Rückbildungsgymnastik

1. Rückbildungsgymnastik: Wen spricht sie an?

Rückbildungsgymnastik ist ein spezielles Schulungsangebot aus dem Bereich der Gesundheitsvorsorge für Frauen nach einer Schwangerschaft. Schließlich stellt diese den Körper vor nie gekannte Herausforderungen. Die Gebärmutter vergrößert sich und drängt die anderen Organe, vor allem im Unterleib ansässige, zurück. Die Bauchhaut muss sich außerdem massiv dehnen. Der wachsende Körperumfang führt häufig zu Rückenbeschwerden und damit einhergehender Schonhaltung samt langfristigen Haltungsschäden. Nicht zuletzt sind die letzten Wochen vor der Geburt und der Geburtsvorgang selbst eine körperliche Höchstleistung. Das Kind senkt sich ins Becken, wodurch ein erheblicher Druck auf die Beckenbodenmuskulatur entsteht. Ein natürlicher Geburtsvorgang geht in diesem Bereich mit starken Dehnungen und Druckausübungen einher. Aber auch ein Kaiserschnitt bleibt nicht ohne Konsequenzen für die gesamte Umgebung der Gebärmutter. All diese Vorgänge sind für Schwangerschaft und Geburt normal, müssen aber im Sinne der Gesunderhaltung wieder in den „Normalzustand“ zurückgeführt werden. Nur so lassen sich langfristige Gesundheitsbeschwerden vermeiden.

 

Gymnastik

 

Vor diesen Hintergründen wurde die Rückbildungsgymnastik entwickelt. Sie integriert Elemente der früheren Beckenbodengymnastik mit allgemeinen Übungen, die speziell für die gesamte Rückbildung körperlicher Veränderungen der Schwangerschaftszeit entwickelt wurden. Damit spricht die Rückbildungsgymnastik Frauen nach einer Schwangerschaft an. Ob das Kind tatsächlich lebend zur Welt gebracht wurde, spielt dabei eine nachgeordnete Rolle, da sich die Rückbildungsgymnastik prinzipiell an die ehemalige Schwangere, nicht aber ausdrücklich an Mütter, richtet.

 

2. Die Ziele der Rückbildungskurse

Rückbildungsgymnastik ist ein Angebot, welches das übergeordnete Ziel der gesundheitlichen Prävention verfolgt. Ihre Notwendigkeit liegt darin begründet, dass aufgrund der schwangerschaftsbedingten körperlichen Überbelastung zwar aktuell kaum negative Auswirkungen zu erwarten sind, auf lange Sicht eine nicht erfolgte Rückbildung jedoch massive gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann. So sind Inkontinenz und Gebärmuttersenkungen eine häufige Folge. Derartige Erkrankungen zu verhindern ist deshalb das höhere Ziel jeder Rückbildungsgymnastik. Selbstverständlich werden dabei Nahziele definiert, die in den einzelnen Kurseinheiten im Fokus stehen:

 

  • Straffung des Rumpfes
  • Wiederfinden der Wahrnehmung der Beckenbodenmuskulatur
  • Aktivierung von Beckenboden-, Bauch- und Rückenmuskulatur zur Herstellung des Gleichgewichts
  • Unterstützung der Rückbildung der Gebärmutter
  • Wiederherstellung des seelischen Gleichgewichts
  • Kräftigung des gesamten Halte- und Stützapparats
  • positive Leistungssteigerung des gesamten Körpers
  • Erfahrungsaustausch mit anderen ehemaligen Schwangeren

 

Durch das Zusammenspiel der auf diese Ziele abgestimmten Übungen versucht die Rückbildungsgymnastik zu erreichen, Körper und Geist der ehemaligen Schwangeren annähernd in den Zustand wie vor der Schwangerschaft zu versetzen. Zumindest jedoch will man verhindern, dass die körperlichen Veränderungen der Schwangerschaft bestehen bleiben und somit Spätfolgen nach sich ziehen. Eine regelmäßige Teilnahme und eigene Trainingsintervalle sind hierfür jedoch unabdingbar.

