nicht, was mich schon fast zum verzweifeln bringt. Aber ich werde mein Bestes geben.


    Nochmals vielen vielen Dank :D :D

  • Hallo Stoeffi,


    es freut mich, dass es Ihnen besser geht und Sie sich nicht mehr so sorgen.


    So wie Sie es schildern, scheint es wirklich so zu sein, dass Ihre Tochter in einem für sie sicheren Rahmen (Kindergarten, Nähe der Mutter,...) einfach sehr offen und neugierig auf andere zugeht. Das passt auch dazu, dass Sie geschrieben haben, Lilly sei ein reines Energiebündel.


    Ich wünsche Ihnen, dass Sie einen guten Moment für das Gespräch über den Umgang mit bekannten und fremden Menschen erwischen. Und wenn die Botschaft beim ersten Mal bei Ihrer Tochter nicht ankommt, dann erinnern Sie sie einfach bei passender Gelegenheit an das, was Sie ihr erklärt haben.


    Ein Kinderbuch dazu zu nehmen, finde ich eine gute Idee! Leider kann ich Ihnen da grad keines empfehlen, aber vielleicht haben die Mitarbeiterinnen im Kindergarten einen Tipp für Sie.


    Viel Erfolg und Freude an Ihrer lebhaften Tochter wünscht


    Anne

  • Hallo Stoeffi,


    ich gratuliere zu Ihrem freundlichen, offenen und neugierigen Kind, die KLeine scheint sich in dieser Welt und mit Mama im Rücken sicher zu fühlen. Und da mam mit drei Jahren ja in der Regel noch nicht unbeaufsichtigt ist, ist ihr unbedarftes Verhalten ja noch nicht sehr gefährlich. Aber ich verstehe Ihre Sorge und natürlich darf die Kleine lernen, dass so ein Verhalten nicht unbedingt angebracht ist.
    Wie Anne halte ich es auch für wichtig, dass man vermeidet Ängste zu schüren, denn die beste Prävention ist Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen (und Angst verhindert das). So klein Ihre Tochter auch noch ist, der Alltag bietet immer wieder Gelegenheiten, wo man Selbstbewusstsein und eine gewisse Umsicht lernen kann.


    Hier ein paar Beispiele:
    Bevor das Kind auf einen fremden Hund los stürmt und ihn ungefragt streichelt, muss es den Besitzer fragen, ob es das darf und ob der Hund das mag. So lernt sie, dass auch ein harmlosaussehender Hund schnappen könnte.


    "Nein" - sagen ist gut. Küssende Familienmitglieder, über den Kopf streichelnde Fremde, ältere Kinder, die einen ständig hochheben wollen... Situationen im Alltag gibt es viele, wo Sie ihre Tochter unterstützen können, sich klar abzugrenzen und auf sich aufmerksam machen zu können. Sagen Sie ihr, was sie in der Situation tun kann und lassen sie zu, dass sie sich selbst "durchbeißt", greifen sie nur ein, wenn sie in Bedrängnis gerät.


    Fordern sie die Einhaltung von Regeln, "nicht auf die Straße laufen", "auf dem Spielplatz (im Garten, vor dem Haus , in Sichtweite von Mama etc.) bleiben" und setzen diese konsequent um. Wenn sie nicht hört, muss sie an der Hand gehen (das wollen die meisten Kinder in dem Alter ja nicht mehr). Erklären Sie ihr, dass Sie sie sehen können möchten, um sicher sein, dass es ihr gut geht und Sie sie nicht suchen möchten.


    Eigenes Urteilsvermögen, lässt sich im ganz kleinen schon jetzt üben: hat der Autofahrer gesehen, dass ich den Ampelknopf gedrückt hat und hält wirklich am Zebrastreifen/an der Ampel an. Ui, das ist jemand bei Rot gegangen, das darf man eigentlich gar nicht etc.


    Bei diesen Dingen geht es nicht darum, sie jetzt zu üben, bis sie das kann. Aber hin und wieder in den Alltag eingebaut, hilft ihr das etwas umsichtiger zu werden. Im Grundschulalter, wenn die Kinder dann auch immer häufiger unbeaufsichtigt unterwegs sind, ist es natürlich wichtig, dass sie ein Gefahrenbewusstsein entwickelt haben.