 

3. Details zur Kursteilnahme

 

Wieder-holungs-intervall

Ein Rückbildungskurs sollte zwingend nach jeder Schwangerschaft besucht werden. Eine Wiederholung der Übungen zuhause ist dringend anzuraten.

Buchung

Die Anmeldung zur Rückbildungsgymnastik erfolgt bestenfalls unmittelbar nach der Geburt, um einen zeitlich passenden Beginntermin zu erschließen. Viele Anbieter ermöglichen inzwischen eine Onlineanmeldung.

Beginn

Mit Rückbildungsgymnastik wird bei natürlicher Geburt etwa 6 bis 8 Wochen nach der Entbindung begonnen. Ist im Geburtsverlauf der Damm gerissen oder wurde ein Dammschnitt durchgeführt, so sollte mit dem Beginn gewartet werden, bis die entsprechende Naht verheilt ist. Nach einem Kaiserschnitt startet die Rückbildungsgymnastik erst nach 8 bis 10 Wochen. In beiden Fällen sollte man jedoch das Ergebnis der Nachsorgeuntersuchung beim Gynäkologen abwarten. Diese findet etwa 6 Wochen nach der Entbindung statt.

Ende

Von Ende her sind den Rückbildungsgymnastiken prinzipiell keine Grenzen auferlegt. Es empfiehlt sich allerdings den Rückbildungskurs so lange durchzuführen, bis die Rückbildungsphase gänzlich abgeschlossen ist. Dies ist etwa 6 Monate nach Entbindung der Fall. Bei vorherigem Kursende sollten erlernte Inhalte zuhause weiterhin angewandt werden.

Dauer

Rückbildungskurse finden über mehrere Wochen statt. In der Regel wird eine Kurseinheit pro Woche angeboten, die zwischen 1 und 1,5 Stunden andauert.

Zeitaspekt

Bei der Rückbildungsgymnastik wird zwischen offenen und geschlossenen Kursen unterschieden. Die wöchentliche Teilnahme sollte regelmäßig erfolgen. Neben den Teilnahmeterminen sollte jeden Tag eine halbstündige Übungsphase eingeplant werden.

 

Rückbildungskurse sind aus gesundheitlicher Sicht elementare Präventionsmaßnahmen. Deshalb ist es von unglaublicher Wichtigkeit, optimale Rahmenbedingungen für eine Kursteilnahme zu schaffen. Dies bedeutet, dass durch eine frühzeitige Anmeldung zu einem Rückbildungskurs auch ein zeitlich passendes Angebot erschlossen wird. Dieser Termin variiert in Abhängigkeit von natürlicher Geburt oder Kaiserschnitt und etwaigen Geburtskomplikationen zwischen der 6. Und der 10. Woche nach Entbindung. Das OK des Gynäkologen bei der routinemäßigen Nachsorgeuntersuchung darf gerne als Startschuss angesehen werden.

 

Rückbildungskurse finden in der Regel über mehrere Wochen einmal wöchentlich für 1 bis 1,5 Stunden statt. Dabei werden die meisten Kurse in Begleitung des Neugeborenen absolviert. Darüber hinaus gibt es sogar Schulungsangebote, die eine eigene Kinderbetreuung involvieren. In jedem Fall sollten erlernte Inhalte bis zum Abschluss der Rückbildungsphase täglich zuhause angewandt werden.

 

4. Aufbau und Inhalte von Rückbildungskursen

Rückbildungskurse sind in ihren groben Aufbauten einheitlich geregelt. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass sie üblicherweise der Kostenträgerschaft durch die Krankenkassen unterliegen, was bedeutet, dass einheitliche Qualitätskriterien einzuhalten sind. Entsprechend ähneln sich alle Kurse im Inhalt:

  • Übungen zur Kräftigung der gesamten Körpermuskulatur, insbesondere von Rücken, Bauch, Beine und Po
  • Gymnastik zum Aufbau und zur Stärkung der Beckenbodenmuskulatur
  • Übungen zur körperschonenden Haltung im Umgang mit dem Säugling
  • Entspannung, auch mittels Yoga
  • Streching
  • Übungen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Bauchmuskulatur und Beckenboden

 

Auch bezüglich des Aufbaus lassen sich bei Kursen zur Rückbildung Ähnlichkeiten feststellen:

 

4.1 Ankommen

Bereits mit dem Eintreffen im Schulungsraum beginnt die erste Phase der Rückbildungsgymnastik. Die frischgebackenen Mütter und zumeist auch ihr Nachwuchs treffen aufeinander, richten sich sozusagen für die Trainingseinheit ein und treten in Kontakt miteinander. Diese Phase ist besonders wichtig für das seelische Gleichgewicht. Daran anschließend wird der Körper mit langsamen Übungen aufgewärmt. Auch aerobische Inhalte können dabei involviert sein. So wird der Körper auf das folgende Training optimal vorbereitet.

 

4.2 Gymnastik

Im Anschluss an die Einleitungsphase folgt in der Rückbildungsgymnastik der gymnastische Teil, der mit gezielten Übungen die körperlichen Zielsetzungen zu erreichen versucht. Hier können auch Hilfsmittel wie Bänder zum Einsatz kommen. Aufgrund der Anstrengung der einzelnen Übungen finden in der Regel relativ kurze Trainingsintervalle im gymnastischen Bereich statt, wobei eine regelmäßige Wiederholung das Ziel ist und den Erfolg des gesamten Kurses steigert.

 

4.3 Streching und Entspannung

Um körperlichen Defiziten, die häufig aus Fehlhaltungen in der Schwangerschaft resultieren, entgegen zu wirken, ist gezieltes Dehnen ein wesentlicher Baustein der Rückbildungsgymnastik. Häufig werden diese Elemente mit Entspannungsübungen verknüpft, die das allgemeine Wohlbefinden der Mütter zu steigern versuchen.

 

5. Ausklang

Die Phase des Dehnens und Entspannens geht in der Rückbildungsgymnastik nahtlos in den Abschluss über, der zumeist mit aktiven Entspannungsübungen realisiert wird. Damit endet der offizielle Teil der Rückbildungskurse, wobei nun die Zeit für Gespräche mit der Kursleitung sowie mit anderen Müttern gegeben ist.

 

6. Was spricht für Rückbildungsgymnastik?

  • Wiederherstellung der figurlichen Formen vor der Schwangerschaft
  • Vermeidung von Schließmuskeldefiziten und damit einhergehender Inkontinenz
  • Wiedererlangen einer angenehmen Sexualität
  • Dammstärkung mit positiver Einstellungsentwicklung gegenüber weiteren Geburten
  • Heranführung an normale sportliche Betätigung, die in der allgemeinen Form unmittelbar nach der Geburt nicht angeraten ist
  • offene Rückbildungskurse ermöglichen eine jederzeitigen Einstieg
  • bei vielen Rückbildungskursen darf der Nachwuchs mitgebracht werden
  • für Frauen, die kurze Auszeiten wünschen, sind Kurse ohne Baby buchbar
  • Rückbildungskurse sind für Frauen nach natürlichen Geburten und nach Kaiserschnitt möglich

 

7. Was spricht gegen Rückbildungsgymnastik?

  • für Mehrfachmütter stellen Rückbildungskurse ohne Kinderbetreuung eine zeitliche Zusatzbelastung dar und erfordern ein gewisses Zeitmanagement
  • in geschlossenen Kursen ist kein Quereinstieg möglich
  • bringt man sein Baby zum Kurs mit, so muss man sich um dieses kümmern und verpasst manche Inhalte
  • von der Krankenkasse finanzierte Rückbildungskurse sind Pflichtveranstaltungen
  • finanziert werden üblicherweise maximal zehn Kurseinheiten