    Alles Gute


    K.Gandras

  • Hallo, Stoeffi,
    ich schliesse mich den Beiträgen der Kolleginnen an und gratuliere Ihnen ebenfalls zu Ihrer offenen, neugierigen und kontaktfreudigen Tochter. Wie ich heraus gelesen habe, sind Ihnen diese Eigenschaften nicht fremd :rolleyes:

    wenn Mama hier immer ist und alle kennt,

    ;) ... Es könnten in den Genen liegen?
    ;) Ich denke Ihre kleine Tochter kennt sehr wahrscheinlich auch schon jede Menge Menschen. Ich nehme zudem an, dass Sie Ihrer Tochter auch durch Ihre persönliche Umsichtigkeit (z.B. einfühlsamer Umgang mit der gespiegelten Beobachtung der Erzieherinnen aus dem Kindergarten) und somit Kritikfähigkeit ein Vorbild sind und im Alltag bereits ihr Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen fördern- wahrscheinlich manchmal mehr und manchmal weniger bewusst, denke ich, oder?


    Es freut mich sehr zu lesen, dass Ihnen die erhaltenen Tipps bereits weiter geholfen haben.


    Ich möchte Sie einladen, für sich selbst über Ihren alltäglichen Umgang mit anderen Menschen- Ihr eigenes positives und kontaktfreudiges Auftreten - nachzudenken und sich dabei die folgenden Fragen zu beantworten:


    Was lebe ich meiner Tochter als Vorbild vor?
    Was ahmt sie nach?
    Wie zeigen Sie was Sie denken oder fühlen? Was machen Sie? (z.B. nah bei einer Sache/einem Menschen sein, Gefühle aussprechen, leise oder laut, viel oder wenig sprechen, Tonfall, Stimmlage, Mimik, Gestik, Nähe Distanz- Umarmung, Kuss, Lachen, neugieriges Erkunden, sich mit Jemanden länger unterhalten, mit Jemanden/Etwas länger befassen...)


    Woran kann Ihre Tochter ausmachen, wenn Sie Jemanden oder etwas "gut finden oder mögen?"
    Woran kann Ihre Tochter ausmachen, wenn Sie Jemanden oder etwas "blöd finden oder nicht mögen"?


    Wie hört es sich an, wenn Sie "Ja" sagen und meinen? Wie zeigen Sie das? (nicken sie? lachen sie?)
    Wie hört es sich an, wenn Sie "Nein" sagen und meinen? Wie zeigen Sie das? (Schütteln sie den Kopf?...lachen Sie? :rolleyes: )


    TIPP: STOP ist ein selbstbewusstes Wort mit Durchsetzungsvermögen
    In meiner Arbeit im Kindergarten und in der Familienhilfe hat sich im Alltag (z.B. im Strassenverkehr) das Wort "STOP" als hilfreiches, großes und lautes "NEIN" etabliert, auf welches bereits Kleinkinder unmittelbar reagieren.

    Die Erfahrung hat gezeigt, dass sowohl auf "JA", als auch auf "NEIN" durchaus das Wort "ABER" folgen kann.
    Viele Eltern haben mir gespiegelt, dass das Wort "STOP" Ihnen deutlich dabei geholfen hat, Regeln kosequent umzusetzen.


    STOP als Wort: Kurz und laut. (Versuchen Sie einmal dieses Wort lachend, leise und "lieb" aussprechen...sagen Sie mal zu Jemandem STOP, aber...wie fühlt sich das für Sie an?)
    STOP hilfreiche Körpersprache: im Straßenverkehr ruhig zwei Arme gerade ausstrecken, Hand gerade nach oben (STOPzeichen, als Handzeichen).


    Ich würde mich freuen, wenn ich Sie, liebe Stoeffi und liebe Eltern zur Aufnahme dieses Wortes in Ihren Sprachschatz motivieren konnte.


    STOP...noch mehr freue ich mich über Ihr Feedback, wie es Ihnen damit ergangen ist.


    Herzlichen Dank hierfür bereits im Vorfeld und bis bald

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