 

8. Anbieter von Kursen zur Rückbildung

Rückbildungsgymnastik ist ein weit verbreitetes Schulungsangebot für Frauen nach einer Schwangerschaft. Entsprechend breit gefächert ist das Anbieterspektrum. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass sozusagen jeder, der möchte, auch ein Rückbildungskurs anbieten kann. Schließlich übernehmen hier die kostentragenden Krankenkassen eine gewisse Überwachungsfunktion. Mit deren Vorgaben konform gehende Rückbildungskurse finden Interessierte in

 

  • Geburtskliniken,
  • Hebammenpraxen und bei freiberuflichen Hebammen,
  • Geburtshäusern,
  • Elternschulen und
  • physiotherapeutischen Institutionen.

 

9. Kosten und Kostenübernahme

Kurse zur Rückbildungsgymnastik sind Leistungen der Krankenkasse, die in diesem Kontext anfallende Kosten im Rahmen der gesundheitlichen Prävention übernimmt. Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen können sich auf die Kostenübernahme somit verlassen und haben mit den Abrechnungsmodalitäten nichts zu tun. Stattdessen geben sie der Kursleitung ihre Versichertenkarte ab, so dass eine direkte Abrechnung zwischen Anbieter und Krankenkasse erfolgt. Und obwohl sich die Beihilfestellen von Bund und Länder zumeist schwer mit Präventionsleistungen tun, sind Rückbildungskurse in den Katalog der beihilfefähigen Leistungen aufgenommen worden. Folglich können die anfallenden Kosten geltend gemacht werden. Einzig bei den privaten Krankenversicherungen sollte vorab die Kostenübernahme erfragt werden, wobei üblicherweise zumindest ein Zuschuss zu erwarten ist.

 

So erfreulich diese Finanzierungsgarantie auch ist, sollte man dennoch wichtige Aspekte beachten. Rückbildungskurse werden in der Regel nur bis zu einem halben Jahr nach erfolgter Entbindung finanziert und auch nur dann, wenn der Kurs von einer ausgebildeten Hebamme geleitet wird. Besucht man die Rückbildungsgymnastik bei einem Physiotherapeuten, ist hierfür eine Verordnung durch den Arzt notwendig. Außerdem ist die finanzierte Kursdauer auf zumeist zehn Einheiten begrenzt, wobei Fehltage oftmals von der Teilnehmerin selbst bezahlt werden müssen. Ist ein Erreichen des Kursziels aufgrund gehäufter Fehlzeiten nicht mehr zu erwarten, so kann die Krankenkasse ihre Kostenzusage revidieren.

 

Um eine regelmäßige Teilnahme der angemeldeten Frauen zu erreichen, bedienen sich manche Anbieter einer Kautionshinterlegung. Diese beträgt im Durchschnitt 50 Euro und wird bei regelmäßiger Anwesenheit am Ende des Kurses zurückerstattet. Eventuell anfallende Gebühren für die Mitnahme des Babys oder die Kinderbetreuung müssen die Teilnehmerinnen selbst tragen.

 

10. Alternativangebot zur Rückbildungsgymnastik

Rückbildungsgymnastik ist eine der wichtigsten Schulungen im Kontext von Schwangerschaft und Geburt und in ihrer Erscheinungsform unumstritten. Dennoch gibt es auch alternative Kursangebote, mit denen sich Rückbildungskurse ergänzen oder ersetzen lassen.

 

  • Aqua Rückbildung = Rückbildungsgymnastik im Wasser
  • Yoga nach der Geburt als Fortsetzung der Yoga basierenden Geburtsvorbereitung
  • Wochenbettgymnastik als Angebot von Wöchnerinnenstationen zur Unterstützung der primären körperlichen Rückbildungsprozesse in den ersten Tagen nach der Entbindung

 

Videos zur Rückbildungsgymnastik

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